Partner, Vertrauen und KI
Als Leiter der globalen Partnerorganisation ist Senior Vice President Matthew Brandt für die Pflege und Weiterentwicklung des Partnerökosystems von Workday verantwortlich. Vor 14 Jahren wechselte er von SAP zu Workday. Er hat einen Innenblick aus beiden Unternehmen. Im E3-Exklusivinterview geht er auf die unterschiedlichen Ansätze ein und erläutert, wohin er das Partnerökosystem von Workday weiterentwickeln möchte.
Robert Korec, E3: Herr Brandt, in einer Keynote bei der Veranstaltung Workday Rising äußerte sich ein Kunde der ersten Stunde kritisch zu seinen Erfahrungen mit SAP HCM. Seit seinem Wechsel zu Workday sind einige Jahre vergangen. Welche Argumente bewegen Kunden heute zu einem Wechsel zu Workday?
Matthew Brandt, Workday: Unsere Vision ist es, eine globale Plattform anzubieten. Wir haben große Unternehmen, die unsere Finanz- und HR-Fähigkeiten nutzen. Mittlerweile gibt es sehr viele große Unternehmen, die Workday als Full-Suite-ERP betreiben. Der Grund, warum sie den Wechsel vollzogen haben, ob von SAP oder einer anderen Plattform, ist in der Regel, weil sie etwas wollen, das flexibler, anpassungsfähiger ist, dass Leute die Software nutzen können, ohne dass es umfassende Schulungen oder das intensive Studium von Bedienungsanleitungen braucht.
E3: Was bietet Workday, womit sich traditionelle ERP-Systeme schwertun?
Brandt: Mit Workday kann man Änderungen vornehmen, ohne ein umfangreiches, teures IT-gesteuertes Projekt zu initiieren, um Kontenpläne oder Kostenstellen zu ändern. Das unterscheidet uns von traditionellen Mitbewerbern und war der Grund, warum ich vor 14 Jahren hierhergekommen bin. Wir haben weltweit mittlerweile über 10500 Kunden. Wenn wir unsere Software aktualisieren – wir führen zwei große Aktualisierungen pro Jahr durch –, liefern wir all unsere Aktualisierungen an alle unsere Kunden.
E3: Was unterscheidet das Workday-Partnerökosystem von jenem von SAP?
Brandt: Wir haben eine einzige globale Partnerorganisation, in der wir alle Partnerfonds konsolidiert haben, also Dienstleistungspartner wie die großen SIs Deloitte, Accenture, aber auch die regionalen länder- und branchenspezifischen Integratoren sowie Technologiepartner. Softwarepartner, die auf unserer Plattform aufbauen oder sich mit uns integrieren, und alle anderen Partner, wie z. B. globale Lohnbuchhaltungspartner, sind alle Teil unserer globalen Partnerorganisation und fallen in meinen Verantwortungsbereich.
E3: Wie ist es gelungen, ein Partner-ökosystem von null auf aufzubauen?
Brandt: Wir hatten 2005 den Vorteil, das Ökosystem neu aufbauen zu können, ohne groß Rücksicht auf Bestandskunden nehmen zu müssen. Gemeinsam mit CEO Carl Eschenbach haben wir die bewusste Entscheidung getroffen, das Partnerökosystem langsam und kontinuierlich aufzubauen. Wir haben ein kuratiertes, ein verwaltetes Ökosystem. Das unterscheidet uns von SAP oder Oracle oder ServiceNow, welche ein sehr offenes Ökosystem aufgebaut haben, wo jeder Partner werden kann.
E3: Ist es schwierig, bei Workday Partner zu werden?
Brandt: Unser Ansatz ist ein anderer. Es gibt sehr hohe Anforderungen, um Partner werden zu können. Wir setzen auf eine sehr hohe Qualität bei der Implementierung. Daher ist unser Ökosystem von Implementierungspartnern klein. Unternehmen unserer Größe haben normalerweise drei-, viertausend Implementierungspartner. Wir haben einhundert. Das ist verhältnismäßig klein. Wir wollen in den kommenden Jahren wachsen auf zweihundert oder dreihundert – nicht mehr. Unsere Kunden erwarten von uns sehr hochwertige Projekte. Und das können wir nur erreichen, wenn wir ein sorgfältig verwaltetes Ökosystem von Implementierungspartnern haben.
E3: Also Klasse statt Masse?
Brandt: Ja, es ist eine andere Strategie. Die meisten unserer größeren Konkurrenten öffnen ihr Ökosystem und überschwemmen den Markt einfach mit Partnern, um mehr Software zu verkaufen. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt und wachsen noch immer schnell genug. Und wenn wir zu viele Partner haben, bekommt man unweigerlich minderwertige Projekte. Das bedeutet, die Kunden sind unzufrieden.
E3: Wohin wird sich das Workday-Partnerökosystem in den kommenden Jahren entwickeln?
Brandt: Wir sind darauf bedacht, unsere Dienste, unser Dienste-Ökosystem verantwortungsbewusst nach geografischen Gesichtspunkten wachsen zu lassen. Gerade in Europa ist das komplex, weil man in jedem Land individuell agieren muss. Wir brauchen italienische Partner, wir brauchen deutsche Partner, wir brauchen französische Partner.
E3: Workday-CEO Carl Eschenbach hat mit Illuminate die nächste KI-Generation vorgestellt. Wie schwierig ist es, den Erwartungen der Anwender aus dem privaten Bereich in der B2B-Welt gerecht zu werden?
Brandt: Künstliche Intelligenz gibt uns eine weitere Möglichkeit, Workday zu erleben. Letzten Endes geht es um das Kernsystem, das zentrale HR- und Finanzsystem, dessen Betrieb uns große Unternehmen anvertrauen müssen. Unabhängig davon, wie Sie darauf zugreifen, ob über Ihr Mobiltelefon oder einen Webbrowser oder über einen Agenten, die Daten und Prozesse müssen immer ihren Zweck erfüllen. Vor fünf Jahren haben wir bei Workday Rising noch nicht über künstliche Intelligenz gesprochen, und in fünf Jahren wird es neue Dinge geben. Am Ende des Tages müssen Unternehmen immer noch Leute einstellen und bezahlen, die Buchhaltung für ihr Unternehmen führen, die Bücher abschließen.
E3: Vertrauen ist ein großes Thema, wenn es um KI geht. Ein Weg, dieses Vertrauen herzustellen, sind nationale Richtlinien. Wie gelingt es Workday, den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden?
Fertigungsindustrie: Studien von IDC und Workday
Aktuelle Studien von IDC und Workday zeigen die Herausforderungen in der Fertigungsindustrie. Während die globale Fertigungsindustrie trotz Herausforderungen weitgehend Wachstum verzeichnet, sieht sich der deutsche Produktionssektor mit einer komplexen Situation konfrontiert. Viele Sektoren kämpfen mit einer unbefriedigenden Auftragslage und Kapazitätsauslastung. Branchenexperten sprechen von einer „Industrierezession“. Ein Hindernis für Effizienzsteigerungen ist der mangelhafte Informationsfluss in vielen Unternehmen.
30 Prozent der deutschen Unternehmen sprechen von ineffizienten und manuellen Informationsflüssen, was zu verzögerten Entscheidungen und einem Mangel an Transparenz führt. Durch eine verbesserte Datenqualität und die Einführung von Echtzeitanalysen könnten deutsche Unternehmen ihre Entscheidungsprozesse deutlich beschleunigen. Insgesamt planen 58 Prozent der Unternehmen, ihre ERP-Systeme durch KI-gestützte Lösungen zu verbessern oder zu ersetzen.
Digitale Tools und KI-basierte Systeme könnten auch im HR-Bereich Abhilfe schaffen. Automatisierte Onboarding-Prozesse, schnellere Einarbeitungszeiten und personalisierte Trainingsprogramme können direkt über Cloud-Systeme gesteuert werden und den Fachkräftemangel entschärfen.