Prozesse, Chancen und Risiken
Prozessorientierung hat auch immer mit der Denkrichtung zu tun. Nach außen mit Blick auf die Kunden und Interessengruppen, nach innen auf das Zusammenspiel von Strategie, Struktur und Organisationskultur. Es kommt wie in allen Themen, zu denen es keine universell geteilten Bedeutungen gibt, zunächst auf ein geteiltes Verständnis an. Im Zusammenhang mit Organisationsveränderungen geht es um die Frage, wie im konkreten Fall eine wirksame Veränderung herbeigeführt werden kann. Prozesse werden mit dem Zielbild eines wirtschaftlichen Kundenfokus dann lebendig und wirksam, wenn die Verantwortlichkeiten für die Durchführung von Aktivitäten und die Steuerung der Prozesse definiert und von allen Beteiligten gelebt werden.
Die praktische Umsetzung kann unterschiedlich breit (über viele Prozesse) oder tief (bezogen auf die wirksame Umsetzung aller Anforderungen) sein. Je weiter das Prozessmodell des Unternehmens ausgebaut ist und je besser die Prozesse inklusive der Führungsprozesse gelebt werden, umso mehr Potenziale der Prozessorientierung sind erschließbar. Gerade der Führungsprozess „Prozess managen“ entfaltet mit steigendem Reifegrad das Potenzial, im Unternehmen tatsächlich über Prozesse zu führen und zu steuern. Und je weiter die Prozessorientierung entwickelt ist, desto anspruchsvollere Herausforderungen der Informationsvernetzung und Digitalisierung können gemeistert werden. In vier typischen Stufen lassen sich die Potenziale der Organisation erschließen und auf der Plattform einer BPM-Suite das „Operating System“ für die Strategieumsetzung, ein digitalisiertes Organisations- und Prozessmanagement sowie die prozessorientierte Digitalisierung bauen.
Prozesse etablieren
Wie kann ein gemeinsames Prozessmanagement und Verständnis erzeugt werden? Mit der Erfassung der Aufbaustrukturen und der Modellierung von Prozessen ist es nicht getan. Eine gute BPM-Lösung muss die Mitarbeitenden beim Mitdenken und in der Zusammenarbeit unterstützen. Das macht jede und jeden in der täglichen Arbeit erfolgreich und motiviert. Weil jede Leistung für die Kunden immer über Prozesse, Technologien und Menschen erbracht wird, müssen die Prozesse mit klaren Verantwortlichkeiten über Abteilungs-, Hierarchiegrenzen und häufig sogar über die Unternehmensgrenzen hinweg bis zum Kunden gedacht, umgesetzt und gesteuert werden.
Zunächst wird mit dem jeweiligen Management- und Projektteam ein unternehmensspezifisches Zielbild erarbeitet. Im nächsten Schritt ist ein Vorgehen inklusive der notwendigen BPM-Governance zu entwickeln. Das ist ein wichtiger Startpunkt für eine wirksame Priorisierung und Umsetzung der Prozesse. Dann wird Prozess für Prozess mit klaren Zielen modelliert, abgestimmt, freigegeben, eingeführt und so Wissen geteilt. In dieser Stufe erreicht man über eine Beteiligung der Mitarbeitenden abgestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten in Prozessen und schafft damit die zentrale Voraussetzung für ein wirksames Prozessmanagement und jede Normeinhaltung. Die Einbindung der Mitarbeitenden ermöglicht zudem die „Umwandlung“ von implizitem Wissen in explizit für alle verfügbare Informationen.
Prozesse optimieren und leben
Die Prozesse sollen so, wie sie definiert wurden, auch tagtäglich in der Praxis gelebt werden. Das heißt, alle ausführenden Rollen arbeiten produktiv zusammen, erleben die Vorteile einer abgestimmten Dokumentation für Einarbeitung oder Vertretung und bringen sich in die weitere Verbesserung ein. Dies gilt auch für die führenden Rollen, die ihre definierten Aufgaben wahrnehmen: Prozesse einführen, Prozess-ausführung unterstützen, Prozessleistung analysieren und verbessern und Prozesse steuern. Das tägliche Zusammenspiel und die Kommunikation der Führungskräfte in den Rollen „Prozessverantwortlicher“ und „Linienverantwortlicher“ ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine lebendige Optimierung und Harmonisierung der Prozesse.
Ohne die Unterstützung durch eine gute BPM-Software kann all dies nicht gelingen. Eine State-of-the-Art-BPM-Suite bietet zielgruppenspezifische Sichten und Auswertungen, dynamische Visualisierungen komplexer Zusammenhänge, die Steuerung über Key Performance Indicators (KPI), Prozessanalysen sowie ein umfassendes Variantenmanagement und das Ideenmanagement für eine kontinuierliche Bewertung und Umsetzung von Verbesserungen. Es entsteht ein digitales Unternehmensprozessmodell, in dem ausgehend von der Prozesslandkarte alle wesentlichen Prozesse mitsamt den Aufgaben mit den jeweiligen Verantwortlichkeiten, Dokumenten etc. steuerbar werden. Über dieses „digitale Spiegelbild“ lassen sich relevante Prozesse auch direkt aus dem BPMN-Diagramm automatisieren. So gewinnen die Verantwortlichen Zeit für das Wesentliche. Denn insbesondere die Routine-Arbeiten kann man mit abgestimmten Prozessen und daraus direkt abgeleiteter IT-Unterstützung massiv erleichtern. Der Kunde sieht, wie er mit einer in die BPM-Suite integrierten Automatisierungskomponente und Process Engine die Prozesse zum Leben erweckt, ohne dass er dazu IT-Spezialisten benötigt.
Mehr noch: Mit gelebten Prozessen, Transparenz und personalisierten Informationen rund um die Prozesse entsteht bei allen Mitarbeitenden Motivation und Spaß, und zwar durch klare Verantwortlichkeiten, Sinn der eigenen Aktivitäten und Entlastungen.
Prozesse, Chancen und Risiken
Ob prozessorientiertes integriertes Managementsystem für ISO 9001 (Qualitätsmanagement) und weitere Normen oder Governance- Risk- und Compliancemanagement (GRC), die Fragestellungen sind identisch. Am Ende geht es darum, angemessene interne Vorgaben und externe Regelwerke wirksam umzusetzen, dabei Chancen zu nutzen und mit Risiken angemessen umzugehen. Auf oberster Ebene geht es um Organisationsverschulden und persönliche Haftung. Damit muss aber für die Verantwortlichen und auch alle Ausführenden klar sein, was im aktuellen Arbeitszusammenhang zu beachten und konkret zu tun ist. Abgestimmte, umsetzbare und geschulte Prozesse sind dafür eine fundamentale Basis.
Zusätzlich verknüpfte Checklisten, Workflows, Gesetzes-/Norm-Texte etc. und aktive Änderungsinformationen sowie Schulungen sind weitere Erfolgsgaranten. Wenn die Verknüpfung aller Objekte über den Prozess einfach und gleichzeitig zielgerichtet mit der BPM-Suite umgesetzt werden kann, können Regelwerke und integrierte Handbücher transparent werden und ermöglichen das einfache Erkennen aller Zusammenhänge. Das Wesentliche ist jedoch: Nur mit einer prozessorientierten Umsetzung wird das von den Mitarbeitenden auch verstanden und kann richtig gelebt werden. Alles Relevante wird nahtlos und punktgenau in die Arbeitsabläufe der betroffenen Mitarbeitenden integriert: Wer muss was warum und wie in Prozessen beachten, damit das Unternehmen in alle Richtungen konform ist? Mit Sinn, Kenntnisnahmen und digitalen Unterschriften wird in der BPM-Suite nachweisbar konform gearbeitet. Darauf lässt sich ein einheitliches unternehmensweites Risikomanagement aufbauen:
Alle Regelwerksüberprüfungen können durch ein Auditmanagement für interne und externe Audits mit eigenen oder vordefinierten Fragenkatalogen und Maßnahmen flankiert werden. Ein zentrales Maßnahmenmanagement unterstützt bei allen Maßnahmenarten – wie Abweichungen, Fehler, Ideen, Verbesserungen – eine transparente Statusverfolgung und Abarbeitung.
Mit vor- und selbstdefinierten Assistenten-Workflows lassen sich dabei Regelprozesse digitalisieren. Zugewiesene Mitarbeitende sorgen automatisch für eindeutige Verantwortlichkeiten und Transparenz. Dann kann die BPM-Suite zum Operating System für das digitalisierte Organisations- und Prozessmanagement werden. Mit beherrschbaren Risiken und Enthaftung. Prozesse, Chancen und Risiken werden nun integriert gemanagt.
Strategie über Prozesse und IT
Aus Strategie wird Wirklichkeit, indem konsequent über Prozesse geführt wird. Unternehmen greifen mit ihren strategischen Zielen und Maßnahmen Technologie- und Zukunftstrends auf und nehmen Kundenerwartungen und Marktentwicklungen vorweg, die prozessual auf unterschiedlichen Ebenen realisiert werden müssen. Dies bedingt ein vernetztes Denken und Handeln über Abteilungsgrenzen hinweg. Auf der operativen Ebene sollen individualisierte Leistungen in kürzester Zeit zu attraktiven Kosten am besten über digitalisierte und automatisierte Prozesse bereitgestellt werden. Der Anteil der IT an der Wertschöpfung steigt, Prozesse werden häufig radikal verändert und die entstehenden Daten bieten Chancen für Erweiterungen des Geschäftsmodells. Hierarchisch geprägte Strukturen halten diesen rasanten Entwicklungen kaum stand. Diskurs, Dialog und Entscheide müssen möglichst rasch und entlang der End-to-end-Prozessketten getroffen werden.
Auf der Ebene dieser Prozessketten werden ganze Ökosysteme digitaler Prozesse verbunden, um ganzheitliche und daten-getriebene Leistungen anzubieten. In der Konsequenz muss eine Vielzahl von neuen und vollständig digitalisierten und vernetzten Prozessen entwickelt und umgesetzt werden. Ohne ein professionelles und digitalisiertes Prozessmanagement ist dieses Ziel kaum erreichbar. Auf der obersten Ebene geht es bei der Weiterentwicklung eines digitalen, zukunftsfähigen Geschäftsmodells noch konsequenter um die Monetarisierung von Daten und einen sehr hohen IT-Anteil an der Wertschöpfung. Auch in diesen Fällen entstehen fast immer eine massiv veränderte Prozesslandkarte und eine Vielzahl von neuen Prozessen. Neue Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten müssen umgesetzt werden.
Eine BPM-Suite kann auch die Umsetzung des Strategieprozesses unterstützen. Aber wie steht es mit der Unternehmensstrategie oder übergeordneten strategischen Unternehmenszielen, und wer hat welche Verantwortung? Ziel ist es, dass derartige Veränderungen von strategischen Prozessverantwortlichen angestoßen und von operativen Prozessmanagern bis in die Umsetzung verantwortet werden. So können Verluste durch Funktionalstrategien und klassische Projekte, deren Umsetzung nicht selten zwischen den Funktionen verwässert wird, vermieden werden.
Unternehmensarchitekturen managen
Eine umfassende BPM-Suite bietet auch Lösungen für weitere Einsatzszenarien, die in dieser Stufe wichtig sind: Wie können Prozesse vor einer Digitalisierung unternehmensweit so weit harmonisiert werden, dass die Umsetzungsaufwände nicht explodieren? Mit einem Variantenmanagement stellt man auch in dieser Stufe sicher, dass notwendige Varianten (zum Beispiel wegen unterschiedlicher legaler Länderanforderungen) gezielt abgeleitet und Verbesserungen des Elternobjekts bewusst übernommen werden. Das sind innovative Lösungen zur Abbildung der Unternehmensarchitektur von Prozessen, Rollen, Organisation und IT, um ein digitalisiertes, prozessrollenbasiertes und workflowgestütztes Berechtigungsmanagement (IAM) umzusetzen. Eine wichtige Voraussetzung für beherrschbare Prozesse, die compliant sind und mit deutlich geringeren Aufwänden umgesetzt werden.