Ich will eine Pizza mit Dönerfleisch
Das Wirtschaftsmagazin „brand eins“ widmet seine diesjährige Februar-Ausgabe dem Schwerpunkt „Kommunikation“. Und brand-eins-Starautor Wolf Lotter schreibt: „Kommunikation bedeutet: miteinander reden – nicht gegeneinander.“ In seinem Leitartikel hat Lotter noch viele gute und richtige Sätze, die man alle groß an Hauswände projizieren sollte.
Seit Jennifer Morgan und Christian Klein an der Spitze von SAP stehen, hört man als Bestandskunde oft die Sätze „Wir müssen auf unsere Kunden hören“ und „Die Wünsche der Kunden sind wichtig und zu respektieren“. Die Presse ist voll des Lobes für SAP, endlich hört der ERP-Konzern auf seine Kunden!
Als Betroffener, als Bestandskunde, stellt sich die Situation aber anders dar: Sollen nun die Bestandskunden die Arbeit der SAP machen? Forschen, verifizieren und nachdenken, was sinnvoll und notwendig ist? Die SAP-Bestandskunden bezahlen SAP für „Antworten“ und nicht für „Fragen“ – nach dem Motto: Wünsch dir was.
Es erscheint kontraproduktiv, sich mit einer unübersichtlichen Preisliste (PKL) und zahlreichen sich widersprechenden und an- sowie abgekündigten Produkten vor dem Bestandskunden zu positionieren und nun von diesem zu fordern, Ordnung in das Chaos zu bringen und endlich zu artikulieren, was der ERP-Anwender denn wirklich wolle.
Wenn der Erfinder von standardisierten Geschäftsprozessen nicht mehr weiß, was notwendig und sinnvoll ist, woher soll es dann der Bestandskunde wissen? Umgekehrt könnte der Anwender zu SAP gehen und fragen: Was soll ich produzieren? Was soll ich verkaufen?
In einem Sterne-Restaurant will ich vom Chefkoch nicht hören: Was soll ich kochen? Ganz im Gegenteil! Ich nehme das Tagesmenü und den Hauswein, weil ich mich auf die Kompetenz des Restaurants verlasse.
Ich habe ja bewusst diesen Ort gewählt, weil ich von der Qualität der Küche und des Kellners überzeugt bin. Ähnlich ergeht es den meisten SAP-Bestandskunden:
Diese haben SAP nicht gewählt aufgrund des Logos, der Programmiersprache Abap oder der Liebe zu Cloud, sondern aufgrund der betriebswirtschaftlichen Expertise, der standardisierten Geschäftsprozesse sowie der ganzheitlichen Problemlösungskompetenz.
SAP muss auf seine Kunden hören: „Ich will eine Pizza mit Dönerfleisch.“ Und SAP muss qualifizierte Antworten geben: „Nein, willst du nicht.“ SAP ist der Community nicht eine ausufernde PKL, sondern verifizierte Digitalisierung schuldig. SAP muss liefern: Strategien, Umsetzung, Klarheit und Planbarkeit.
„Aufrichtig miteinander reden bedeutet echte Neugier statt des Versuchs, den anderen von der eigenen Position zu überzeugen. Aufrichtig heißt auch, dass man wirklich wissen will, warum die anderen so ticken, wie man es selbst nicht tut“
schreibt Wolf Lotter auf Seite 41 der „brand eins“-Ausgabe Februar 2020.
Wolf Lotter schreibt das mit leichter Feder. In der SAP’schen Realität wird es schwierig zum Umsetzen sein. Aber es kann gelingen. Die jungen Co-CEOs, Jennifer Morgan und Christian Klein, haben die Gene dafür. Es bleibt eine Gratwanderung zwischen Strategie, Erwartungshaltung, PKL, Roadmaps und Vertrauen.