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SAP Object-based Transformation

Die Globalisierung, Kostendruck, Übernahmen und Fusionen (M&A) machen eine stetige Anpassung der komplexen ERP-/IT-Landschaften erforderlich. SAP bietet hierzu vielfältige Werkzeuge an, die fallbezogen ausgewählt werden sollten, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Jochen Knösels, Gambit
23. Februar 2018
SAP Object-based Transformation
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Die meisten der SAP-Kunden kennen die Legacy System Migration Workbench (LSMW) als effizientes Werkzeug für Migrationen oder Massendatenänderungen. Von SAP vordefinierte Schnittstellen zur Datenübernahme-Workbench, zur Batch-Input- und Direct-Input-Verarbeitung sowie zu den Standardschnittstellen BAPI und IDoc sichern dabei die konsistente Verbuchung aller Daten ab.

Die Verbuchung der Daten erfolgt transaktional, das heißt, die der Verarbeitung zur Verfügung gestellten Daten werden analog zu der manuellen Verarbeitung durch Anwender gegen beispielsweise das aktuelle Customizing oder die Validität abhängiger Objekte verprobt.

Wenn Datenübernahmen aus Fremdsystemen oder auch Anpassungen sowie Erweiterungen bestehender SAP-Daten­objekte anstehen, gilt die LSMW unverändert als das bevorzugte und schnell anzuwendende Tool. Wenn jedoch zum Beispiel die Datenhistorie oder vollständige Belegketten mitmigriert werden sollen, müssen andere Werkzeuge eingesetzt werden.

Landscape Transformation

Die von SAP entwickelte Software Landscape Transformation 2.0 (LT 2.0) ist inzwischen in den IT-Fachabteilungen ebenfalls recht bekannt. SAP LT 2.0 verfügt über eine Vielzahl qualitätsgeprüfter und global zertifizierter Werkzeuge zur sicheren Anpassung und Umstellung laufender SAP-Systeme.

Speziell für einzelne spezifische Anwendungsfälle gibt es sogenannte LT-Szenarien oder auch spezifische SLO-Services. Diese stellen durch vordefinierte und parametrisierbare Funktionen sowie eine eindeutige Konvertierungs-Roadmap sicher, dass alle erforderlichen Arbeitsschritte chronologisch und korrekt ausgeführt werden können.

Die Nutzung von SAP-Landscape-Transformation-2.0-Software erfordert den Einsatz von der SAP hierfür zertifizierter Berater. Wenn die Anforderung des Kunden nur in einer inhaltlichen Anpassung, beispielsweise einer Kontenplanharmonisierung oder der Reorganisation von Profit-Centern besteht, sind die LT-2.0-Tools das zu empfehlende Transformations-Werkzeug.

Carve-outs

Aber auch bei komplexeren Szenarien wie einem Carve-out eines Unternehmensteils (zum Beispiel durch Verkauf), um anschließend alleine in ein neu aufgebautes SAP-System weitergeführt zu werden, hilft die LT-Software mit dem Szenario Clone and Delete schnell und zuverlässig.

Hierbei wird ein SAP-System vollständig kopiert und in einem nachfolgenden Schritt werden alle nicht zu übertragenden Buchungskreise in der Systemkopie gelöscht. Übrig bleibt dann ein sofort einsetzbares System mit ausschließlich den relevanten Buchungskreisen.

Seine Grenzen findet SAP Landscape Transformation 2.0 in der Regel dann, wenn die notwendigen Transformations- oder Konsolidierungsanforderungen den Umfang der von SAP vordefinierten Szenarien überschreiten.

Auch das in der Theorie denkbare sequenzielle Aneinanderreihen mehrerer LT-Szenarien ist nicht praxisgerecht, weil dieses automatisch zu langen Projektlaufzeiten und mehrfachem Testaufwand führt.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn gleichzeitig Harmonisierungen und Dublettenbereinigungen, Reorganisationen und Konvertierungen, Umbenennungen oder Verschmelzungen durchgeführt werden müssen.

Tabelle Infra Gambit 1802, OBT, Object based transformation
Vergleich der SAP-Migrations-Werkzeuge.

Selektive Datenmigration

Für diese Anforderungen verfügt SAP über ein weiteres Werkzeug, das den meisten Fachabteilungen der Kunden jedoch weniger geläufig ist, die SAP Object-based Transformation, kurz SAP OBT.

Hierbei steht die Idee im Vordergrund, zusammenhängende logische Datenobjekte, die sogenannten Business-Objekte, unmittelbar auf der Ebene der Datenbanktabellen zu transformieren. Damit ist es möglich, die gesamte Datenhistorie der einzelnen Objekte mit zu migrieren.

Anders als bei der transaktionalen Datenmigration unter Nutzung beispielsweise der LSMW oder der SAP Posting Engine spricht man bei OBT von der selektiven Datenmigration.

Grundlage ist hierbei das von SAP bei OBT ausgelieferte Business Object Directory, welches bereits rund 500 verschiedene Business-Objekte umfasst. Ein Business-Objekt – klassifiziert als Main- oder Sub-Objekt – beinhaltet im Directory nicht nur alle dazugehörigen SAP-Tabellen, sondern insbesondere auch die intelligente Verlinkung zu anderen Business-Objekten, um einen konsistenten Aufbau aller dazugehörigen Daten zu ermöglichen.

Trotz der vordefinierten 500 verschiedenen Business-Objekte erfordert die Realität in Projekten vielfach weitere oder modifizierte Business-Objekte. Aufgrund konkreter Projektanforderungen hat Gambit Consulting eine Vielzahl weiterer Business-Objekte modelliert und somit den Leistungsumfang von SAP OBT deutlich erweitert.

Die Objektmodellierungswerkzeuge werden ebenfalls genutzt, um kundenindividuelle Datenobjekte problemlos und ohne Einschränkungen mit zu transferieren.

SAP OBT ermöglicht dabei sowohl die Transformation innerhalb eines Systems (Object-based Conversion) als auch die Übertragung zwischen zwei Systemen (Object-based Migration). Voraussetzung ist, dass die involvierten Systeme SAP-Systeme sind. Nicht-SAP-basierte Systeme werden vom OBT nicht unterstützt.

Objektbasierte Migration

Bei einer Object-based Migration wird der Scope entweder durch eine vollständige Übernahme aller Daten eines Quellsystems oder das gezielte Auswählen der Daten vorgegebener Organisationseinheiten (i. d. R. ein oder mehrere Buchungskreise) bestimmt.

Die Transformation in ein bereits operativ genutztes Zielsystem stellt dabei kein Problem dar. Anders als bei der klassischen Datenmigration werden bei OBT die Daten auf Tabellenebene übertragen. So können historische Daten, aber auch alle angearbeiteten Vorgänge uneingeschränkt und unter Beibehaltung des vollständigen Belegflusses übernommen werden.

Bei der Transformation der Daten kommen die Vorteile von SAP OBT durch die zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten, wie beispielsweise prozessuale oder strukturelle Optimierungen, zum Tragen.

Diese sind unter anderem:

  • Umbenennungen (Buchungskreise, Kostenrechnungskreise, Material- oder Personalnummern)
  • Verschmelzungen (Buchungskreise, Kostenrechnungskreise, Kostenstellen oder Profit Center)
  • die Reorganisation oder Konvertierung (Anlagenklassen, Kontenpläne, Kostenstellen, Profit Center, Geschäftsjahr, Debitoren oder Kreditoren)
  • Harmonisierung und Dublettenbereinigung (Debitoren, Kreditoren oder Materialien)

Weitere Anpassungen betreffen etwa die Kostenrechnungskreiswährung, die Ergebnisbereichswährung oder die Einführung einer Parallelwährung.

Kundenspezifische Parametrisierung

In Vorbereitung auf Projekte, in denen das SAP-OBT-Werkzeug eingesetzt werden soll, kommen funktional mächtige Analysewerkzeuge zum Einsatz, die dabei unterstützen, die kundenspezifischen Besonderheiten in deren SAP-Systemen zu verstehen.

So können beispielsweise Abgleiche im Bereich Customizing, Workbench oder den Nummernkreisen auf Knopfdruck durchgeführt werden, um potenzielle Handlungsfelder direkt zu identifizieren. Diese Analysen unterstützen dabei, spezielle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und mit dem Kunden abzustimmen.

Die konkreten Anforderungen und die notwendigen Transformationen werden in Blueprint-Dokumenten zusammengefasst. Einen wesentlichen Vorteil des SAP-OBT-Werkzeuges stellt die minimale Beteiligung der Fachbereiche dar – wenn die existierenden Geschäftsprozesse nicht grundsätzlich verändert werden sollen. Die Blueprint-Dokumente beschreiben dann nur die vereinbarten Datenanpassungen.

Alles andere wird dann eins zu eins zur Datenquelle transformiert. Die Implementierung und kundenspezifische Parametrisierung der OBT-Werkzeuge erfolgt innerhalb kurzer Zeit durch ein Team von erfahrenen Beratern. Erste Transformationen in ein Testsystem können üblicherweise bereits kurz nach Abschluss der Konzeptionsphase stattfinden.

Um einen reibungslosen und qualitätsgeprüften Go-live zu ermöglichen, werden in der Regel mindestens zwei vollständige OBT-Läufe als Test eingeplant. Die bei den Tests gewonnenen Erkenntnisse sichern eine reibungslose Datenumstellung.

Das OBT ermöglicht bei entsprechender Projektplanung eine Near Zero Downtime, auch bei extrem großem Datenvolumen. Neben dieser nahezu uneingeschränkten Geschäftskontinuität ist die Verfügbarkeit sämtlicher historischer Daten ein weiterer Vorteil dieses Werkzeuges.

Typische Szenarien

Das SAP-OBT-Werkzeug lässt vielfältigste Transformationsszenarien zu. Bei folgenden typischen Anwendungen kommen jedoch die Stärken von SAP OBT besonders zum Tragen:

Business Process Optimization, bei der Kontenpläne konzernweit vereinheitlicht und heterogen gewachsene Stamm- oder Steuerungsdaten umfassend bereinigt und überarbeitet werden können.

System Consolidation, um die im Laufe der Zeit gewachsene Anzahl an SAP-Systemen zu konsolidieren und an die aktuellen Anforderungen anzupassen.

Corporate Restructuring innerhalb eines Unternehmensverbunds, bei der ganze organisatorische Einheiten (beispielsweise Werke) in SAP-Systemen gesellschaftsübergreifend umgehangen werden können.

Post Merger Integration unter Nutzung des Company Code Transfers, wodurch sämtliche Daten des erworbenen Unternehmens vom SAP-System des Verkäufers in das bereits genutzte SAP-System des Käufers umziehen und dort ohne zeitliche Unterbrechung weitergearbeitet werden kann.

S/4 Hana or Central Finance Prepara­tion mit dem Ziel, die heutige SAP-Systemlandschaft für die Umstellung auf SAP S/4 Hana vorzubereiten und eine optimierte Struktur für moderne SAP-Anwendungen zu schaffen.

 


 

Vorteile von SAP Object-based Transformation (OBT):

  • OBT-Projekte lassen sich im Vergleich zu klassischen Migrationsprojekten in kürzerer Zeit und mit geringerem Aufwand für die Fachbereiche durchführen.
  • Die vollständige Datenhistorie kann bei Migrationen nur bei Einsatz von SAP OBT übernommen werden. Die Geschäftskontinuität ist durch die Bereitstellung des vollständigen Belegflusses (unabhängig davon, ob geschlossen, angearbeitet oder offen) gewährleistet.
  • Durch die kundenindividuelle Anpassbarkeit der Transformationsregeln bei der Object-based Transformation wird eine nahezu beliebige Optimierung sämtlicher Daten in einem Schritt (!) ermöglicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Reorganisationen, Verschmelzungen, Harmonisierungen, Umbenennungen oder sonstige Anpassungen handelt.
  • OBT ermöglicht eine störungs- und unterbrechungsfreie Transformation und damit selbst bei sehr großem Datenvolumen eine Near Zero Downtime.
  • Soll beispielsweise wiederholt eine große Anzahl unterschiedlicher SAP-Systeme in einem System konsolidiert werden, lässt sich der Einsatz des angepassten OBT-Werkzeuges „industrialisieren“, mit entsprechenden Einsparungen hinsichtlich Kosten sowie Zeit in den Rollouts.

 

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Jochen Knösels, Gambit

Jochen Knösels ist Gesellschafter und Prokurist bei Gambit Consulting.


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