SAP-Souveränität versus Vendor-Lock-in


Stärke durch Kooperationen und Vendor-Lock-in
SAP sichert sein eigenes Überleben und die Vormachtstellung bei den Bestandskunden durch den Ausbau der eigenen egoistischen Souveränität aus. Damit steigt wieder einmal die Gefahr des Vendor-Lock-ins für die Anwender.
„Die Wettbewerbsfähigkeit Europas beruht darauf, kompromisslos innovativ zu sein – und dazu müssen technologische Spitzenleistungen mit echter digitaler Souveränität Hand in Hand gehen“, sagte Christian Klein, CEO der SAP SE, auf einer Veranstaltung in Berlin, Deutschland. „Durch unsere Zusammenarbeit mit dem herausragenden französischen KI-Ökosystem trägt SAP dazu bei, eine vertrauenswürdige digitale Basis für Europa zu schaffen. So fördern wir offene Innovation, schützen Daten und stellen sicher, dass Technologie dem Menschen und dem Fortschritt zugutekommt.“
Die neue digitale Basis der SAP ist aber ein weiterer Ausgangspunkt für eine absolute ERP-Monopolstellung. Früher waren SAP R/3 und später ERP/ECC 6.0 der Ausgangspunkt für die freie Wahl von Datenbanken und Betriebssystemen. Mit der Einführung von S/4 hat SAP diese Souveränität seiner Bestandskunden radikal beschnitten: Aus einem breiten und souveränen Angebot wurde die Singularität „Linux und Hana“. SAP-Bestandskunden können für S/4 nicht mehr frei wählen. Es gibt keine Souveränität in der SAP-Community!
Nun baut SAP das eigene ERP-Monopol durch weitere Kooperationen aus und sichert sich damit in Europa eine einzigartige Ausgangsposition. SAP hat eine Zusammenarbeit mit französischen KI-Unternehmen bekannt gegeben, die Partnerschaften mit Bleu, Capgemini und Mistral AI einschließt. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es laut SAP, die eigene Expertise bei ERP mit dem KI-Ökosystem Frankreichs zu vereinen. Damit sollen KI-gestützte Cloud-Lösungen entwickelt werden, die den Schutz von Daten und geistigem Eigentum gewährleisten und zugleich die digitale Transformation Europas vorantreiben. Die Ankündigung erfolgte auf dem Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität in Berlin, bei dem Frankreich und Deutschland die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in Europa besonders betonten.
Delos Cloud: digitale SAP-Souveränität
Offiziell geht es um den Schutz Europas digitaler Infrastruktur. Letztendlich baut SAP damit seine monopolartigen Strukturen aus und wird in der Lage sein, noch mehr Preise und Konditionen zu diktieren: Waren früher SAP-Partner die Botschafter in der SAP-Community, die mit dem Wissen über SAP-Produkt diese in den Markt brachten, so sollen nun SAP-Partner selbst zu Kunden werden, um Zugriff auf SAP-Produkte zu bekommen. „Joule for Consultants“ sollen SAP-Partner lizenzieren, um das KI-Geschäft von SAP voranzubringen. Eine kostenfreie Partnerlizenz liegt nicht im souveränen Interesse von SAP.
Durch eine Zusammenarbeit wollen Bleu und Delos Cloud eine europäische IT-Resilienz und digitale Souveränität stärken. Gemeinsam sollen neue Maßstäbe für vertrauenswürdiges Datenmanagement und betriebliche Zuverlässigkeit gesetzt werden – sowohl zur Krisenprävention als auch für langfristige Stabilität. Das Ergebnis wird ein weiterer Ausbau des SAP‘schen ERP-Monopols sein. Offiziell heißt es: In Kooperation mit SAP, staatlichen Behörden und Regierungen sind Bleu und Delos Cloud bereit, einen entscheidenden Beitrag zur digitalen Souveränität Europas zu leisten. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die kritische Infrastruktur sicher, widerstandsfähig und unter europäischer Kontrolle zu halten.
Cloud, KI und Souveränität
Die vorgebrachte Sorge um die fehlende Security, Transformation und Souveränität der eigenen Bestandskunden ermöglicht SAP ein neues Verhalten hinsichtlich Marktkontrolle: Diese Partnerschaften bilden einen wesentlichen Pfeiler einer umfassenden SAP-Sovereign-Cloud-Lösung, die offiziell darauf abzielt, Europas digitale Souveränität zu stärken und das volle Potenzial von KI auszuschöpfen.
SAP will seine Investitionen in die europäische Souveränität intensivieren und setzt den SAP-Cloud-Infrastructure-Service gezielt auch in lokalen Rechenzentren ein. Durch die Verbindung von Governance und strikter Compliance soll für SAP die Möglichkeit geschaffen werden, die vollständige Kontrolle über Daten und Vermögenswerte zu behalten.
SAP und Mistral AI haben die Erweiterung ihrer strategischen Partnerschaft bekannt gegeben, mit dem Ziel, die digitale Transformation zu beschleunigen und Europas technische Souveränität im Bereich der KI zu stärken. SAP will Mistral AIs Frontier-KI, einschließlich Le Chat, über die souveräne AI Foundation auf der Business Technology Platform (SAP BTP) bereitstellen. Mistral AI Studio wird in die AI Foundation und SAP-Lösung BTP integriert, sodass Kunden und Partner souveräne Cloud-Anwendungen sowie KI-Agenten sicher, regelkonform und im großen Maßstab in ihren eigenen Umgebungen entwickeln und bereitstellen können.
Die AI Foundation innerhalb von BTP dient als Integrationsschicht. Gemeinsam mit Partnern und unterstützt durch Regierungen wollen Mistral AI und SAP das Fundament für skalierbare und regelkonforme KI-Lösungen in Europa schaffen – natürlich unter Abdeckung souveräner KI von Hardware über Plattformen und Anwendungen bis hin zur Benutzeroberfläche: Damit will SAP den gesamten IT/ERP-Stack bei den Bestandskunden übernehmen, was letztendlich ein finales Vendor-Lock-in darstellt.




