Fristenverlängerung für ECC 6.0 bis 2033


Teure S/4-Conversion ohne Erfolgsgarantie
Tausende SAP-Bestandskunden wären mit den kontinuierlich steigenden Tagessätzen externer Consultants finanziell überfordert gewesen, wenn SAP auf das Wartungsende 2025 bestanden hätte. Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) setzte sich vehement für eine Verschiebung ein und forderte robustere und langfristigere Roadmaps.
Diesen Forderungen kam SAP nach und verkündete die erste, bereits spektakuläre Wartungsverlängerung der SAP Business Suite 7 (ERP/ECC 6.0) – zunächst die Mainstream-Wartung bis Ende 2027 und eine optionale, kostenpflichtige Extended Maintenance bis Ende 2030, verbunden mit einem Aufschlag von zwei Prozentpunkten auf die bestehende Wartungsbasis. Diese Verlängerung wurde von der DSAG als wichtiger und richtiger Schritt begrüßt, der die Diskussion weg vom Zeitdruck und zurück zum Wesentlichen – nämlich der eigentlichen Transformation – führte.
SAP-Zukunft ohne AnyDB: Ist Hana ausreichend?
Trotz der Atempause bis 2027/2030 blieben jedoch wesentliche Fragen ungeklärt, was die Verunsicherung in der Community aufrechterhielt. Ein zentraler Kritikpunkt war das Schweigen SAPs bezüglich der AnyDB-Datenbanken (von IBM, Microsoft und Oracle) jenseits der Frist, obwohl SAP die Datenbankverträge bereits gekündigt hatte. SAP-Vorstandsmitglied Thomas Saueressig hatte argumentiert, dass eine Verlängerung über 2030 hinaus wegen auslaufender Lizenzen für Oracle Java und AnyDB technisch unmöglich sei.
SAP ERP, Private Edition, Transition Option 2033
Die jüngste Entwicklung stellt dieses Narrativ nun infrage: SAP hat mit der „SAP ERP, Private Edition, Transition Option“ die Verlängerung der Wartung für die Business Suite 7 bis 2033 in Aussicht gestellt, allerdings nur für Kunden, die sich langfristig an SAP binden und auf das Rise-with-SAP-Modell umsteigen.
Diese neue Option fungiert somit primär als ein strategisches Instrument, um zögernde Bestandskunden, insbesondere Großunternehmen mit komplexen Systemlandschaften, in die Cloud zu drängen. Die Verlängerung bis 2033 gilt nur, wenn die Kunden bereits Hana als Datenbank (Suite on Hana, SoH) nutzen oder migrieren.
S/4-Conversion gerettet, Innovationsstau ungelöst
Die SAP-Community sieht sich damit einem Trade-off gegenüber: Zwar wird der Druck für die S/4-Migration weiter gemindert, was den Bestandskunden mehr Zeit für die umfangreichen Planungs- und Analysephasen sowie das Change Management gibt, da die Transformation als Neuimplementierung zu verstehen ist.
Gleichzeitig wird jedoch der „Innovationsstau“ auf den Altsystemen perpetuiert, da SAP Innovationen nahezu ausschließlich für S/4, und hier vorrangig für die Cloud-Versionen, bereitstellt. Unternehmen, die die Verlängerung bis 2030 oder 2033 nutzen, laufen Gefahr, technisch ins Hintertreffen zu geraten.
Die Verlängerung, insbesondere in Verbindung mit Rise, wird von kritischen Stimmen in der Community als ein finanzpolitischer Knebelvertrag interpretiert, der die Kunden in eine Vendor-Lock-in-Situation in der Cloud drängt. Während SAP durch die Umstellung von CapEx auf OpEx planbare, wiederkehrende Einnahmen generieren will, verliert der Kunde Lizenzautonomie und hat bei Cloud-Verträgen keine klare Exit-Strategie.
Fehlender SAP-Entwicklungshorizont
Der Anwenderverein DSAG betont, dass die gewonnene Zeit bis 2030 oder 2033 keinesfalls ein Freibrief zum Abwarten ist, sondern der Startschuss sein muss, um die digitale Transformation endlich aktiv anzugehen. Aber die SAP-Community erwartet weiterhin verifizierte Roadmaps mit einem Entwicklungshorizont von drei bis fünf Jahren, um langfristige Planbarkeit zu gewährleisten.
Denn das grundsätzliche Problem des Mangels an qualifizierten S/4-Beratern wird durch die Verlängerung nur zeitlich verschoben, was ab 2027 zu einem massiven Anstieg der Tagessätze führen könnte, da Tausende von SAP-Bestandskunden zeitgleich migrieren wollen.
Die SAP-Wartungsverlängerung bis 2033 dient als strategisches Manöver, um die Migration auf S/4 zu forcieren, indem sie den technischen Umstieg mit dem Umstieg auf das Cloud-Subskriptionsmodell Rise verbindet. Für die SAP-Community bedeutet die Verlängerung eine Mischung aus temporärer Entspannung und erhöhtem strategischen Handlungsdruck, da die Verschiebung der Frist nicht die Notwendigkeit einer tiefgreifenden, geschäftsprozessübergreifenden Transformation beseitigt, sondern diese lediglich mit neuen lizenzrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen verknüpft.
Die jüngste Ausweitung der SAP-Wartungsfristen, insbesondere die in Aussicht gestellte Option bis 2033, definiert eine ambivalente und kritische Rolle für die SAP-Community: Sie bietet einerseits dringend benötigte zeitliche Entlastung, verknüpft diese jedoch unweigerlich mit einer strategischen Neuausrichtung zugunsten der SAP-Cloud-Strategie und Hana, was bei vielen Bestandskunden weiterhin für Verunsicherung sorgt.
Ohne klare strategische Visionen seitens SAP für die Zeit nach S/4 oder die Zukunft von Hana jenseits von 2040 bleibt die Community in einem Zustand der „Disharmonie“ und Unsicherheit, trotz des Aufschubs.