Die kreative Zerstörung
Vom Volkswirt und Politiker Joseph Schumpeter stammt das Diktum der schöpferischen Zerstörung als Motor jeder Wirtschaftstätigkeit. Mit Open Source ist ein Faktor auf der Bühne erschienen, der diesem Motor einen Turbo aufsetzt.
Open Source Software verbreitet sich nicht nur schnell und schrankenlos, auch ihrem schnellen kommerziellen Einsatz stehen kaum Hürden entgegen.
Sobald also eine Open-Source-Lösung die technische Reife hat, ein geschlossenes System abzulösen, wird sie es eher früher als später tun. Strategien wie die Microsoft „Fear, Uncertainty and Doubt“ der späten neunziger Jahre sind gescheitert.
Der einstige Erzfeind von Linux ist längst zu einem respektierten Partner in Open Source Communities geworden, zwar fast zehn Jahre später als SAP, aber immerhin.
Springen wir vom 20. Jahrhundert von Schumpeter und Microsoft in die Gegenwart: Im Storage-Markt geht es derzeit ähnlich turbulent zu wie damals ei den Betriebssystemen. Virtualisierung, Hyperkonvergenz und Software Defined Storage geben den Takt vor.
Und doch ist die Situation eine andere. Es gilt nicht mehr „einer gegen alle“, glücklicherweise auch nicht „jeder gegen jeden“. Statt dessen fast überall „Coopetition“ dank offener Formate, Interoperabilität im Virtualisierungsumfeld, dank Cloud Foundry oder OpenStack.
Trotz verdienter Marktführerschaft ist etwa VMware weit davon entfernt, das Microsoft der Virtualisierung/Cloud zu sein und beteiligt sich aktiv in den Communities.
Open-Source-Technologien wie das etablierte ZFS oder das aufstrebende Ceph finden sich auch in kommerziellen Produkten oder Stacks.
Für Anwender werden damit zusätzliche Kriterien für die Auswahl von Anbieter, Produkt und Technologie wichtig. Diese gelten zwar überall, wo Open Source und partieller Kooperation auch zwischen Konkurrenten im Spiel ist, doch am Beispiel Storage zeigen sie sich derzeit besonders deutlich.
Zunächst einmal vergrößert sich die Anzahl der Optionen. Zusätzlich zum Kauf eines Produktes, sei es als Appliance oder separat als Softwareprodukt, gibt es immer auch die Möglichkeit, eine rein aus Open-Source-Komponenten bestehende, genau passende Lösung selbst aufzusetzen.
Langfristig kann es sich durchaus lohnen, entsprechendes Know-how dafür aufzubauen. Technologien, die dafür in Frage kommen, sollten eine aktive, möglichst heterogene Entwickler-Community besitzen.
In der Regel wird aber der Anwender, gerade bei Storage, auf Herstellersupport ungern verzichten, also ein Produkt wollen. Bei dessen Evaluierung sollte man Open Source im Auge behalten.
Da ist zunächst die Frage, basiert das Produkt vielleicht selbst auf einer Open-Source-Technologie. Das ist zum Beispiel bei Nexenta-Produkten (ZFS) oder dem Suse Enterprise Storage (Ceph) der Fall.
Sollte sich einmal ein Hersteller vom Markt verabschieden oder zum Beispiel nach einer Übernahme die Produktstrategie wechseln, kann die Open-Source-Basis ein guter Investitionsschutz sein.
Wer sich, etwa aufgrund der starken Marktposition des Herstellers oder technischer Alleinstellungsmerkmale, für proprietäre Systeme entscheidet, sollte sich anschauen, ob und wie sich der Hersteller in relevanten Communities engagiert und seine Produkte sich in die entsprechenden Stacks integrieren.
Das kann auch mittelfristig relevant werden, selbst wenn es zum Zeitpunkt der Produktentscheidung noch keine Rolle spielte.
Nicht zuletzt spielt bei der Auswahl von Produkten für Hyperkonvergenz oder Software Defined Storage auch der Hardwarehersteller eine entscheidende Rolle. Idealerweise hat dieser selbst SDS-Knowhow mit verschiedenen Techniken aufgebaut, engagiert sich in der Open Source Community und bringt spannende Projekte mit auf den Weg.
Der Sinn jeder Zerstörung im Schumpeterschen Sinn liegt schließlich darin, etwas Besseres aufzubauen, ob es nun in der Welt des Storage liegt oder irgendwo anders.