Von IBM AS/400 nach Azure
Man stelle sich einen internationalen Konzern vor, der auf fünf Kontinenten in 42 Ländern insgesamt über 420 Standorte unterhält und zudem zwanzig verschiedene SAP-Systeme im Einsatz hat.
Selbst dann, wenn nur ein Bruchteil seiner 4500 Mitarbeiter auf die SAP-Systeme zugreift, sind technische und personelle Herausforderungen in puncto 24/7-Verfügbarkeit, Ausfallsicherheit und bedarfsgerechtem Skalieren vorprogrammiert. In dieser Situation war Hansa-Flex 2018. Man entwickelt und fertigt Hydraulikkomponenten und bietet Services an.
Es war den Verantwortlichen bei Hansa-Flex bewusst, dass eine Cloud-Lösung das Rechenzentrum in Sachen Flexibilität und Sicherheit um Längen schlägt. Daher hatten sie in ihrer langfristig ausgelegten Digitalisierungsstrategie bereits festgelegt, die On-premises-Lösungen durch ein geeignetes Infrastructure-as-a-Service-Angebot (IaaS) abzulösen.
Zunächst hatte man auch die Frage, ob der Betrieb einer Virtual Private Cloud (VPC) eine Alternative ist, ergebnisoffen untersucht. Dagegen sprachen letztendlich regulatorische Anforderungen an den Rechenzentrumsbetrieb, die hohen Betriebskosten sowie die komplexe und hochintegrative SAP-Applikationsarchitektur, die in der Cloud abzubilden ist.
Dazu kamen noch komplizierte Hardware-Leasingverträge. Man entschied sich stattdessen dafür, die SAP-Systeme zukünftig bei einem Cloud-Anbieter zu hosten. Damit verfolgte man die Ziele, die eigene IT zu entlasten, durch die Pay-per-Use-Abrechnung die Betriebskosten zu senken und bei den Hardwareinvestitionen zu sparen.
Microsoft Azure ist die ideale Cloud-Plattform für Hansa-Flex. Auf der Habenseite stehen neben der technischen Performance die strategische Ausrichtung und die Marktdurchdringung des Global Players.
Außerdem lassen sich in der professionell gemanagten Umgebung von Microsoft sehr leistungsfähige Sicherheits- und Backup-Szenarien umsetzen, die ein mittelständisches Familienunternehmen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand realisieren könnte.
Die Plattform punktet zudem mit ihrer hohen Flexibilität und bedarfsorientierten Skalierbarkeit. Ende September 2019 startete das Projektteam mit der Planung. Rund 30 Personen von Hansa-Flex und Arvato gehörten dazu.
Bis zum Jahreswechsel sollten alle relevanten SAP-Systeme in der Cloud laufen. Mit dabei: eine 10 Terabyte große IBM DB2 mit etwa 80.000 Materialstammdatensätzen.
Ein Upgrade von R/3-ECC-EPH auf EHP8-SPS-13 hat man direkt mit dem DMO-Verfahren (Database Migration Option) umgesetzt. Arvato hat dabei das AS/400-System komplett abgelöst und eine moderne, cloudbasierte Umgebung aufgebaut. In nur 15 Tagen kamen 1260 Testfälle auf den Prüfstand, 4700 Objekte wurden auf ihre Kompatibilität mit der Hana-Datenbank überprüft.
Das machte es erforderlich, die Daten beim Umzug zu transformieren, neu zu organisieren und zu komprimieren. Für Flexibilität sorgte Azure NetApp Files, ein im Oktober 2019 neuer Service von Microsoft.
Er lässt sich in verschiedenen Szenarien als zugrunde liegender freigegebener Dateispeicherdienst einsetzen – beispielsweise beim Migrieren von leistungsintensiven Computing-Infrastrukturen und Unternehmenswebapplikationen.
Außerdem lassen sich durch Snapshots sehr unkompliziert Systemkopien erstellen – und das innerhalb von Sekunden. Die Datenbank hatte nach dem Umzug nur noch ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe. Die Teammitglieder sind sich rückblickend einig, dass die Skalierbarkeit von Azure NetApp Files das Backup beträchtlich vereinfacht hat.
Hansa-Flex und Arvato haben mithilfe der Microsoft-Technik die bislang schnellste Migration von SAP-On-premises auf Azure erzielt. Als die Hansa-Flex-Belegschaft im Januar 2020 an ihre Arbeitsplätze zurückkehrte, war von der Umstellung nichts (mehr) zu merken – sieht man von einigen Anmeldefenstern einmal ab.
Mittel- und langfristig sind zudem signifikante Kostenreduktionen zu erwarten. Schließlich sind die Cloud-Services flexibler und einfacher zu skalieren. Die Zeiten, in denen man Speicherkapazitäten mehrere Jahre im Voraus kaufen musste, sind vorbei.
Heute ist der Hydrauliksystemehersteller der größte deutsche Mittelständler, dessen SAP-Systeme auf Azure laufen. Und er war das erste deutsche Unternehmen, das Azure NetApp Files innerhalb eines SAP-Projekts eingesetzt hat, um in der Cloud hochperformante und latenzempfindliche Workloads auszuführen.