Die Strategie entscheidet
Die deutschen Mittelständler treiben das Wirtschaftswachstum im Land kontinuierlich voran. Viele regionale Betriebe haben in den vergangenen Jahren den Sprung auf die internationalen Märkte geschafft und ihre Mitarbeiterzahlen dabei spürbar erhöht.
Doch nicht immer hält der interne Organisations- und Prozessaufbau mit der raschen Expansion Schritt. So berichtet Jean-Paul Wehrens, der beim IT-Beratungsunternehmen Apsolut als Partner für die strategischen Geschäftsprozesse zuständig ist:
„In der Praxis müssen wir leider häufig feststellen, dass statt länderübergreifend einheitlicher Geschäftsprozesse und IT-Systeme Silodenken und Insellösungen dominieren.“
Auch die Einkaufsorganisationen leiden unter dieser Situation. Einerseits machen es die Konzentrationstendenzen auf dem Beschaffungsmarkt und der steigende Wettbewerbsdruck erforderlich, dass die Beschaffung eine zunehmend wertschöpfende Funktion in den Unternehmen übernimmt.
Besonders die Pflege und Stärkung der Lieferantenbeziehungen gewinnen an Bedeutung, um die Lieferqualität zu steigern und die Beschaffungsrisiken sowie die operativen Prozesskosten zu reduzieren.
Andererseits kann in vielen mittelständischen Betrieben das Potenzial des Lieferantenmanagements mit SAP nicht gehoben werden, da wichtige organisatorische, strukturelle und funktionale Voraussetzungen fehlen.
Um diesen Defiziten zu begegnen, sollten die Unternehmen ein geplantes Einführungsprojekt mit mehreren Maßnahmen verbinden.
Zur erfolgreichen Planung und Umsetzung eines SAP-Lieferantenmanagements müssen zunächst alle relevanten Maßnahmen abteilungs- und länderübergreifend definiert und abgestimmt werden: Nur so ist eine unternehmensweite Akzeptanz der neuen systemgestützten Geschäftsprozesse zu erzielen.
Dazu sollte ein Kernteam aus Vertretern aller beteiligten Abteilungen gebildet und ein gemeinsames Verständnis dafür entwickelt werden, welche Mehrwerte die künftige Lösung erzielen soll. Auch das Management ist gefordert, die neue Lieferantenmanagement-Strategie zu tragen und an die Mitarbeiter zu kommunizieren.
In einem zweiten Schritt sind aus der Lieferantenmanagement-Strategie die Soll-Prozesse abzuleiten, und zwar in Einklang mit der Einkaufs- und IT-Strategie des Unternehmens.
Zur reibungslosen Umsetzung der neuen Prozesse sollte ein Veränderungsmanagement installiert werden, das die Mitarbeiter systematisch auf ihre neuen Rollen und Aufgaben bei der strategischen Steuerung der Zulieferer vorbereitet.
Um die Abstimmungsprozesse nachhaltig zu verbessern, empfiehlt sich die Einrichtung fester Schnittstellen-Funktionen zwischen IT und Einkauf. Dies ist gerade in mittelständischen Betrieben unverzichtbar, in denen die Kommunikation zwischen den beiden Abteilungen oft nur auf Zuruf erfolgt.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, alle künftigen Kern- und Schlüsselfunktionen an einem Ort in einer zentralen Einkaufsabteilung zusammenzuführen. Werden die neuen Lieferantenmanagement-Prozesse installiert, muss sichergestellt sein, dass diese nahtlos mit den angrenzenden Einkaufsabläufen zusammenspielen, zum Beispiel mit Ausschreibungen, Auktionen, Vertragsmanagement, Reporting, der Verteilung der Daten in Backend-Systeme und der Erstellung übergreifender Lieferantenportale.
Bei der Systemauswahl sollten die IT-Verantwortlichen neben dem Funktionsumfang auf die lückenlose Integration in das Strategie-, Prozess- und IT-Umfeld des Unternehmens achten.
„On premise oder Cloud?“
So lautet die Frage vieler Unternehmen, die die Einführung eines SAP-Lieferantenmanagements planen.
Fakt ist: Die Skepsis, die in deutschen Betrieben noch vor einem Jahr gegenüber diesem Bezugsmodell bestanden hat, ist weitgehend verschwunden, auch im SAP-basierten Einkauf. So haben umfassende Sicherheitskonzepte dazu beigetragen, die weitverbreitete Angst vor Datendiebstahl und -manipulation in der Cloud abzubauen.
Zum anderen hat SAP mit Hochdruck daran gearbeitet, die zunächst noch fehlenden Funktionen und Integrationsmöglichkeiten der Ariba-Cloudlösungen in die vorhandenen SAP-Systemlandschaften zu ergänzen.
In der neuen Business Suite S/4 wird eine weitestgehende Integration der Ariba-Lösungen in die SAP-Backend-Systeme angestrebt. Doch für welche Nutzer ist welches Bezugsmodell nun am besten geeignet?
Jean-Paul Wehrens von Apsolut rät den Unternehmen, die On-Premise- und Cloud-Lösungen in Hybrid-Umgebungen zu vereinen, die auf ihre individuellen Anforderungen zugeschnitten sind:
„Damit können die Anwender das Beste aus beiden Welten kombinieren, nämlich die Vorteile der Ariba-Lösungen nutzen, ohne die vorhandenen SAP-Systeme umrüsten und ihre Investitionen preisgeben zu müssen.“
So liegen die cloudbasierten Ariba-Lösungen voll im Trend zu schlanken Best-Practice-Prozessen, die den Unternehmen zwar nur geringe Erweiterungsspielräume, dafür jedoch effektivere und effizientere Beschaffungsprozesse bieten.
Dreh- und Angelpunkt für einen reibungslosen Start ins Lieferantenmanagement mit SAP sind die Stammdaten. Daher sollten sich die Unternehmen frühzeitig um die standortübergreifende Harmonisierung der Informationen in einem globalen SAP-System kümmern.
„Jedes Stammdaten-Projekt muss einige Zeit vor dem eigentlichen Lieferantenmanagement-Projekt beginnen und dann parallel zu diesem verlaufen“
skizziert Jean-Paul Wehrens den idealen Zeitrahmen.
Konkret bedeutet dies: Damit ein Unternehmen mit einem bereinigten Lieferantenstamm starten kann, müssen die Stammdaten spätestens zum Zeitpunkt der produktiven Nutzung des SAP-Lieferantenmanagements harmonisiert vorliegen.
Damit ist auch für die bestehenden Zulieferer die Voraussetzung geschaffen, einen wesentlichen Teil der Stammdaten-Pflege selbst übernehmen zu können, während neue Lieferanten von den Einkaufsorganisationen über ihre Stammdaten qualifiziert und in die angrenzenden SAP-Systeme verteilt werden. Strukturierte Workflows sorgen dafür, dass die Informationen effektiv angereichert, verteilt und aktualisiert werden.