SAP-Technik, Innovation und Offenheit
SAP-Kundenzufriedenheit nicht für Bestandskunden
SAP hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Cloud-only-Company gewandelt, auch wenn diese Tatsache nur gegenüber von Finanzanalysten deutlich ausgesprochen wird. Die Finanzszene vergleicht SAP mit Oracle, Microsoft, Workday, Salesforce und natürlich auch mit Meta und AWS. Dabei dominiert überall das Buzzword „Cloud“. SAP-Chef Christian Klein und Finanzvorstand Dominik Asam spielen geschickt mit dieser Erwartungshaltung: Der Erfolg gibt ihnen Recht. Der SAP-Aktienkurs eilt von einem Höchststand zum nächsten!
Das deutschsprachige Handelsblatt analysierte: „Kundenzufriedenheit“ lautet die Devise des SAP CEO Christian Klein, seitdem er vor viereinhalb Jahren alleiniger Vorstandschef wurde. Was anfangs den Kurs lähmte, entwickelte sich zum Erfolgsmodell.
Wer versuchte, die Stimmung auf dem Jahreskongress 2024 der deutschsprachigen Anwendergruppe DSAG e. V. in Leipzig einzufangen, musste zu einem anderen Bild kommen. Die meisten altgedienten SAP-Bestandskunden fühlen sich durch die Cloud-Strategie des ERP-Weltmarktführers über den Tisch gezogen: Der Weg in die SAP-Cloud „Rise with SAP“ ist mit zahlreichen Hindernissen und Stolperfallen gespickt. Mittlerweile beschäftigt die SAP-Community Heerscharen von Juristen, um unbeschadet den S/4-Hana-Releasewechsel zu überleben. Ein Rise-Vertrag eines Juristen aus München auf dem DSAG-Jahreskongress wurde von etwa 300 SAP-Bestandskunden in Leipzig mit Erstaunen verfolgt. Die technischen und juristischen Fallgruben bei Rise-with-SAP sind nahezu unüberschaubar.
Kundenzufriedenheit? Diese vom Handelsblatt propagierte Zufriedenheit gibt es fast nur bei SAP-Neukunden. Wer das Glück und das Kapital hat, mit einem ERP-System auf der grünen Wiese zu beginnen, ist aber in der Public Cloud der SAP gut aufgehoben. Schwieriger wird es für Alt- und Bestandskunden aus dem R/3- und ECC-Zeitalter mit deren Systemmodifikationen, Anpassungen und Sonderwünschen.
SAP-Technik beruht auf Abap
Technologie, also eine Lehrmeinung über IT- und ERP-Technik, sucht man aktuell bei SAP vergebens. SAP investiert jedoch viel in Cloud- und KI-Technik. Es gibt einen inoffiziellen Wettbewerb mit den Hyperscalern, die öffentlichkeitswirksam als Freunde tituliert werden. Plattformtechniken wie SAP Business Technology Platform gibt es nicht nur bei SAP, sondern auch bei Microsoft Azure, AWS und in der Google-Cloud.
Die Herausforderung für SAP-Bestandskunden besteht jedoch nicht in der Wahl einer passenden Cloud, sondern in der digitalen Transformation: Es gilt, ein erfolgreiches ERP-System (SAP ERP/ECC 6.0) mit zahlreichen Modifikationen in die neue S/4-Hana-Welt überzuführen. Kundenzufriedenheit sucht man in diesem Transformationsprozess oft vergebens, weil er teuer ist und oft kaum einen betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Vorteil bringt. Viele CIOs stehen hier auf verlorenem Posten, wenn sie vom CFO entsprechende Ressourcen fordern, ohne einen Nachweis für echte Innovation liefern zu können. Viele S/4-Conversion-Projekte sind makellose, technische Releasewechsel.
Abap ist nicht nur die SAP-eigene Programmiersprache, sondern auch der Kern von ECC und S/4. In diesem Bereich gibt es viele Altlasten. Erst langsam lernt die SAP-Community, das betriebswirtschaftliche Wissen mit neuen Abap-Konzepten unter anderem auf SAP Business Technology Platform in die neue S/4-Welt zu transformieren.
SAP kauft KI und veredelt
Aus nicht bekannten Gründen hat sich SAP entschieden, bei KI nicht von Grund auf eigenes Wissen aufzubauen und anzuwenden, sondern wie bei den Themen Process Mining (Signavio) und Enterprise Architecture (LeanIX) zuzukaufen. Dennoch analysiert das deutschsprachige Handelsblatt: „Sorgen, dass SAP als größtes europäisches Softwareunternehmen den Anschluss an die rasante Entwicklung des Megatrends Künstliche Intelligenz (KI) verliert, haben sich verflüchtigt. Selbst erklärte Strategie ist es, KI-Grundlagentechnologien nicht selbst zu entwickeln. Stattdessen integriert SAP bereits entwickelte KI-Lösungen von Tech-Größen wie Microsoft, Google, Amazon, IBM oder der deutschen Aleph Alpha in eigene Anwendungen.“
Inwieweit die SAP-Bestandskunden KI in Form von ChatGPT brauchen, wurde noch nicht wissenschaftlich erhoben. SAP probiert deshalb eine Strategie der kleinen Schritte und veredelt an vielen Stellen mit zugekaufter KI-Technik das eigene ERP-System S/4 Hana. Letztendlich geht es Christian Klein und Dominik Asam aber wohl um die wiederholte Verwendung der Buzzwords Cloud und KI, was offensichtlich an der Börse und in Finanzkreisen sehr gut ankommt.
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