SAP GTS – welches Betreibermodell ist das richtige?
Sanktionslisten, Präferenzabkommen, Dual-Use-Güter: Die Bestimmungen des Zoll- und Außenhandelsrechts sind komplex. Die Gefahr ist groß, ungewollt und unbemerkt dagegen zu verstoßen – und sich hohe Bußgelder einzuhandeln oder zollrechtliche Vereinfachungen aufs Spiel zu setzen. Unternehmen sind also gut beraten, ein Exportkontrollsystem aufzubauen.
Die Aufgaben umfassen unter anderem die Prüfung von Sanktions- und Embargolisten und den Aufbau entsprechender Kontrollstrukturen. Je nach Größe des Unternehmens und Anzahl der Import- und Exportaktivitäten stellt das Firmen mitunter vor große Herausforderungen. Mit der digitalen Zoll- und Außenhandelssoftware SAP GTS lassen sich wichtige Prozesse automatisieren.
Die Einführung bleibt jedoch ein komplexes Unterfangen. Denn zunächst muss identifiziert werden, welche Funktionen und Umfänge die GTS-Lizenz abdecken muss. Dabei sollten auch künftige Anforderungen im Blick behalten werden. Dann stellt sich die Frage, ob das System auf eigenen Servern oder in einem externen Rechenzentrum gehostet werden soll. Im Falle des Eigenbetriebs ist zu klären, ob die bestehenden Server über die entsprechenden Leistungsparameter verfügen, damit alle Prozesse stabil laufen. Weitere Herausforderungen liegen im Schnittstellenmanagement und in der Schulung der jeweiligen Anwender.
Zudem basieren die Prozesse auf Daten, die sich im Zoll und Außenhandel schnell ändern. So müssen zum Beispiel Zolltarife, Drittlandszollsätze, offizielle Sanktionslisten oder Präferenzregeln regelmäßig über Datenprovider beschafft und im System eingepflegt werden. Um Produkte eindeutig für Import und Export identifizierbar zu machen, müssen sie mit statistischen Warennummern klassifiziert werden, was entsprechendes Know-how erfordert. Und nicht zuletzt werden eine Kommunikationsverbindung zum Zoll und ein Konverter benötigt, um die im Zollsystem erzeugten Dokumente in die entsprechende Zollsprache zu übersetzen.
Aufgrund der Komplexität der Aufgaben ist es daher ratsam, sich gründlich mit den unterschiedlichen Betreibermodellen für GTS auseinanderzusetzen – und gegebenenfalls einen externen Dienstleister hinzuzuziehen, der bei Hosting und Betrieb der Software unterstützt und bei Fragen zur Verfügung steht.
On-premises
Selbstbetrieb mit voller Kontrolle über das System: Das Unternehmen nutzt SAP GTS on-premises, also mit der eigenen IT-Infrastruktur, und kümmert sich auch um das Management der Lizenzen. Damit hat es die volle Kontrolle über das System. Es kann Daten lokal speichern und hat die gesamte IT-Infrastruktur in den eigenen Händen. Der On-premises-Betrieb verursacht jedoch erheblichen Aufwand.
Es muss geprüft werden, ob die IT-Infrastruktur alle Anforderungen für GTS erfüllt. Auch die Datensicherheit liegt in der eigenen Verantwortung. Installation und Betrieb erfordern Investitionen in Hardware, Lizenzen und Wartung. Das Lizenzmanagement beansprucht Zeit, denn jeder Nutzer benötigt eine solche Lizenz. Auch erfolgen Updates nicht automatisch. Das Unternehmen muss den Datencontent selbst pflegen und Sanktions- und Embargolisten kontinuierlich im System aktualisieren.
Der On-premises-Betrieb bindet Ressourcen in der eigenen IT-Abteilung und darüber hinaus. Die dafür erforderlichen Experten, zum Beispiel Zoll- und Außenhandelsfachkräfte oder SAP-Experten, sind schwer zu bekommen und dementsprechend teuer. Das stellt besonders kleine und mittlere Unternehmen vor Probleme. Zudem entsteht durch die unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen schnell eine Vielzahl an Verträgen mit externen Anbietern und Dienstleistern, zum Beispiel für den Hardware-Einkauf, die Implementierung des Systems, für die zollrechtliche und -fachliche Beratung oder die Pflege des Datencontents.
Bring your own license
Eigene Lizenz, externes Rechenzentrum: Bei dieser Variante stellt das Unternehmen die GTS-Lizenz, bezahlt für den Betrieb jedoch einen Dienstleister, der je nach Vertrag unterschiedliche Services erbringt – zum Beispiel die Pflege des Datencontents oder die Anbindung an die Zollsysteme. Der Kunde zahlt dafür eine monatliche Basisgebühr plus weitere Gebühren für erbrachte Leistungen. Für den Betrieb der Software gibt es dann zwei verschiedene Varianten: Entweder läuft sie in einem unternehmenseigenen Rechenzentrum oder in einem Datacenter eines externen Anbieters.
Mit einem externen Rechenzentrum bindet man sich an einen Anbieter und ist dadurch ein Stück weit abhängig. Dafür bietet es in der Regel maximale Sicherheit sowie höchste Performance und Verfügbarkeit. Die eigene IT-Abteilung wird entlastet und kann sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Zudem lassen sich die benötigten Ressourcen im externen Rechenzentrum meist flexibel skalieren. Insgesamt bietet der externe Betrieb langfristig Kostenvorteile.
On-demand
Nur zahlen, was man nutzt: Bei diesem Software-as-a-Service-Modell bezieht das Unternehmen Software und Lizenz in einem Gesamtpaket von einem externen Anbieter. Das Unternehmen kann alle Funktionen und Prozesse von GTS nutzen, aber auch einzelne oder mehrere auswählen und so den Umfang an seine Anforderungen anpassen. Dieses Modell gewährt dem Nutzer volle Kostenkontrolle.
Ein Vorteil gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die GTS nur punktuell benötigen. Sie zahlen eine einmalige Gebühr für die Einrichtung des Systems, einen monatlichen Basisbetrag, der die Kosten für den Systembetrieb, die Pflege des Datencontents und die Kosten für die EDI-Anbindung, also für den elektronischen Datenaustausch, abdeckt. Ansonsten bezahlt der Kunde nur noch nutzungsabhängige Gebühren, je nach Anzahl der tatsächlich durchgeführten Transaktionen, zum Beispiel der getätigten Exportanmeldungen. Diese werden je nach Anbieter in Paketen mit unterschiedlichem Umfang gestaffelt und beinhalten die anteiligen Lizenzgebühren.
Diese Konditionen werden möglich, weil der Anbieter mehrere Kunden auf einer gemeinsamen Systemlandschaft anlegt. Diese werden technisch voneinander getrennt, sodass alle Daten geschützt sind und nicht von anderen eingesehen werden können. Dies wird durch einen VPN-Tunnel zwischen dem Kunden- und dem On-Demand-System realisiert.
Partner Managed Cloud
Individuell bei niedrigen Gesamtkosten: Dieses Modell ist dem On-Demand-Modell sehr ähnlich und ermöglicht ebenfalls eine nutzungsabhängige Bezahlung bei niedrigen Gesamtbetriebskosten. Das Unternehmen bezieht die Lizenz bei einem externen Dienstleister, der auch die Software hostet. Dabei wird nur ein Kunde auf einem System betrieben.
Das Nutzungsrecht orientiert sich am Standard-Lizenzmodell von SAP, sodass sich der Kunde für einen oder mehrere SAP-GTS-Prozesse entscheiden kann, zum Beispiel Exportkontrolle und elektronische Exportzollanmeldung, Importmanagement oder die Verwaltung von Handelspräferenzen. Auch bei diesem Modell behält der Kunde die volle Kostenkontrolle und kann den Softwareumfang nach seinen Bedürfnissen ausrichten.
Ähnlich wie beim On-Demand-Modell zahlt er eine einmalige Gebühr für die Implementierung des Systems, einen monatlichen Basisbetrag für den Systembetrieb, die Pflege des Datencontents und die Kosten für die EDI-Anbindung. Dieser beinhaltet bereits alle genutzten Transaktionen. Dies bietet vor allem für Unternehmen mit vielen Transaktionen Vorteile.
SaaS-Modelle wie die Partner Managed Cloud und das On-Demand-Modell haben zudem den Vorteil, dass hohe Investitionsausgaben (CapEX) vermieden werden. An ihre Stelle rücken Betriebsausgaben (OpEX), das Einsparpotenzial liegt bei bis zu 50 Prozent.
Zollrechtliche Beratung
Neben dem Support bei Implementierung und Betrieb von SAP GTS lohnt es sich zudem häufig, sich in zollrechtlichen und -fachlichen Fragen beraten zu lassen, sofern diese Kompetenz nicht im eigenen Hause vorliegt. Dafür bieten Beratungsunternehmen wie PwC schon seit Jahren entsprechende Dienstleistungen an. Wie bei den unterschiedlichen Betreibermodellen empfiehlt es sich, dabei auf die angebotenen Service Level Agreements zu achten und diese passend zu den eigenen Bedürfnissen auszuwählen.