Aussetzer und Misserfolge
Das Sprichwort ist weithin bekannt: Tue Gutes und rede darüber! In den vergangenen zwei Jahren wurde in Walldorf viel gearbeitet. Die junge Mannschaft rund um SAP-Chef Christian Klein war fleißig, offensichtlich dachte aber niemand daran, die guten Taten auch zu kommunizieren. Aufgrund der Sprachlosigkeit wurden viele missverstanden und falsch interpretiert.
In Düsseldorf auf den DSAG-Technologietagen lobte Jürgen Müller die Erfolge seiner Mannschaft im Bereich Business Warehouse und SAP Analytics Cloud. Es wurden viele Ressourcen investiert, um die User Experience hinsichtlich Geschwindigkeit und Bedienung zu steigern. Auf die Nachfrage, was es nun mit der Geschwindigkeit auf sich hat, beruht das SAP’sche Warehouse doch auf der angeblich schnellsten In-memory-Computing-Datenbank Hana, musste sich Müller korrigieren: Natürlich hat in Walldorf niemand die Datenbank Hana angefasst, weil diese wirklich über jeden Mangel an Performance erhaben sei. Die Verbesserungen betrafen lediglich das Frontend und die Apps. Es ging um eine Optimierung des Java-Codes und weitere, der Hana vorgelagerte Prozesse.
Letztendlich gab Jürgen Müller eine einfache, für jeden einsichtige Erklärung, was aber nicht über die betrübliche Tatsache hinwegtäuschen kann, dass die grundsätzliche Kommunikation der SAP stark verbesserungswürdig ist. Die Gründe für die Aussetzer, Misserfolge und Sprachlosigkeit sind schwer zu analysieren: Ist es Unvermögen, Respektlosigkeit gegenüber der SAP-Community, Nachlässigkeit, Ressourcenmangel oder Schlamperei? Ich weiß es nicht. Ich sehe aber die katastrophalen Auswirkungen auf die SAP-Community.
Ich habe einen guten Draht zu Jürgen Müller und im freundschaftlichen Dialog sind solche Missverständnisse schnell ausgeräumt. Aufgrund der Größe kann mittlerweile kein SAP-Vorstand mit jedem DSAG- und Community-Mitglied persönlich reden. SAP muss sich auf funktionierende Plattformen für Kommunikation wie DSAG und E-3 verlassen. Damit diese Distribution von Information aber erfolgreich funktioniert, muss am Anfang der richtige, verifizierte Content stehen und der kann nur von SAP selbst kommen.
Den richtigen Ton und den richtigen Content zu finden ist jedoch keine triviale Aufgabe und die SAP-Community ist keine konsolidierte Masse, sondern ein sehr heterogenes Gebilde, wie am Beispiel der SAP-Hauptversammlung vor wenigen Tagen offensichtlich wurde: Aktionäre und Aktionärsvertreter debattierten die SAP’sche Altersklausel und ob Professor Hasso Plattner als Aufsichtsratschef nochmals für zwei Jahre kandidieren darf und soll.
Aus Sicht eines SAP-Bestandskunden mag diese Diskussion kleinlich, bescheiden und irrelevant sein: Was bedeuten zwei Jahre in einem S/4-Conversion-Projekt? Statt über zwei Jahre im SAP-Aufsichtsrat zu diskutieren, hätten die Aktionäre die Fragen stellen sollen, ob Hana und S/4 noch zeitgemäß sind, was nach S/4 kommt und ob bei fehlender Strategie und Vision von Vorstand und Aufsichtsrat die SAP-Aktien 2030 überhaupt noch einen Wert besitzen. Was soll das Alleinstellungsmerkmal und damit der Wert der SAP-Aktie im Jahr 2030 sein, wenn dann wirklich jedes IT-Unternehmen und jede App in der Cloud verortet sind?