The „Rising Star“
Die XaaS-Welt ist um einen Begriff reicher. Nach On-premise kam IaaS (Infrastructure as a Service), gefolgt von PaaS (Platform as a Service) und dann SaaS (Software as a Service). „Rise with SAP“ wird als Transformation as a Service beworben, also TaaS gewissermaßen.
Grundsätzlich eine gute Idee. SAP bündelt eine Reihe eigener Produkte und Services gemeinsam mit denjenigen aus dem Partner Ecosystem, die eigene Produkte und Services beisteuern. Auf SAP-Seite sind das u. a. die Business Process Intelligence, SAP BTC und die S/4 Hana Cloud. Auch dazu gehört die Cloud-Infrastruktur nach Wahl (der beteiligten Anbieter). Hier arbeitet SAP mit den führenden Hyperscalern zusammen, der Kunde behält hier eine gewisse Flexibilität. Damit akzeptiert SAP, dass viele Kunden in der realen Welt schon bestehende Infrastrukturen wie Azure, AWS, IBM Cloud oder andere nutzen.
So weit, so einfach. Im cloudbasierten Software Stack der SAP ist der Kunde allerdings (noch?) eingeschränkt. Ariba ist Teil von Rise, aber zum Beispiel nicht SuccessFactors, Concur, Fieldglass oder Qualtrics.
Rise wird laut SAP aus einem einzigen Angebot und Vertrag bestehen. Das klingt charmant, richtet sich aber eher an die Einkaufsabteilung der Rise-Kunden und weniger an die IT oder die Fachabteilungen.
Wer die heutigen SAP-Verträge kennt, wird sich fragen, wie noch mehr unterschiedliche Leistungen in einem einzigen Vertrag und einer Subscription gebündelt werden können. Was wird mit bereits gekauften Lizenzen von Teilen der Lösung passieren? SAP verspricht eine hochflexible und doch einfache Nutzermetrik. Und was ist mit dem noch nicht gelösten Thema der indirekten Lizenzierung, welches viel Vertrauen gekostet hat?
Dazu verspricht SAP um bis zu 20 Prozent geringere Gesamtbetriebskosten. Allerdings beziehen diese sich nicht auf einen Vergleich mit einer Nicht-Rise-Einführung, sondern zu einer On-premise-Implementierung. Es ist also keine Aussage, ob und wie Rise günstiger sein kann als eine herkömmliche Implementierung in der Cloud.
Der grundsätzliche Ansatz ist aus meiner Sicht richtig. SAP akzeptiert, dass Kunden den Weg der digitalen Transformation gehen. Egal, ob dies ohne oder mit SAP geschieht. Mit Rise positioniert sich SAP wieder mehr in die Mitte des Geschehens. Ob Kunden das Angebot annehmen, hängt auch davon ab, wie die SAP-Partner Rise annehmen werden. Mit der momentanen engen Bindung an die SAP-Angebote ist außerhalb der Cloud-Wahlmöglichkeit die Individualisierung noch gering.
Damit ist die Notwendigkeit der Kunden wie der Partner hoch, sich an die von SAP vorgegebene Konformität anzupassen. Die SAP-Kunden sind bisher eine hohe Anpassung ihrer ERP-Lösungen an ihre Kernprozesse gewohnt.
Die neue Rise-Welt kann zu einem möglichen Druck zur Standardisierung führen. Was sich auch nicht erschließt, ist der mögliche Weg zurück. Einen „Vendor-Lock-in“, also das Entstehen hoher Wechselkosten oder anderer Wechselbarrieren, sollten Kunden tunlichst vermeiden. Cool wäre es gewesen, wenn SAP „nur“ das Framework geschaffen hätte und die Partner unterschiedlichste Lösungen über zertifizierte Rise-Schnittstellen anbieten könnten.
Das Ganze erinnert mich an den Vergleich zwischen Windows-Lösungen und der Apple-Welt. Vielfalt und Individualität auf der einen Seite, die mit etwas mehr Aufwand bezahlt werden. Eine homogene (und bei Apple appetitlich designte) Welt auf der anderen Seite, die dann am besten funktioniert, wenn der Kunde alles aus einer Hand nimmt. (Auch) hier ist der Weg wieder zurück, sagen wir mal, etwas komplex.
Ein „Rising Star“ ist noch auf dem Weg aufzugehen. Insofern kann Rise ein großer Wurf werden, wenn er erst am Anfang und nicht schon im Zenit seiner Bahn ist.
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