DSAG-Jahreskongress 2023 Bremen: Christian Klein spricht zur SAP-Community
Sinngemäß meinte SAP-Chef Christian Klein bei seiner DSAG-Keynote, dass der ERP-Konzern trotz Cloud only seinen Bestandskunden eine offene Struktur anbieten will. Diese Offenheit aus SAP-Sicht soll durch die BTP (Business Technology Platform) erreicht werden. Klein versprach, dass bei den drei Hyperscalern, Microsoft, AWS und Google, die BTP customized wird, damit Hunderte Schnittstellen für End-to-End-Prozesse zur Verfügung stehen könnten.
Auf dem DSAG-Jahreskongress sah man an den Ständen der Partner zahlreiche Hinweise auf die BTP. Das Thema selbst scheint in der Community angekommen zu sein. Noch vollkommen offen ist jedoch die weitere Entwicklung: Wird BTP mit Steampunk die neue Serviceplattform für Modifikationen oder entsteht hier ein autonomes Framework für ein zukünftiges ERP nach S/4 Hana?
Business Technology Platform
Wie bei vielen anderen SAP-Themen verabsäumte es Christian Klein in Bremen, eine genaue Standortbestimmung für BTP, Steampunk, generative KI und Green Leger anzubieten. Der Wille ist bei SAP vorhanden, den Bestandskunden die digitale Transformation zu ermöglichen. Dazu scheint aber mehr notwendig zu sein als gute Informatikprodukte. DSAG-Chef Jens Hungershausen berichtete in seiner Keynote, dass nur etwa 50 Prozent der Vereinsmitglieder der Meinung sind, bei der Digitalisierung mithalten zu können.
Die Gründe für die pessimistische Selbsteinschätzung der DSAG-Mitglieder nannte Hungershausen nicht. Vielleicht muss der Umstand berücksichtigt werden, dass noch immer 41 Prozent der Mitglieder auf einem On-prem-System sind. SAP will naturgemäß mit Rise und Grow die Bestandskunden in die Cloud bewegen, am besten natürlich in die Public Cloud. Und SAP setzt die Daumenschraube an, was Hungershausen kritisiert und dafür spontan viel Applaus bekam.
SAP will zukünftig Innovationen aus den Bereichen KI und Green Ledger nur noch über die Public Cloud ausliefern. Christian Klein versuchte in seiner DSAG-Keynote zumindest den KI-Teil zu rechtfertigen. KI, wie wir sie aktuell von ChatGPT kennen, funktioniert nur mit großen Datenmengen. Nicht unrichtig argumentierte Klein deshalb, dass generative KI auf einem On-prem-System wahrscheinlich keinen Mehrwert bringen wird. Aus Sicht eines Informatikers ist dieses Argument definitiv richtig. Ob das auch für Green Leger gilt, darf jedoch bezweifelt werden.
Christian Klein sprach in seiner Keynote auch die hochmodifizierten und teils monolithischen Systeme bei den SAP-Bestandskunden an. Nicht unrichtig forderte er eine Entwicklung zu einem agilen und modularen ERP-System. Ob dieses System schon S/4 sein könnte oder der Nachfolger von S/4 im Sinn eines Composable ERP, ließ Klein jedoch offen.
Sehr deutlich wurde in Bremen das Aufeinandertreffen sehr unterschiedlicher ERP-Welten und Strategien. Christian Klein will Themen wie KI vorantreiben, obwohl eine DSAG-Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeigte, dass nur zwölf Prozent der Mitglieder dieses Thema als relevant erachten, wie Jens Hungershausen in seiner Keynote ausführte. Wahrscheinlich wird sich jedoch dieser Wert in einer neuen Umfrage aufgrund von ChatGPT erhöhen. Dennoch blieb unklar, ob KI ein Lieblingsthema von Christian Klein ist oder es in einer ERP-Architektur echte Relevanz besitzt. Beide Key-note-Sprecher legten aber auch den Finger in die Wunde: Es gibt noch immer zu viele Releasestände und Modifikationen bei den Bestandskunden. Diese Altlast aus der Vergangenheit ist eine große Herausforderung auch für SAP. Christian Klein berichtete, dass SAP weltweit 200 ERP-Versionen in 130 Ländern servicieren muss. Und das kostet sehr viel Budget, meinte Klein nebenbei.
Jens Hungershausen betonte in diesem Zusammenhang, dass es noch immer viele S/4-Conversions gibt, die lediglich ein technischer Releasewechsel sind, während funktionale Erweiterungen weitgehend ausgespart bleiben. Das ist auch ein Problem für SAP, weil es letztendlich einen Stillstand der digitalen Transformation bedeutet. Natürlich wiederholte Jens Hungershausen, dass auch On-prem- Bestandskunden den vollen Umfang zukünftiger SAP-Innovationen bekommen müssen. Er bekam dafür mehrfach viel Szenenapplaus. Christian Klein ging darauf nur indirekt ein und versuchte den Blick nach vorn zu richten. Themen wie SAP-Lizenzen und Cloud-Subscription wurden in beiden DSAG-Keynotes nicht thematisiert.