Voice e. V. hält SAP-Lizenzpolitik bezüglich indirekter Nutzung für rechtswidrig
Die Lizenzbestimmungen der SAP in Bezug auf indirekte Nutzung/Digital Access erachtet der Bundesverband der IT-Anwender aufgrund zweier juristischer Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Osborne Clarke als rechtswidrig.
Die geplanten zusätzlichen Gebühren für den indirekten Zugriff von Devices und Fremdprogrammen verunsichern die SAP-Nutzer, erhöhen ihr Kostenrisiko erheblich und widersprechen dem Grundsatz der Interoperabilität.
Voice e. V. hat von der internationalen Rechtsanwaltskanzlei zwei juristische Gutachten zu indirekter Nutzung und Digital Access erstellen lassen. Diese Gutachten kommen zu dem Schluss, dass die Lizenzbestimmungen der SAP in dieser Hinsicht rechtswidrig sind und der Softwarehersteller seine starke Stellung im Markt für Business-Software gegenüber seinen Kunden missbraucht. Die Lizenzbestimmungen der SAP seien weder transparent noch fair.
Dr. Thomas Endres, Vorsitzender des Voice-Präsidiums, erklärt das Motiv für die Gutachten und die Ziele des Bundesverbandes:
„Als Interessenvertreter der IT-Anwender setzen wir uns für transparente und faire Lizenzbedingungen ein. Die von SAP nach wie vor nicht eindeutig definierte indirekte Nutzung/Digital Access ist weder fair noch transparent.“
Endres findet es zwar absolut verständlich, dass sich Softwareanbieter auf die veränderte Nutzung ihrer Produkte in einer immer stärker digitalisierten Welt vorbereiten.
„Aber es darf nicht einseitig zulasten der Anwender gehen.“
Außerdem habe ein Anwenderverband ein natürliches Interesse an einem offenen Softwaremarkt, in dem nicht ein dominanter Anbieter die Bedingungen diktiert.
„Gerade in Bezug auf die laufende digitale Transformation ist die Interoperabilität der Systeme essenziell. Wenn diese Interoperabilität durch ungerechtfertigte Gebühren eingeschränkt wird, wäre das für alle Marktteilnehmer fatal“
betont Endres.
Patrick Quellmalz, Leiter Service bei Voice und Geschäftsführer der Voice CIO-Service GmbH, ergänzt.
„Wir sehen die indirekte Nutzung als Gefahr für die digitale Transformation. Aus zwei Gründen: Anwender setzen sich lizenzrechtlichen Risiken aus, wenn sie zukunftsgerichtete Technologien einsetzen, wie APIs, Container oder nur eine moderne E-Commerce-Lösung, die auch SAP-Daten nutzt.
Außerdem schädigt SAP mit ihrem Lizenzverhalten den Markt für Third-Party-Applikationen ganz massiv. Dem Geschäftsmodell von Drittanbietern schiebt SAP jetzt einen Riegel vor. Das ist aus unserer Sicht innovations- und wettbewerbsfeindlich.
Denn im Third-Party-Markt entstehen zusätzliche und vielleicht auch günstigere Lösungen für das SAP-Ökosystem, aber eben nicht unter vollständiger Kontrolle der SAP.
Wenn mit dem SAP-Lizenzfall ,indirekte Nutzung‘ der Datenaustausch über Schnittstellen durch zusätzliche Kosten erschwert oder verhindert wird, kann man sich den negativen Einfluss auf die Innovationstätigkeit leicht vorstellen. Die Kosten für die Nutzung von Third-Party-Applikationen werden durch SAP künstlich in die Höhe getrieben und deren Einsatz daher erschwert.“
Voice fordert SAP daher dringend auf, ihre Lizenzbestimmungen bezüglich indirekter Nutzung/Digital Access anwenderfreundlicher und transparenter zu gestalten, um die Anwender in Zeiten der digitalen Transformation nicht über Gebühr zu belasten und unkalkulierbaren Kostenrisiken auszusetzen. Diese Forderung inkludiert ausdrücklich auch die Auditpraxis der SAP. Der Markt für Third-Party-Applikationen muss zwingend offen gehalten werden.
Voice fordert eine rechtliche Verbindlichkeit der Audits und keine in die Vergangenheit reichende Wirkung, wie das einige Anwender zurzeit bei der „indirekten Nutzung“ erleben.
„Es darf einfach nicht sein, dass Anwender durch neue Lizenzbestimmungen der SAP rückwirkend ins Unrecht gesetzt werden. Das ist für niemanden nachvollziehbar und lässt die Lizenzpolitik der SAP willkürlich erscheinen“
sagt Quellmalz.
Voice wird weiterhin das direkte Gespräch mit SAP suchen, behält sich aber auch alle infrage kommenden juristischen Schritte vor.