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SAP BW – ein Relikt aus der Vergangenheit?

Schon 2009, also bereits ein Jahr vor dem ersten Release von Hana, publizierte SAP-Mitbegründer Hasso Plattner das richtungsweisende White Paper „A Common Database Approach for OLTP and OLAP Using an In-Memory Column Database“. In ihm stellt er die lange Jahre praktizierte Trennung von OLTP- und OLAP-Anwendungen infrage. Seine Theorie besagt, dass eine ausschließlich im Arbeitsspeicher…
Steve Blum, Camelot ITLab
1. Oktober 2016
[shutterstock.com:574721830, Aha-Soft]
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Schon 2009, also bereits ein Jahr vor dem ersten Release von Hana, publizierte SAP-Mitbegründer Hasso Plattner das richtungsweisende White Paper „A Common Database Approach for OLTP and OLAP Using an In-Memory Column Database“.

In ihm stellt er die lange Jahre praktizierte Trennung von OLTP- und OLAP-Anwendungen infrage. Seine Theorie besagt, dass eine ausschließlich im Arbeitsspeicher arbeitende, spaltenbasierte Datenbank sowohl von transaktionalen als auch von analytischen Anwendungen gleichzeitig genutzt werden könnte.

Als SAP Hana 2010 angekündigt wurde, war diese Vereinigung folgerichtig ein definiertes Ziel auf jeder SAP Hana Roadmap. Gleichzeitig treibt SAP die Analyse von Daten direkt auf den transaktionalen Systemen voran (das sogenannte Operational Reporting).

Mit Operational Reporting hat SAP die Möglichkeit geschaffen, Daten auszuwerten, ohne sie vorher in ein BW-System übertragen zu müssen. Dies entlastet das BW-System und schafft die Möglichkeit, Realtime-Analysen durchzuführen.

Jedem Business-Suite-on-­Hana-Kunden steht hierfür Hana Live kostenlos zur Verfügung, welches ein Hana-optimiertes Operational Reporting in der Business Suite ermöglicht.

Hana Live ist eine Kombination aus einem virtuellen Datenmodell basierend auf den SAP Standardtabellen sowie einem User Interface für dessen Auswertung.

Auch S/4 Hana enthält eine entsprechende Lösung, wenn auch mit anderem technischen Unterbau. Das virtuelle Datenmodell von „Embedded Analytics“ setzt anders als in Hana Live nicht auf der Datenbankebene auf, sondern wird auf dem Applikationsserver erstellt und verwaltet.

Damit entfällt die aufwändige Doppelpflege der Berechtigungen in Datenbank und Applikationsserver. Doch selbst wenn ein S/4-Hana-System zunehmend die Funktionalitäten vormals separater Module in sich vereint, wird auch in absehbarer Zeit Embedded Analytics allein nicht die Reporting-Ansprüche eines Unternehmens erfüllen können.

Es fehlt ein Data Warehouse, welches Daten weiterer Systeme einbindet und harmonisiert. Ein BW wird also nach wie vor benötigt.

BW und S/4

Eine Systemlandschaft mit S/4 Hana  und SAP BW kann unterschiedlich aufgesetzt werden.

Die einzelnen Varianten unterscheiden sich insbesondere in der Extraktion von Daten in das BW und im Administrationsaufwand.

Die folgenden drei Szenarien sind möglich.

1: Klassischer Ansatz: BW und S/4

Nach wie vor kann ein BW-System in einer S/4-Landschaft vollständig separat betrieben werden.

Durch die Einführung eines S/4-Hana-Systems sind dennoch umfangreiche Änderungen in der Modellierung notwendig: Über die aus der Business Suite bekannten Extraktoren für BW verfügt S/4 Hana zurzeit noch nicht (Stand: S/4 Hana 1511).

Stattdessen ist ein direkter Zugriff auf die Tabellen auf Datenbankebene notwendig. Dies kann erreicht werden, indem die Daten zwischen S/4 Hana und der BW-­Datenbank regelmäßig synchronisiert werden. Dieses Vorgehen ist allerdings aufwändig und führt oftmals zu veralteten Daten im BW.

Wird ein BW-on-Hana-System verwendet, kann stattdessen die Hana-Funktionalität Smart Data Access (SDA) verwendet werden.

SDA unterstützt den Zugriff auf unterschiedliche Datenbanken, aber auch auf weitere Hana-Instanzen. Hierfür wird eine virtuelle Tabelle erstellt, die ohne Persistierung lesende und schreibende Zugriffe an die Zieldatenbank weiterleitet.

Im BW können virtuelle Tabellen zum Beispiel durch Open ODS Views weiterverwendet werden.

2: Betrieb auf gemeinsamer Datenbank: MDC

Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von separaten Applikationsservern unter Benutzung derselben Datenbank in einem Multitenant-Database-Con­tainer-(MDC-)Szenario.

Bereits seit Service Pack Stack 09 ist Hana in der Lage, mehrere Client-Datenbanken (Tenants) zu betreiben. Mittlerweile wird dadurch der parallele Betrieb mehrerer SAP-Applikationen auf derselben Datenbankinstanz offiziell unterstützt.

Detaillierte Informationen zu diesem Szenario können in der SAP Note 2096000 nachgelesen werden. Eine Whitelist weiterer durch MDC kombinierbarer Anwendungen befindet sich in SAP Note 1661202.

Auch bei Verwendung des MDC-Konzeptes ist eine Übertragung von Daten von S/4 Hana und BW auf Datenbank­ebene notwendig. Dafür empfiehlt SAP die Verwendung des bereits erklärten Hana SDA (Smart Data Access).

Hier muss allerdings für die Datenübertragung unnötiger Aufwand betrieben werden, da SDA für die Kommunikation mit unterschiedlichen Datenbanken auf anderen Servern ausgelegt ist.

Statt also alle Daten des anderen Tenants innerhalb der Hana-Instanz zu lesen, baut SDA eine neue Datenbankverbindung auf und überträgt die Daten über den Netzwerkstack des Betriebssystems.

Da eine Multitenant-Hana-Datenbank aber durchaus die Datenübertragung direkt zwischen den einzelnen Tenants unterstützt, ist es wahrscheinlich, dass SAP hier in einem ihrer zukünftigen Releases eine native Funktionalität zur Einbindung von Daten anderer Hana-Tenants in BW liefern wird.

In beiden Fällen ist die Extraktion der Daten aus S/4 Hana schneller als in einer klassischen Systemlandschaft, da die Netzwerkkommunikation zwischen mehreren Servern entfällt.

Integrationsszenario

3: Gemeinsamer Betrieb: Embedded BW

Wie schon in der Business Suite seit der NetWeaver-Version 7 ist ein „embedded BW“ in S/4 Hana enthalten. Dies beinhaltet dieselben Transaktionen und Funktionen wie ein separates BW, läuft allerdings auf demselben Applikationsserver.

Üblicherweise erfolgt die Verwendung auf einem separaten Client. SAP empfiehlt jedoch zurzeit, das embedded BW ausschließlich für operatives Reporting zu nutzen.

Eine Einbindung und Verarbeitung von Daten aus Fremdsystemen wie in einem klassischen BW ist dennoch möglich.

Die Verwendung eines embedded BW für unternehmensweites Reporting ist bisher ein unübliches Szenario, denn es ergeben sich neue Herausforderungen im Bereich der Administration und Systemauslastung.

Während Hana spätestens seit der Einführung des MDC-Konzeptes gezielt für den parallelen Betrieb mehrerer Anwendungen ausgelegt ist, gibt es noch wenige Erfahrungen, wie die Hardware eines Applikationsservers dimensioniert sein müsste, der sowohl analytische als auch transaktionale Prozesse ausführt.

Zudem ist die maximale Größe eines S/4-Hana-Systems beschränkt, da Scale-Out-Szenarien, also die Erweiterung der Datenbankgröße durch weitere Server, für S/4 Hana noch nicht freigegeben sind.

Beachtet werden muss auch, dass ein Update des NetWeaver oder der Datenbank stets beide Komponenten betrifft. In der Folge erhöhen sich die Downtime sowie der Aufwand für Vor- und Nacharbeiten.

Das integrierte BW wird bereits vom S/4-Hana-Standard genutzt. Hier wird unter anderem ein Reporting auf Hana Views ermöglicht, die insbesondere im Finanzbereich von S/4 Hana Verwendung finden.

Fazit

Für ein unternehmensweites Reporting über mehrere Systeme ist nach wie vor auch mit S/4 Hana ein BW-System notwendig.

Bei der Migration aus einer bestehenden SAP-Business-Suite-Installation ist zu beachten, dass sich die Extraktion von Daten in das BW grundlegend ändert.

Da S/4 Hana zurzeit noch keine Extraktoren für SAP BW zur Verfügung stellt, müssen Daten auf Datenbankebene übertragen werden. Die Verwendung des embedded BW erscheint für S/4-Hana-Kunden daher eine interessante Lösung zu sein.

Jedoch erschwert das Szenario die Administration des gemeinsamen Applikationsservers erheblich. Darüber hinaus ist die maximale Größe einer S/4-Hana-Installation, Stand heute, noch begrenzt.

Implementiert man ein MDC-Szenario, wird durch den Wegfall der Datenübertragung über das Netzwerk zwar die Geschwindigkeit der Extraktion in das BW erhöht, es fehlt aber dennoch eine native Funktionalität zur Datenübertragung zwischen den Hana-Tenants im BW.

Im Gegensatz zur Applikation werden diese zusammen administriert und gestalten damit den Betrieb dieser Variante komplizierter, die aber dennoch einen sinnvollen Kompromiss aus den anderen beiden Lösungen darstellt.

Es bleibt abzuwarten, wie SAP diese Szenarien in Zukunft weiterentwickelt und ob Kunden verstärkt auf das Operational Reporting und damit auf ein embedded BW für unternehmensweites Reporting setzen werden.

(Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Die BW-Viertel-Roadmap im Szene-Teil, auf Seite 10)

https://e3mag.com/partners/camelot-itlab-gmbh/

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Steve Blum, Camelot ITLab

Steve Blum ist Consultant bei Camelot ITLab


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