Digital Access als blinder Passagier in S/4 Hana
Neben der technischen Umstellung auf S/4 Hana sind SAP-Kunden auch gefordert, ihre vorhandenen SAP-Lizenzen in die neue Welt zu überführen. Es muss ermittelt werden, welche Lizenzen vorhanden sind, welche Produkte zukünftig benötigt werden und wie die Doppelnutzung während der Übergangsphase geregelt wird. Jeder Punkt für sich ist entsprechend aufwändig und kann kostspielige Folgen haben, wenn etwas übersehen wird.
Die Gefahr ist, dass das Thema indirekte Nutzung und Digital Access von SAP in den Vertrag eingebracht wird, ohne darüber explizit zu reden. Dabei handelt es sich um eine grundlegende Weichenstellung für die Zukunft. Wer Digital Access lizenziert, stimmt vertraglich zu, dass Belege, die über Schnittstellen in das SAP-System importiert werden, lizenzpflichtig sind.
Bisher ist dieses Thema juristisch umstritten. Unter anderem liegen zwei Beschwerden beim Kartellamt gegen diese Forderung von SAP vor. War es bisher also möglich, die Lizenzpflicht der indirekten Nutzung grundsätzlich abzulehnen, kann man nach der Lizenzierung von Digital Access nur noch über die Anzahl streiten und über den Preis verhandeln.
Digital Access zu lizenzieren heißt, dass alle Belege, die nicht von Dialogusern angelegt wurden und nicht aus anderen SAP-Systemen stammen, lizenzpflichtig sind. Das sind auch Belege, die unterwegs von einem Vertriebsmitarbeiter über eine selbst geschriebene App auf dem Tablet erfasst werden, obwohl dieser Mitarbeiter auch eine User-Lizenz für die Arbeit mit S/4 Hana im Büro besitzt.
SAP wollte mit Digital Access das Thema indirekte Nutzung mit einer eindeutig messbaren Metrik transparent behandeln. Das wurde so umgesetzt, dass im Zweifel alles lizenzpflichtig ist, von dem nicht nachweisbar ist, dass der Beleg von einem Dialoguser stammt oder von einem anderen SAP-System übertragen wurde.
Mit der SAP-Passport-Technologie wollte SAP erreichen, dass letztere Belege identifiziert werden können. Leider funktioniert die Technologie nicht zuverlässig und setzt voraus, dass alle beteiligten Systeme einen modernen Patchstand besitzen. Damit bleibt die Beweispflicht, welche der gezählten Belege nicht lizenzpflichtig sind, beim Kunden.
Lizenzumstieg auf S/4
Jeder, der sich auf Digital Access einlässt, sollte die extrem hohen Listenpreise deutlich herunterhandeln und auch zukünftige Preissteigerungen vertraglich begrenzen. Die Ermittlung nicht lizenzpflichtiger, aber gezählter Belege sollte nur glaubhaft nachvollziehbar sein, ein exakter Nachweis wird technisch oft nicht möglich sein.
Um nicht in unkalkulierbare Lizenzpflichten zu kommen, ist es unerlässlich, eine Abschätzung der lizenzpflichtigen Belege vorzunehmen. Das Tool, welches SAP dazu bereitstellt, ist nur sehr begrenzt dazu in der Lage. Das hat zur Folge, dass die tatsächlichen Mengen unterschätzt werden.
Spätestens mit Lizenzierung von Digital Access ist es sehr wichtig, sämtlichen Datenverkehr zum SAP-System zu analysieren, um ermitteln zu können, wie viele Beleg aus SAP-zu-SAP-Kommunikation resultieren. Jede neue Schnittstelle muss unbedingt vor der Realisierung lizenzrechtlich bewertet werden, um die Folgekosten zu berücksichtigen.
Die S/4-Migration ist eine Herkulesaufgabe für jedes Unternehmen. Wer jetzt nicht genug Ressourcen hat, um sich ausreichend um das Thema Digital Access zu kümmern, sollte einen S/4-Vertrag ohne dieses neue Produkt abschließen. Inzwischen lässt SAP das zu, da viele Kunden nicht bereit sind, die Risiken dafür einzugehen. Es gelten dann die alten Regeln mit allen Grauzonen und viel Raum für individuelle Vereinbarungen.
Wer die Fallstricke in der S/4-Lizenzierung kennt und diese jetzt in den Verhandlungen beachtet, vermeidet Risiken und stellt die vertragliche Zukunft mit SAP auf ein sicheres Fundament.