Wie IoT und Industrie 4.0 angehen?
Der Geschäftsführer eines süddeutschen Mittelständlers hat mich vor einiger Zeit spontan gefragt: „Wie sollen wir denn das Thema IoT/Industrie 4.0 bei uns im Unternehmen am besten angehen?“ Nicht in einem geschäftlichen Kontext, und da ich zum Fragenden um zwei Ecken auch einen privaten Kontakt hatte, war ich – auch als Sales Director IoT – sehr um eine neutrale Antwort bemüht.
Ich wollte ihn aus Rücksicht auf die private Verbindung nicht zu einem Lead entwickeln. Über das Unternehmen an sich wusste ich nicht viel: Es gab ein gut funktionierendes SAP ERP und laut Aussage meines Gesprächspartners waren Abläufe und Prozesse so weit sauber orchestriert. Und jetzt wollte man eben das Thema IoT/Industrie 4.0 angehen – bloß, wie?
Ein guter Anfang ist wahrscheinlich, sich erst einmal die eigenen Beweggründe bewusst zu machen. Ist es die Angst, ins Hintertreffen zu geraten, weil Wettbewerber in diesem Bereich schon weiter sind? Ist es die (intrinsische) Begeisterung für Technologie und neue Möglichkeiten bei einzelnen Mitarbeitern? So gut externe Impulse auch sein können, so sehr ist es doch zu empfehlen, erst einmal auf das eigene Unternehmen zu schauen und sich der eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden.
IoT zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass mittels Technologie Prozesse optimiert und automatisiert, eben smart gemacht werden können. Also sollte man sich fragen: Bei welchen Abläufen haben wir derzeit die größten Effizienzverluste, die gravierendsten Unzulänglichkeiten?
Kurzum: Wo drückt der Schuh im eigenen Unternehmen am meisten? Wo können mittels IoT Verbesserungen erreicht werden? Ob die Daten über vernetzte Sensoriklösungen generiert oder aus Steuerungen ausgelesen werden, ist dabei zweitrangig, die Technologie sowieso. Weg von den Buzzwords, hin zu echten Mehrwerten.
Im zweiten Schritt sollte man sich mit seinen Ideen und Ansätzen an jemanden wenden, der mit IoT ausreichend Implementierungserfahrung hat, um diese einer Machbarkeitsanalyse zu unterziehen; an jemanden, der einen gewissen Überblick hat, was empirisch funktioniert (und was nicht). Es ist weiter ratsam, eine Komplexitätsreihenfolge zu erstellen, um die mit dem jeweiligen Konzept verbundenen Aufwände abschätzen, bewerten und vergleichen zu können.
Klein anfangen und lernen
Auf Basis einer daraus resultierenden Roadmap kann man sich dann fundiert überlegen, ob man mit Blick auf die eigene Ressourcenverfügbarkeit beziehungsweise -auslastung ein Projekt im Bereich IoT/Industrie 4.0 in Eigenregie oder mit einem Partner angehen will. Für den Anfang sollte man ein kleines, agiles Projekt wählen – und daran lernen. Anschließend lassen sich die nächsten Schritte definieren und umsetzen.
Oft wird als Einstiegsszenario Condition Monitoring gewählt, also die Zustandsüberwachung entweder von Maschinen und Anlagen in der eigenen Fertigung oder von Produkten, die beim Kunden im Einsatz sind. So kommt man an die relevanten Daten, kann das Projekt nachjustieren, evaluieren und bei Bedarf ergänzen. Je mehr Daten anfallen, desto besser können Zusammenhänge, etwa zwischen bestimmten Betriebsparametern und Ausfällen, erkannt werden.
Sind ausreichend Daten gesammelt, ist es sinnvoll, sich mit Algorithmen beziehungsweise künstlicher Intelligenz zu beschäftigen, damit einem die Daten nicht nur retrospektive Zusammenhänge aufzeichnen, sondern vorausschauend (wahrscheinliche) Entwicklungen vorhersagen.
Zudem kann man beginnen, die bis dato gesammelten technischen Daten über die Kombination mit ERP-Daten in einen betriebswirtschaftlichen Kontext zu setzen. Denn so lassen sich auch neue Services und Geschäftsmodelle erschließen. Das war in etwa meine Antwort. Der Kontakt zu meinem Gesprächspartner besteht noch immer, inzwischen auch beruflich. Wahrscheinlich kann ich eben doch nicht ganz aus meiner Haut.