Stellungnahme: Bitkom zum Koalitionsvertrag


Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau, Wirtschaftswachstum und die Stärkung der digitalen Souveränität stehen im Fokus, was Bitkom sehr begrüßt. Positiv ist, dass sich digitale Vorhaben durch alle Bereiche in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ziehen, insbesondere finden sich im Koalitionsvertrag zahlreiche Maßnahmen zur Modernisierung und Digitalisierung des Staates und zum Bürokratieabbau. Das zeigt: Der Koalitionsvertrag hat digitalpolitisch insgesamt ein hohes Ambitionsniveau. Es kommt jedoch bei allen digitalen Maßnahmen darauf an, die einzelnen Vorhaben konkret auszugestalten und mit den nötigen Finanzmitteln zu hinterlegen, damit es nicht bei allgemeinen Absichtserklärungen bleibt.
Befugnisse Digitalministerium
Das neue Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung braucht eine zügige und verbindliche Klärung der Befugnisse und Zuständigkeiten, der Koalitionsvertrag enthält dazu keinerlei Details. Das Digitalministerium kann nur schlagkräftig auftreten, wenn es die Zuständigkeit für die digitalen Kernthemen erhält und mit den notwendigen Koordinierungsrechten, einem Digitalvorbehalt, einem auskömmlichen Budget und einem ausreichenden Einzelplan ausgestattet ist. Nur so kann es zum Antreiber für die Digitalisierung werden. Die neue Koalition muss diese Fragen bereits mit dem Organisationserlass des Bundeskanzlers unmittelbar nach Regierungsübernahme klären.

Ralf Wintergerst, Präsident, Bitkom
Der Koalitionsvertrag enthält ein TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz, das ein echtes „überragendes öffentliches Interesse“ auch für den Netzausbau vorsieht. Mit der neuen Regelung kann das Glasfasernetz schneller ausgebaut werden, sofern der Netzausbau nicht an anderer Stelle durch neue Belastungen für die Unternehmen erschwert wird. Aus Bitkom-Sicht sehr positiv ist außerdem das starke Bekenntnis zum Rechenzentrumsstandort Deutschland. Insbesondere die Ausweitung der Strompreiskompensationen auch auf Rechenzentren kann die digitale Infrastruktur und damit unmittelbar auch Deutschlands digitale Souveränität stärken. Die Verankerung des Digital-Only- und Once-Only-Prinzips für Verwaltungsdienstleistungen im Koalitionsvertrag ist ein bedeutender Schritt. Damit wird sichergestellt, dass Bürgerinnen und Bürger Daten künftig an einer Stelle hinterlegen können und nicht bei jedem Verwaltungsvorgang erneut angeben müssen.
Die angestrebte Registermodernisierung wird ebenso massiv auf die Effizienz der Verwaltung einzahlen wie die beabsichtigte Änderung des Grundgesetzes, damit der Bund digitale Verwaltungsverfahren und Standards regeln kann. Absichtserklärungen für eine effiziente und digitale Verwaltung gab es allerdings in der Vergangenheit reichlich. Deutschland braucht jetzt eine echte und vor allem ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung. Die Mammutaufgabe wird sein, die Vorhaben umzusetzen und auch die Länder und Kommunen dafür zu gewinnen.
Die Förderung von Schlüsseltechnologien wie KI, Quantentechnologie und Mikroelektronik wird – wenn sie ambitioniert umgesetzt und mit entsprechenden Finanzmitteln hinterlegt wird – zur Stärkung von Deutschlands digitaler Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Der explizite Auf- und Ausbau der KI-Recheninfrastruktur in Deutschland sowie die beabsichtigte bürokratiearme und innovationsfreundliche Ausgestaltung des AI Act sind notwendige Maßnahmen, deren Umsetzung nicht hinter den Ankündigungen zurückbleiben darf.
Wirtschaft und Start-ups: Der im Koalitionsvertrag angekündigte „Investitions-Booster“ hat das Potenzial, die Digitalisierung in Deutschlands Unternehmen voranzutreiben, insbesondere auch in kleinen und mittleren Unternehmen. Auch die Signale für Start-ups sind positiv: So sind weniger Hürden für Gründungen und Beteiligungen vorgesehen sowie mehr Kapital für Innovation und Wachstum. Ein massiver Hebel für den Bürokratieabbau wird die Abschaffung der Schriftformerfordernisse per Generalklausel sein, die aus Bitkom-Sicht umfassend umgesetzt werden muss. Positiv sind auch die angekündigte Verabschiedung eines jährlichen Bürokratieentlastungsgesetzes sowie die vollständige Umsetzung und Ausweitung des „Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“.
Bei Energie und Nachhaltigkeit werden die Potenziale der Digitalisierung außer Acht gelassen. Dabei ist die Digitalisierung der Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele und es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Fazit
Für die neue Legislaturperiode finden sich im Koalitionsvertrag viele wichtige Maßnahmen. Da jedoch alle Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt stehen, kommt es nun auf die Priorisierung durch die Bundesregierung an. Ein echter Aufbruch wird nur gelingen, wenn die wichtigen Absichtserklärungen auch mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden.