S/4-Conversion: On-prem, Hybrid, Private oder Public Cloud
SAP-Anwender sind beunruhigt: Der Walldorfer Softwareriese kündigte im Sommer 2023 an, Innovationen wie den Einsatz von künstlicher Intelligenz in S/4 nur noch in seinen Cloud-Lösungen zu unterstützen. Und obwohl SAP selbst weiterhin eine On-prem-Version anbietet.
Dadurch entsteht allerdings ein Kosten- und Aufwandsdilemma: Durch die Einschränkung auf cloudbasierte Innovationen, wie KI in S/4 Hana, stehen Unternehmen, die SAP on-prem betreiben, vor dem Problem, wichtige technologische Fortschritte zu verpassen. Gleichzeitig ist die Entscheidung, on-prem zu bleiben, zwar aus Kontroll- und Sicherheitsgründen bevorzugt, führt jedoch möglicherweise zu erhöhten Betriebskosten und mangelnder Flexibilität im Vergleich zu Cloud-Lösungen. Die Kosten und der organisatorische Aufwand, der mit dem Wechsel in die Cloud verbunden ist, sind ebenso erheblich, bieten aber langfristig Vorteile wie Skalierbarkeit und Kosteneffizienz. Außerdem ist die Integration bestehender Systeme und Prozesse in die Cloud eine wesentliche Variable, die es zu beachten gilt.
Unternehmen stehen also vor einem klaren Dilemma: Welchen Weg sollen sie gehen – setzen sie auf geringere Betriebskosten und eine Cloud-Lösung, die mit einem hohen Integrationsaufwand einhergeht? Oder behalten sie die Kontrolle durch On-prem und setzen zwar auf eine eigenverantwortliche Sicherheit, aber die Betriebskosten sind um ein Vielfaches höher? Es ist aber zu erwarten, dass viele Unternehmen SAP vorerst weiterhin selbst on-prem betreiben werden. On-prem ist in einigen Branchen aus Sicherheitsgründen eine häufig gewählte Option, zum Beispiel in der Finanz- und Versicherungsbranche. Also wie sollen sich Unternehmen entscheiden? Was gibt es zu beachten?
On-prem bleibt stark
Bei SAP stehen alle Zeichen auf Cloud. Auch ein Großunternehmen kann sich dem allgemeinen Trend nicht entziehen. Aus der Sicht eines Softwareanbieters ist das SaaS-Betriebsmodell attraktiv, sowohl als öffentliche als auch als private Cloud. Es ist einfacher, effizienter und kostengünstiger, die Standard-Codebasis ist leichter zu pflegen und die Begrenzung der Anpassungen auf Kundenseite senkt die Kosten für den Betrieb der Lösung. Darüber hinaus werden Eingriffe Dritter vermieden, und die Kosten für den Betrieb der Lösung sind für den Kunden besser zu bewältigen.
SAP setzt auf genau diese Strategie: S/4 Cloud ist zwar bis zu einem gewissen Grad individualisierbar, hat aber deutlich weniger Möglichkeiten als die On-prem-Version. Unternehmen mit komplexen oder gar hochgradig individualisierten Geschäftsprozessen benötigen eine flexible Lösung, die individuell angepasst werden kann. Dies gilt beispielsweise für große Unternehmen der Pharmabranche oder für große Fertigungsunternehmen, deren interne Prozesse bereits gut etabliert sind und nicht verändert werden müssen. Ein On-prem-ERP-System bietet nach wie vor bessere Anpassungsmöglichkeiten und kann entsprechend den individuellen Unternehmensanforderungen umgestaltet und verändert werden. Die vollständige Kontrolle über das gesamte ERP-System hat aber auch ihre Schattenseiten – die alleinige Verantwortung für die Systemleistung und -sicherheit liegt in den Händen des Unternehmens.
Regelmäßige Wartung und Updates sind unerlässlich, um Software und Hardware auf dem neuesten Stand zu halten. Darüber hinaus ist die Schulung der Mitarbeiter in Cybersicherheitspraktiken wichtig, um menschliche Fehler zu minimieren. Außerdem sollten regelmäßige Sicherheitsaudits durchgeführt werden, um Schwachstellen zu ermitteln, und es können externe Experten für unabhängige Bewertungen hinzugezogen werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Umsetzung von Plänen zur Datensicherung und Notfallwiederherstellung, um im Falle eines Ausfalls oder Angriffs reagieren zu können.
Trotz des Aufstiegs der Cloud werden Softwareanbieter wie SAP auf absehbare Zeit noch viele Unternehmen mit On-prem-Support versorgen müssen. Diese Kunden haben oft eine gewisse Grundskepsis gegenüber der Cloud. Diese spiegelt sich in dem Argument wider, sie sei unsicher, weil die Daten „im Internet“ liegen. Diese Sichtweise berücksichtigt jedoch nicht die Tatsache, dass die Cyber-sicherheit ein hochkomplexes Gebiet ist. Selbst die sichersten Systeme können leicht überwunden werden, wenn die Benutzer die Sicherheitsmechanismen unbewusst umgehen. Probleme wie Social Engineering oder ein schlecht durchdachtes Zugriffsmanagement sind ebenfalls Angriffspunkte für die On-prem-Lösung.
Security: Cloud und On-prem
Der kürzlich veröffentlichte Lagebericht des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zeigt deutlich, dass sich die Bedrohungslage stetig verschlechtert und Cyberkriminelle immer geschickter und raffinierter in ihren Angriffen werden. Cloud-Anbieter verfügen über erfahrene Expertenteams für Infrastruktur und Serversicherheit. Die Wahl der lokalen S/4-Option erfordert dagegen qualifizierte interne Sicherheitsexperten und oft zusätzliche Sicherheitssoftware, was zu einem ohnehin schon kostspieligen Ansatz noch erhebliche Kosten hinzufügt.
Hinzu kommt, dass Cloud-Anwendungen, die auf dem SaaS-Modell basieren, für die Nutzer grundlegend einfacher zu bedienen sind. Sie müssen sich nicht um die Installation, Konfiguration, den Betrieb und die Wartung ihrer Anwendungen kümmern. Allerdings gilt hier das Prinzip der geteilten Verantwortung: Der Anbieter betreibt und schützt seine eigenen Systeme, während das Anwenderunternehmen für die Umsetzung der -Sicherheitsmaßnahmen in den Anwendungen verantwortlich ist.
Ein weiterer klarer Vorteil der Cloud ist die Compliance: Die Provider und vor allem die Hyperscaler verfügen über alle gängigen Sicherheitszertifizierungen. Dies gilt nicht nur für das Informations- sicherheitsmanagement nach ISO 27001, sondern auch für spezifische Branchenstandards wie TISAX (Automobilindustrie) oder HIPAA (Gesundheitswesen) sowie regionale Anforderungen wie FIPS der US-Bundesregierung. So können Unternehmen leicht nachweisen, dass ihre IT den Best Practices der jeweiligen Zertifizierungen entspricht.
Es gibt jedoch auch Vorteile für die Einhaltung von Vorschriften bei On-premises: Ein wesentlicher Vorteil ist die vollständige Kontrolle und Anpassbarkeit der Compliance-Maßnahmen. Unternehmen können ihre Systeme speziell an die Anforderungen ihrer Branche und Region anpassen, was bei Cloud-Lösungen nicht immer in gleichem Maße möglich ist. Dies ist besonders relevant für Branchen mit sehr spezifischen Sicherheitsstandards oder für Regionen mit strengen Datenschutzgesetzen. On-prem bietet auch eine größere Datensouveränität. Da alle Daten im Unternehmen verbleiben, können Unternehmen sicherstellen, dass sie die regionalen Datenschutzbestimmungen, wie zum Beispiel die DSGVO, vollständig einhalten. Dies kann bei Cloud-Lösungen komplizierter sein, da die Daten auf Servern in verschiedenen Ländern gespeichert sein können.
Integration von Cloud- und lokalen Apps
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Entscheidung zwischen On-prem und Cloud zu berücksichtigen ist, ist die Integration von S/4 Hana in die verschiedenen Systeme eines Unternehmens.
Besonders einfach ist die Integration bei reinen Cloud-Ansätzen. Diese sind jedoch selten und eher bei Start-ups und jungen Technologieunternehmen anzutreffen. Die meisten anderen Unternehmen wählen zwangsläufig einen hybriden IT-Ansatz, um schwer ersetzbare On-premises-Lösungen weiter zu nutzen. Außerdem kommt kein Unternehmen ganz ohne die Cloud aus. Einige Arten von Anwendungen sind vor allem in der Cloud verfügbar, etwa moderne CRM-Lösungen oder KI-Tools.
Wer eine einfache Integration wünscht, ersetzt nach und nach alle Geschäftsanwendungen durch die entsprechenden Cloud-Varianten. Wer jedoch seine stabilen On-prem-Anwendungen auf absehbare Zeit weiter nutzen will, ohne auf modernere Cloud-Lösungen zu verzichten, braucht eine spezialisierte Integrationsplattform (iPaaS), die eine Vielzahl anbieterunabhängiger Konnektoren für alle Geschäftsanwendungen bietet.
On-prem bleibt bei SAP-Bestandskunden wichtig
Die Vorteile der Cloud kann eigentlich niemand mehr bestreiten. Die Skalierung nach oben oder unten ist einfacher, schneller und kostengünstiger. Sich ändernde Unternehmensanforderungen können schnell und kostengünstig umgesetzt werden. On-prem-Anwendungen hingegen erlauben eine bessere Kontrolle über den Betrieb der Anwendungen, die Speicherorte und die Datenflüsse. Zudem ist es möglich, durch Anpassungen und Eigenentwicklungen stark individualisierte Geschäftsmodelle zu unterstützen. Die politische Entscheidung der SAP, Innovationen primär in der Cloud anzubieten, entspricht dem allgemeinen Trend, dass aktuelle Technologien fast ausschließlich als Cloud-Service angeboten werden. Das bedeutet aber nicht, dass S/4-Anwender bei der Entwicklung auf der Strecke bleiben. Durch die Nutzung von iPaaS können sie innovative Cloud-Services in ihre Anwendungslandschaft integrieren und sind nicht von den Entscheidungen der SAP abhängig – Markenunabhängigkeit sorgt für Wahlfreiheit.
3 Kommentare
Braukmüller, Christian
Auch wenn einige sehr valide Punkte angesprochen werden, so bleibt die Aussagekraft des Artikels leider zu viel vage und unscharf.
Warum ist das so?
Wenn die Überschrift noch korrekt zwischen Private Cloud und Public Cloud bei S/4HANA unterscheidet, so fehlt dies in den Darstellungen völlig.
Nur dem kundigen Leser hat aus dem Kontext heraus klar, dass beim Schildern von Vorzügen der „ S/4HANA Cloud“ wohl immer die PublicEdition gemeint ist.
Der kundige Leser wird entsprechend bemerken, dass es nicht um SAP RISE (also die Private Cloud) geht wenn es um die Vorteile geht.
Diese Differenzierung erfolgt aber nicht, es ist wird einfach alles als „S/4 HANA Cloud“ bezeichnet.
Es bleibt mir unklar warum dies so bewusst schwammig ist, wohin gegen die Vorteile und Aspekte so scheinbar scharf benannt werden.. und eine Zuordnung dann doch offen bleibt.
Fred
There is a hybrid model that you don’t really discuss. Many SAP customers are running their SAP environment’s on cloud hyper scalers using their on-prem licenses. customer gets to keep full control and get the benefits that the cloud provides
Laura Cepeda
Hello Fred,
Thank you for your comment! Adrian Trickett touches briefly on hybrid solutions when he says,
“Most other companies inevitably choose a hybrid IT approach to continue using on-prem solutions that are difficult to replace. Moreover, no company can completely avoid the cloud. Some types of applications are primarily available in the cloud, such as advanced CRM solutions or AI tools.
Those who value easy integration are gradually replacing all business applications with their cloud variants. However, if you want to keep your stable on-prem applications for the foreseeable future without giving up on more modern cloud solutions, you need a specialized integration platform (iPaaS) that offers a variety of vendor-independent connectors for all business applications.”
However, if you are interested in learning more about hybrid cloud options, we offer a plethora of articles on the subject. I have included a few below, but feel free to peruse our website and stay tuned for more articles on hybrid cloud:
https://e3mag.com/en/composable-and-hybrid/
https://e3mag.com/en/hybrid-clouds-with-business-added-value/
https://e3mag.com/en/hybrid-cloud-scenarios-in-sap-context/
https://e3mag.com/en/hybrid-agile-and-resilient-sap-data-management/
As I mentioned, we have many more articles on the subject; these are simply some of the first I found that are a bit more general.