Die legale Gelddruckmaschine
E-3: In der Abkürzung BRIM steckt das Wort Innovation. Was kann an dem Vorgang „hier Geld, dort Ware“ innovativ sein?
Alexander Vogt: Das kommt ganz auf die Perspektive an, denn meiner Ansicht nach kommt der Innovationsfaktor erst mit dem richtigen Anwendungsfall zum Vorschein. Wenn man es etwas spitz formulieren möchte, ist SAP BRIM nur eine extrem skalierbare und vielseitig einsetzbare Softwarelösung zur Abrechnung vielerlei Services.
Mit dem richtigen Know-how aber lassen sich über die gesamte BRIM-Kette vielfältige und innovative Anwendungsfälle umsetzen, und das branchenübergreifend. Wir reden hier insbesondere von neuen Miet- beziehungsweise abonnementbasierten Geschäftsmodellen verschiedenster Dimensionen.
Das reicht vom simplen Bike-Sharing bis hin zu der Zurverfügungstellung von Produktionsmaschinen beziehungsweise deren Kapazitäten, also insbesondere Opex-Modellen. SAP BRIM ist somit nicht nur ein Abrechnungstool, sondern vielmehr die Grundlage zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und Business Model Innovation. Aus dieser Perspektive betrachtet wird deutlich, warum das Wort Innovation in BRIM steckt.
E-3: Wie sehen Sie den Transformationsprozess, BRIM ermöglicht neue Geschäftsmodelle oder neue Geschäftsmodelle bedingen neue Order-to-Cash-Prozesse?
Jasmina Cejan: Beide Aussagen sind richtig, wie so oft kommt es ganz auf die Ausgangslage an. Nehmen wir einen unserer Kunden als Beispiel dafür, wie es aussehen kann, wenn exponentielles Wachstum die bestehenden SAP-Lösungen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringt. Wenn Sie irgendwann für einen Abrechnungslauf drei oder vier Tage ansetzen müssen, dann sind Sie in der Tat gezwungen, über neue OTC-Prozesse und Technologien nachzudenken.
Mit BRIM können wir heute die gleichen Rechnungsläufe in wenigen Stunden umsetzen und parallel über die Implementierung neuer Geschäftsfelder und Anwendungsfälle nachdenken. Weiterhin ist mit BRIM eine Umsetzung von allen Prepaid-, Postpaid- und Partnerbeteiligungsszenarien möglich, und das sogar bei einer extrem hohen Zahl von Transaktionen.
Vogt: Neue Geschäftsmodelle müssen aber nicht zwingend auch neue Order-to-Cash- Prozesse erfordern, denn grundsätzlich handelt es sich im O2C immer noch um den Prozess vom Eingang einer Kundenbestellung bis zur Bezahlung der offenen Forderung durch den Kunden.
Der Unterschied, den man in der Vergangenheit sehen konnte, besteht darin, dass es sich bei der Bestellung nicht nur um eine physische Ware oder eine Dienstleistung handelt, sondern um komplexe Produktpakete, die verschiedenste Konfigurationen beinhalten können.
Billing and Revenue Management – Add-ons für die End-to-End-Aufgaben des CFO
E-3: Wo entstehen in der digitalen Transformation neue Abrechnungsszenarien und wie werden diese aufgelöst?
Cejan: Die digitale Transformation bringt zurzeit in fast allen Industrien und Branchen neue Abrechnungsszenarien hervor, auch dort, wo man sich vor ein paar Jahren noch nicht hätte vorstellen können, Abo-, Verbrauchs- oder ergebnisbasierte Modelle einzusetzen. Ein wirklich interessantes Beispiel dafür kommt aus der Agrarindustrie, wo Bayer Crop Science die SAP-BRIM-Lösung bereits erfolgreich einsetzt.
Bayer Crop Science verkauft Saatgut und Pflanzenschutzmittel und setzt ein ergebnisbasiertes Preismodell fort, das mit mehreren US-amerikanischen Maisbauern erprobt wurde. Die digitalisierte Landwirtschaft ermöglicht es Bayer Crop, ein Vorhersagemodell und eine Ertragsmetrik zu erstellen, wenn bestimmte Produktkombinationen in einer bestimmten Einsatzfolge verwendet werden.
Für die Landwirte wird auf diesem Wege das Input-Risiko gänzlich beseitigt, was ein ergebnisbasiertes Modell extrem attraktiv macht. Bayer Crop umgekehrt bindet die Landwirte fest an sich und hat eine klare Perspektive auf den Absatz aller Produkte über den Verlauf des Jahres hinweg. Weiterhin garantiert Bayer Crop den Landwirten feste Ertragsmengen und gleicht Verluste bei Nichterreichen voll aus. Umgekehrt partizipiert Bayer Crop 50:50 an allen Erlösen über den garantierten Betrag hinaus.
E-3: Finden sich im SAP’schen BRIM Antworten für alle denkbaren Order-to-Cash-Prozesse und wie gelangt man zu einer operativen Lösung?
Cejan: BRIM kennt keine Grenzen hinsichtlich der Abrechnung unterschiedlichster Geschäftsszenarien oder Order-to-Cash-Prozesse. Das vom SAP-Bestandskunden Trumpf entwickelte „Pay-per-Part-Modell“ ermöglicht es Kunden, eine Full-Service–Lasermaschine zu nutzen, ohne das Gerät kaufen oder leasen zu müssen.
Stattdessen zahlen Kunden für jedes durch die jeweilige Maschine produzierte Teil einen zuvor vereinbarten Preis, also immer nur genau das, was sie benötigen. Dadurch können Kunden ihre Produktionsprozesse flexibler gestalten und schneller auf Marktveränderungen reagieren.
E-3: Wer treibt, wer konzipiert, wer profitiert von Billing and Revenue
Innovation Management?
Vogt: BRIM bietet die Grundlage für die Monetarisierung im White Space. Die Coronakrise hat sehr deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, sich extrem schnell auf neue Marktbedingungen einstellen zu können. Wer in der Lage ist, neue Geschäftsmodelle innerhalb kürzester Zeit auf den Markt zu bringen, steigert nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch den Unternehmenswert nachhaltig.
E-3: Ist BRIM für den Vertrieb eine Chance oder eine Bürde?
Vogt: Für den Vertrieb bietet SAP BRIM ein enormes Potenzial, da grundsätzlich alle möglichen Arten von Geschäftsmodellen und Abrechnungsvarianten realisiert werden können. Als Vertriebsvorstand auf C-Level ist es extrem wichtig, die Markttrends und die Wünsche der Kunden zu verstehen und entsprechend reagieren, oder besser noch: proaktiv agieren zu können. BRIM bietet hier viele interessante Mehrwerte, das eigene Geschäft nachhaltig auszubauen und erweitern zu können. Allen voran die nutzungsbasierten Abrechnungsmodelle in Kombination mit Business Analytics lassen ganz neue Perspek-tiven auf das Verhalten der Kunden zu.
In investitionsintensiven Capex-getriebenen Umfeldern lassen sich mit BRIM neue Opex-Modelle implementieren, die vornehmlich auf die Vermietung oder die Zurverfügungstellung beispielsweise von Produktionskapazitäten in einem As-a-Service-Ansatz abzielen. Auf diese Weise lassen sich aus vertrieblicher Sicht hohe Eingangsbarrieren in Form von Investitionen in überschaubare, aber langfristige Betriebsausgaben wandeln und das kann sogar zu einer deutlichen Verkürzung des Sales-Cycles führen.
E-3: GTW ist einer der führenden SAP-BRIM-Lösungspartner. Mit wem in einem Unternehmen diskutieren Sie das Thema?
Vogt: Dies ist in der Tat abhängig davon, wie konkret das Verständnis von BRIM innerhalb eines Unternehmens ausgeprägt ist. Je nach Größe eines Unternehmens werden die SAP-Manager, System- beziehungsweise Enterprise-Architekten oder die CFOs mit in die Gespräche integriert.
Wird BRIM als ein strategisches Thema identifiziert, dann ändert sich der Kreis der Gesprächspartner und es nehmen vornehmlich die Geschäftsführung, CIO und CFO oder auf C-Level unterstützende Stabsfunktionen mit Fokus auf die Themen Digitalisierung und Innovation an den Gesprächen teil.
E-3: Wo sehen Sie die Stärken von BRIM in einer Hana- und S/4-Infrastruktur?
Cejan: Die größte Stärke von BRIM in SAP S/4 Hana ist das neue Add-on für Customer Management. In einer konventionellen SAP-Systemlandschaft ist das CRM mit dem ERP über Middleware verbunden. Durch die Transformation und Verlagerung des traditionellen SAP CRM nach S/4 CM ist keine Middleware mehr erforderlich. Die Systemlandschaft ist dadurch erheblich vereinfacht, Probleme beim Datenaustausch entfallen und die Betriebskosten des Unternehmens werden vermindert.
E-3: SAP BRIM wird zugeschrieben, für effizientere Umsatzgenerierung sorgen zu können. Wie funktioniert es?
Cejan: BRIM ermöglicht die Abrechnung aller Arten von wiederkehrenden Modellen, und das branchenübergreifend und für jede Art von Dienstleistung: Abonnements, Nutzung, Verbrauch, Gebühr, dynamische Preisgestaltung, Ergebnisse, Kosten, Belohnungen, Umsatzbeteiligung. Unter anderem auch Shared-Service-Plattformen für Multisource-, High-Volume-Rechnungen und Forderungen, bei denen komplexe, regelbasierte mehrseitige Auszahlungen an Partner und Marktteilnehmer getätigt werden müssen.
Die Lösung unterstützt alle Zahlungsmöglichkeiten, die bei den Verbrauchern für große Zahlungsflexibilität und eine größere Warenkorbumwandlung sorgen. Auch das hohe Transaktionsvolumen in Direct-to-Consumer-Modellen stellt für die Lösung kein Problem dar.
E-3: Und die Zusammenfassung?
Cejan: Man könnte sagen, BRIM öffnet neue Möglichkeiten für innovative, effiziente Geschäftsmodelle und schnell wachsende Unternehmen und sorgt damit für bessere Umsatzgenerierung. Die Markteinführungszeit verkürzt sich stark, Kosten für Preisgestaltung und Angebotsverwaltung reduzieren sich, Rechnungs-, Inkasso- und Betriebskosten sinken, Umsatzverluste reduzieren sich, der Cashflow erhöht sich, IT-Ausgaben reduzieren sich. Sogar Kundenanrufe und Beschwerden reduzieren sich aufgrund der Transparenz und des flexiblen Managements im Kundenlebenszyklus.
E-3: Danke für das Gespräch.