Bauchgefühl und Big Data

Allgeier-ES-Vorstand Jörg Dietmann sieht in S/4 einen Generationswechsel mit großen Veränderungen und Chancen für SAP-Bestandskunden. Im E-3 Exklusivinterview stellt er sich den kritischen Fragen zum Zusammenspiel von S/4 und Hadoop sowie zu Machine Learning und der Sicherheit in der Hana Cloud Platform.
E-3 Magazin
11. Oktober 2017
Inhalt:
Was bringt Demand-driven MRP?
avatar

Braucht man für IoT die Hana Cloud Platform oder gibt es auch On-premise-Lösungen? Was sind hier die Vor- und Nachteile des Cloud Computing?

Jörg Dietmann: Sie meinen in diesem Zusammenhang die SAP Cloud Platform, die begrifflich die Hana Cloud Platform abgelöst hat.

Wie gerade ausgeführt, gibt es hier Möglichkeiten für beide Bereiche. Wobei SAP aufgrund des deutlich mächtigeren Device-Managements die Cloud- Lösung vorantreibt.

Der Vorteil in Bezug auf Anbindung von IoT-Szenarien über die SAP Cloud Platform besteht darin, dass einerseits der Zugriff von überall erfolgen kann, denn es liegt ja in der Cloud, und andererseits vorkonfigurierte Szenarien verfügbar sind, um IoT-Daten über Vora für eigene Anwendungen zur Verfügung zu stellen, da man ja vermeiden möchte, dass die große Datenmenge aus den IoT-Szenarien in die eigene S/4-Datenbank geladen wird. Nachteile konnten wir bisher noch keine identifizieren.

Aus Sicht von Allgeier: Was sind aktuell die Vor- und Nachteile der HEC/HCP? Was sollte sich noch ändern oder verbessern?

Dietmann: SAP arbeitet kontinuierlich an einer Verbesserung der bereitgestellten Standardlösungen in der SAP Cloud Platform. Eine detailliertere vorausschauende Pipeline für uns als Partner wäre wünschenswert. Die HEC ist für uns als Cloud- und Rechenzentrumsdienstleister nicht relevant.

SAP hat ihr Cloud-Angebot aus HCP, HEC etc. in SAP Cloud umbenannt und zusammengefasst – klingt ein wenig nach: die Cloud ist tot, es lebe die Cloud –, oder?

Dietmann: Das ist so nicht ganz korrekt. Lediglich die Hana Cloud Platform wurde in die SAP Cloud Platform umbenannt, die HEC (Hana Enterprise Cloud) stellt nach wie vor eine eigene Technologie-Plattform dar.

Die Intention der SAP liegt möglicherweise darin, die Cloud Platform entsprechend ihrer Funktionalität besser zu positionieren. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, die Hana-Datenbank hier zu nutzen, aber viele andere Szenarien, Schnittstellen und Applikationen benötigen gar keine Datenbank.

Also nein, die Cloud ist nicht tot, eher im Gegenteil, dies wird die zentrale und agile Cloud-Drehscheibe der SAP werden.

Joerg Dietmann, SAP Cloud Plattform, Hana, Cloud

Neben den Cloud-Sicherheitsrisiken, die alle Anbieter betreffen, wie nehmen die SAP-Bestandskunden die SAP-Cloud-Preise – Subscription – auf? AWS, Azure und Google sind fast immer preiswerter, oder?

Dietmann: Nun, ein klassischer Outsourcing-Betreiber unterliegt den gleichen Sicherheitsrisiken wie die Cloud-Szenarien, die Allgeier oder aber SAP anbietet. Am Ende des Tages steht irgendwo ein Rechenzentrum mit Hardware, Firewalls und Internetanbindungen, die entsprechend geschützt werden müssen.

Dies ist aber mittlerweile ein Standard, der in unserer IT-Dienstleistungsindustrie gut beherrscht wird. Es bleibt spannend, wie sich dies entwickeln wird und ob sich dieses Modell für Europa durchsetzen wird oder eher für den amerikanischen Markt gedacht ist.

Hana und Open Source Hadoop scheinen ein Erfolgspaar zu sein: Wie sieht man diese Partnerschaft bei Allgeier?

Dietmann: Mit Hana hat SAP eine neue Plattform geschaffen, mit der sich zum ersten Mal ressourcenintensive Fragestellungen in Echtzeit beantworten lassen – aus einer anderen Motivation ist Hadoop und das Apache-Big-Data-Ökosystem erwachsen, hier geht es vor allem erst mal um die Verarbeitung von sehr großen Mengen an Daten.

Die Kombination dieser beiden Welten erlaubt es Kunden nun, unglaubliche Datenmengen zu adressieren und daraus ihr Unternehmen zu steuern, aus dem Bauchgefühl heraus werden statistisch nachgewiesene, maschinell unterstützte Entscheidungen.

Mit der Verknüpfung von Hadoop und SAP ergibt sich so ein enormes strategisches Potenzial: Die Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten, die das Hadoop-Ökosystem mit sich bringt, verbindet sich mit der integrierten Prozesslandschaft eines SAP-Systems.

Dadurch wird es möglich, die Vorteile von Big Data schneller in alle relevanten Prozesse zu implementieren und so echte Mehrwerte zu schaffen.

Und welche Aufgaben lassen sich damit lösen?

Dietmann: Hadoop wird oft als günstiger Massenspeicher für unstrukturierte Daten gesehen, dabei hat das Hadoop-Ökosystem viel mehr zu bieten: Von der Strukturierung dieser Rohdaten über deren Ver­edelung bis hin zur Vorhersage zukünftiger Ereignisse sind hier keine Grenzen gesetzt.

Und hier kommt S/4 Hana ins Spiel: Als neue Echtzeit-Plattform der SAP können kritische Geschäftsentscheidungen hier zentral getroffen werden und alle Daten für diese Entscheidung mit herangezogen werden – weg vom Reagieren, hin zum Antizipieren kommender Entwicklungen und der Entscheidungsvorbereitung durch statistische Methoden.

Gibt es ein spezifisches Hana/Ha­doop-Angebot von Allgeier?

Dietmann: Grundsätzlich verfügt Allgeier über eine Vielzahl von Hana-Experten und hat mit MGM auch eine der führenden Big-Data-Beratungsmannschaften an Bord.

Nun gilt es diese beiden Expertenteams zusammenzubringen, um den Kunden Möglichkeiten erschließen zu können. Mit gemeinsamen Teams sind wir bei mehreren Kunden, um Hana Vora als Schnittstelle zwischen beiden Welten zu testen; auch hier sind wir im engen Austausch mit SAP, um die Anforderungen unserer Kunden in zukünftige Produkt­releases mit einfließen zu lassen.

Mit Linux als Basis für Hana, mit Hadoop, OpenStack, Cloud Foundry u.a.m. ist Open-Source-Know-how bei den SAP-Bestandskunden notwendig : Wo steht die SAP-Community? Ist das Wissen über diese Open-Source-Produkte vorhanden? Wo und wie hilft Allgeier?

Dietmann: Mit Open Source und der SAP- Community kollidieren zwei völlig unterschiedliche Welten. Auf der einen Seite hat man Anwendungen mit geregelten Release-Zyklen, strukturierten Wartungs- und Supportprozessen. Auf der anderen Seite stehen Community-getriebene Projekte, die zumeist dynamisch erwachsen und in ihrer Lebensdauer nur schwer zu antizipieren sind.

Hier fehlt es vielen unserer Kunden am „Enterprise Ready“-Stempel, einem Partner, der die Wartung und die Interoperabilität der unterschiedlichen Komponenten bewerten kann und langfristig für diese Unterstützung bietet.

Ein sehr interessanter Hana/Hadoop-Anwendungsfall ist Predictive Analytics: Was bietet hierfür Allgeier an?

Dietmann: Allgeier deckt das gesamte Predictive-Analytics-Portfolio der SAP ab und hat dessen umfangreiche Vorteile und geringfügigen Schwächen bereits in vielen Projekten kennengelernt.

Allgeier sieht sich aber hierbei nicht nur als rein technischer Implementierungspartner. Wir wollen unseren Kunden helfen, diese Tools und Techniken auch inhaltlich nutzen zu können und die Macht der dahinterstehenden Algorithmen. Hierfür bringen wir unsere eigenen Experten im Bereich Data Science und Machine Learning mit.

Von Predictive Analysis ist es eventuell nicht mehr weit zu Machine/Deep Learning, gibt es zu diesen KI-Konzepten schon Überlegungen bei Allgeier?

Dietmann: Allgeier ist gerade durch seine Big-Data-Expertise mit MGM schon seit einiger Zeit in diesem Umfeld tätig und hat insbesondere im Bereich des Text Mining, also der Informationsgewinnung aus großen Mengen von unstrukturierten Texten, viele Erfahrungen gesammelt.

Auch die SAP hat in den letzten Jahren ein umfangreiches Angebot an Machine Learning aufgebaut und bietet viele der nützlichsten Standardalgorithmen in diesem Bereich.

Insbesondere im Bereich Deep Learning sehen wir aber noch Nachholbedarf auf SAP-Seite. Hier geht es um große neuronale Netze, welche anhand von Millionen Datensätzen komplexe Muster erkennen und sich permanent selbst verbessern.

Diese ermöglichen die Form von künstlicher Intelligenz, wie sie z. B. beim autonomen Fahren in aller Munde ist. Von einer Out-of-the-box-KI sind wir hier noch weit entfernt.

Welche Rolle und Bedeutung spielt beim Allgeier-Angebot der Versionswechsel auf S/4? Wie weit ist aus Sicht von Allgeier die SAP-Community mit der Adaption von S/4? Wo stehen die Bestandskunden?

Dietmann: Durch die Einführung von S/4 verändert sich eine Menge in der bestehenden SAP-Landschaft. Viele alte Zöpfe werden abgeschnitten und es gibt eine große Menge an Vereinfachungen und sinnvollen Neuerungen.

Dieser Generationswechsel steht aber erst am Anfang. Unsere Kunden erkennen dieses Potenzial, wissen aber auch, wie viel Vorarbeit im Bereich digitaler Transformation in ihrem Unternehmen noch notwendig ist, um die Möglichkeiten eines S/4-Systems wirklich gewinnbringend zu nutzen.

DSAG-Chef Marco Lenck hat vergangenes Jahr gemeint, dass es zur Bewältigung der digitalen Transformation nicht unbedingt die neueste Software aus Walldorf braucht: Gelingt die Transformation auch mit der Business Suite 7? Wie denkt man darüber bei Allgeier?

Dietmann: Die aktuelle Version der Business Suite bietet unseren Kunden sicherlich eine bewährte, klar strukturierte Lösung für ihre bisherigen Abläufe und Prozesse.

Wenn man allerdings die wirklich tiefgreifende und effiziente Umsetzung Predictive Analytics und damit den Übergang zu einem Data-Driven Enterprise bewältigen will, benötigt es ein schlankeres, effizienteres System, welches diese Möglichkeiten direkt nativ integriert. Dazu wird ein Umstieg auf S/4 Hana sicherlich irgendwann unausweichlich.

Welche Schwerpunkte sehen Sie in den kommenden zwölf Monaten in der SAP-Community?

Dietmann: Nachdem Hana sich in den letzten zwei Jahren in vielen Unternehmen etabliert hat, gilt es deren Stärken nun in direkte Wettbewerbsvorteile und effizientere Prozesse umzusetzen.

Das Thema S/4 wird jetzt stärker an Relevanz gewinnen, nachdem die Resonanz im letzten Jahr eher noch verhalten war. Man darf gespannt sein, welche Erfahrungen die Early Adopters mit dem neuen System machen.

Und ein großer Fokus wird sicherlich auf der Big-Data-Integration in die bestehenden SAP-Landschaften durch Angebote wie Hana Vora liegen.

https://e3mag.greatsolution.dev/partners/allgeier-enterprise-services-ag/

avatar
E-3 Magazin

Information und Bildungsarbeit von und für die SAP-Community.


Schreibe einen Kommentar

Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb. Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren. Mit Ausstellung, Fachvorträgen und viel Gesprächsbedarf erwarten wir wieder zahlreiche Bestandskunden, Partner und Experten in Salzburg.
Das E3-Magazin ladet zum Lernen und Ideenaustausch am 5. und 6. Juni 2024 nach Salzburg ein. Die Summit-Teilnahmegebühr beträgt Euro 590 exkl. USt. Noch bis Freitag, 29. März 2024, gilt der Early-Bird-Tarif von Euro 440 exkl. USt.
Der Steampunk und BTP Summit 2024 findet am Mittwoch und Donnerstag, 28. und 29. Februar 2024, im Hotel Hilton Heidelberg, Kurfürstenanlage 1, statt. Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Die Teilnahmegebühr für den zweitägigen Summit beträgt Euro 590 exkl. USt. Bis Donnerstag, 30. November 2023, gibt es einen Early-Bird-Tarif von Euro 440 exkl. USt. Die Gebühr beinhaltet den Besuch aller Vorträge, des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.