SAP: Mind the Gap


Das verlorene SAP-Alleinstellungsmerkmal
SAP R/3 hatte es, SAP Business Suite 7 hatte es auch, aber S/4 Hana in der Cloud ist ein beliebiges ERP-Produkt ohne Alleinstellungsmerkmal. Die Datenbank Hana ist ein gutes SQL-Produkt mit interessanten Engines für Graphen und Vektoren. Hana ist aber kein Alleinstellungsmerkmal und für SAP-Bestandskunden, die auch andere Datenbanken von IBM, Microsoft oder Oracle betreiben, eine sehr teure Herausforderung.
S/4 soll nun einer Metamorphose unterzogen werden und eine neue SAP Business Suite werden: S/4 ist kein Alleinstellungsmerkmal und die neue SAP-Suite mit geplanten End-to-End-Prozessen ähnelt stark einem Composable-ERP, das sich erfahrene Bestandskunden auch mit anderen IT-Werkzeugen bauen können.
SAP-Geschwindigkeit versus Community-Trägheit
SAP hört seit vielen Jahren nicht auf seine Bestandskunden. CEO Christian Klein sieht nicht das Weh und Wohl seiner SAP-Kunden, sondern nur den Mitbewerb und die Finanzanalysten, nach diesen ist die gesamte SAP-Marktkommunikation ausgerichtet: Lange Zeit war der SAP-Börsenkurs in lichten Höhen. Die Analysten glaubten dem Storytelling von Christian Klein und CFO Dominik Asam.
Ohne Rücksicht auf Verluste bewegte sich SAP sehr schnell in die Cloud und in Richtung KI, als „Surfbrett“ dienten SAP BTP (Business Technology Platform) und BDC (Business Data Cloud). SAP agiert in Sphären, wo kein Partner und Kunde hinreicht – ein Beispiel: SAP beschloss eine Partnerschaft mit Databricks, um die eigene Plattform SAP BDC aufzuwerten. Tatsache aber ist, dass einige SAP-Partner und Bestandskunden die IT-Plattform Databricks bereits seit vielen Jahren einsetzen. SAP ist ein Nachzügler! Statt nun ein perfektes Service der SAP-Community zu liefern, gibt es auch ein halbes Jahr nach der SAP-Databricks-Kooperation für die Partner noch immer kein kostenfreies Testsystem.
Die schnelle Ankündigung einer Kooperation war gut für SAP und den eigenen Aktienkurs. Das passende Service für die SAP-Community lässt auf sich warten. Mind the Gap: Hier geht eine Schere zwischen SAP-Vision und ERP-Wirklichkeit auf.
2025 und SAP Cloud Computing
Während sich fast die ganze Community einig ist, dass dem „Cloud Computing“ die Zukunft gehört, besitzt SAP kein Wissen über die komplexen Entscheidungsprozesse bei den eigenen Bestandskunden. Der Weg in die Cloud braucht nicht nur technische Angebote wie Rise und Grow, sondern auch Compliance und Governance. Für SAP scheinen die betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Randbedingungen nicht relevant zu sein.
Mit Ende dieses Jahres werden viele SAP-Services abgeschaltet. SAP ist der Meinung, dass über das End-of-Life immer rechtzeitig informiert wurde, aber SAP verkennt vollkommen die betriebswirtschaftliche und organisatorische ERP-Realität bei den Anwendern. Mind the Gap: SAP ist damit genötigt, immer wieder seine Pläne zu revidieren, was ein wenig vertrauensvoller Vorgang ist. Aktuell gilt 2033 als „Last Order“ für S/4 Hana – nach 2025, 2027 und 2030.
IT-Plattformen und Composable-ERP
SAP stürmt voran und macht dabei auch vieles richtig. Weil aber die SAP-Geschwindigkeit nicht zur ERP-Realität der SAP-Bestandskunden passt, ergeben sich viele Chancen für Mitbewerber!
SAP Business Technology Platform (BTP) ist ein hinreichend gutes Produkt, aber die Lizenzbedingungen sind für eine Plattform-Economy vollkommen ungeeignet. Viele BTP-Funktionen lassen sich mittels Open-Source oder Drittanbietern wie Boomi lösen.
Ähnliches gilt auch für KI-Agenten und LLMs (Large Language Models): Die Angebote von SAP haben kein Alleinstellungsmerkmal, sie sind teuer und komplex im Betrieb. Ein Ausweichen der Bestandskunden auf Drittanbieter erscheint dann nur logisch. Damit ist es aber nur noch ein kurzer Weg zum Composable-ERP: Salesforce, Workday, Celonis und ServiceNow stehen bereit.
Aktuelle Interviews von CEO Christian Klein geben keinen Hinweis auf Selbstzweifel, Unabwägbarkeiten oder drohende Gefahren. Es gibt nur ein Problem: Die SAP-Bestandskunden folgen immer weniger ihren ERP-Haus- und Hoflieferanten. Die Anwender verstehen SAP nicht und umgekehrt. Mind the Gap – oder wie es ein SAP-Partner gegenüber dem E3-Magazin sagte: „SAP und die Bestandskunden leben in vollkommen unterschiedlichen ERP-Universen.“
 
	

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