Finale für den Libor
Wahrscheinlich sind die meisten Anwender eines TRM- oder CML-Systems davon betroffen: Die Umstellung der Referenzzinsen im Zuge der Benchmarkreform auf Sätze im Tagesgeldbereich macht eine Reihe von Anpassungen in den Modulen notwendig, um auch in Zukunft variabel verzinsliche Wertpapiere, Geldmarktgeschäfte oder Derivate verwalten zu können. Da die Libor-Sätze bis auf die US-Dollar-Strukturen – hier wird die Übergangsfrist bis zum Juni 2023 verlängert – ab Januar 2022 nicht mehr veröffentlicht werden, drängt zudem die Zeit.
Vorausgesetzt, es gelingt die entsprechende Vertragsänderung mit dem Kontrahenten im Rahmen der im Markt zur Verfügung stehenden Fallback-Klauseln, lassen sich bestehende Geschäfte noch ohne große Änderungen im System anpassen. Hier sind lediglich die betroffenen Zinskonditionen anzupassen und die Marktdatenversorgung um die benötigten Fallback-Raten zu ergänzen.
Sollen aber Finanzgeschäfte in Ihren SAP-Systemen verwaltet werden können, die auf den neuen Geldmarktreferenzen basieren, stehen umfangreichere Umstellungen an. Die bisherige Version der SAP-Finanzmathematik (FiMa) und die bislang für die betroffenen Produktarten zur Verfügung stehenden Konditionseinstellungen können die zukünftig als Benchmark verwendeten Tagesgeldsätze, wie zum Beispiel den SOFR für den US-Dollar oder den Sonia für den britischen Währungsraum, nicht korrekt abbilden und müssen daher aktualisiert werden.
Leider ist dies nur über das Einspielen von zahlreichen Hinweisen möglich, wobei die tatsächliche Anzahl der Hinweise von Ihrem Systemstand abhängt. Haben Sie die Migration auf S/4 Hana für Ihr TRM- oder CML-Modul bereits durchgeführt, reduziert sich der entsprechende Aufwand signifikant. Nach unserer Projekterfahrung ist zum Beispiel für das Update eines sich auf ERP 6.0 EhP 8 befindlichen SAP-TRM-Systems mit einem Aufwand von zwei bis drei Tagen zu rechnen.
Dabei sei angemerkt, dass die Hinweise und die damit verbundenen Änderungen bislang nur die wesentlichen, von der Umstellung der Referenzzinsen betroffenen Produkttypen abdecken: Anleihen (040), Geldmarktgeschäfte (550/580) und Swaps (620) in SAP TRM sowie alle Produktarten in SAP CML (3*0). Für die im US-Markt häufigen ABS/MBS-Transaktionen (042) ist seitens SAP eine entsprechende Lösung in TRM für den frühen Herbst 2021 avisiert.
Im nächsten Schritt sind die neu implementierten Funktionalitäten zu aktivieren, unter anderem betrifft dies die Produktarten bezüglich der FiMa und der parallelen Konditionen, sowie die Feldstatus-Steuerung für die neu zur Verfügung stehenden Eingabeparameter. Ist dies abgeschlossen, ist Ihr SAP-System im Prinzip in der Lage, Finanzinstrumente mit variablen Zinsbindungen im Tagesgeldbereich vollumfänglich zu verarbeiten.
Gehen Sie es an!
Allerdings zeigt die Praxis, dass zur Produktivsetzung der Umstellungen noch ausführliche Tests notwendig sind. Die eben beschriebene Erweiterung des TRM-Systems stellt eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten zur Gestaltung von Zinskonditionen zur Verfügung, die ihrerseits die Zahlungsflüsse des abgebildeten Finanzinstruments beeinflussen.
Hier ist gründlich zu prüfen, ob die im SAP-System erzeugten Finanzströme auch mit den entsprechenden Cashflows auf der Seite des jeweiligen Kontrahenten übereinstimmen – sollte dies nicht der Fall sein, drohen für jedes variable Zinsgeschäft in Ihrem System ständige Abweichungen beim Abgleich der ein- und ausgehenden Zahlungen.
Kurzum: Die Abschaffung der Libor-Referenzen erfordert eine Anpassung Ihrer SAP-Module, und diese Anpassung lässt sich nicht ohne Aufwand durchführen. Trotzdem sollten Sie die Umstellung nicht scheuen, denn die seitens SAP bereitgestellten Updates und deren Implementierung können inzwischen als Best Practices angesehen werden. Gehen Sie es also an.