Der verlorene ERP-Weg
Mit der Kraft des SAP-Monopols
SAP beherrscht den ERP-Markt wie kein anderes Unternehmen. Aufgrund der Komplexität des Themas ist SAP aber auch vor jeder Kartellbehörde und Monopolkommission geschützt. Naturgemäß besitzt SAP im ERP-Markt ein Monopol, mit dem es ein Leichtes war, eine unfertige Datenbank als neuen Standard zu etablieren. Nun zwingt SAP seine Bestandskunden in die Cloud und verspricht KI-Funktionalität.
Aufgrund der langjährigen und hohen Abhängigkeit der Bestandskunden vom Wohlwollen der SAP hat sich Misstrauen und Sprachlosigkeit entwickelt. Es scheint, als würde SAP einen eigenen Weg zur Optimierung des Aktienkurses gehen und nicht mehr die Interessen der Kunden und Partner als Ziel ansehen. Als monopolartiger ERP-Anbieter erlaubt sich SAP mehr Freiheiten als viele Hyperscaler, die untereinander in pausenlosem Mitbewerb stehen. Mit der Kraft des Monopols ging SAP in den vergangenen zehn Jahren einen für Bestandskunden nicht immer leichten Weg. Eine Korrektur ist aus Sicht vieler Partner und Kunden überfällig, aber die Finanzanalysten jubeln und der Aktienkurs gibt SAP-Chef Christian Klein recht.
Das Ende des ERP-Wegs
Wahrscheinlich ist ERP-Software wie SAP ECC 6.0 am Ende des Lebenszyklus. ERP-Software, wie die SAP-Community sie kennt, ist ein Auslaufmodell. Offensichtlich sind aber S/4 und die Datenbank Hana nicht der adäquate Nachfolger. Viele SAP-Bestandskunden machen den S/4-Hana-Releasewechsel mangels Alternativen und Innovationen. Noch fehlt der etablierte SAP-Mitbewerber oder das junge Start-up. Vereinzelt weichen SAP-Bestandskunden auf Spezial- und Nischenlösungen aus, aber für mindestens noch fünf Jahre ist das SAP-Monopol ungefährdet. Die S/4-Conversion wird etwa im Jahr 2030 abgeschlossen sein, dann beginnt die Diskussion über einen S/4-Hana-Nachfolger, weil die S/4-Bestandsgarantie bis 2040 niemanden in der SAP-Community interessiert.
Die nächste ERP-Generation muss jedoch offener, agiler, Public Domain und transparenter sein. Cloud Computing kann für viele ERP-Bereiche ein hilfreiches Betriebsmodell sein. Generative KI wird von außen neue Architekturmodelle für die betriebswirtschaftliche Aufbau- und Ablauforganisation konzipieren. Ein Public-Cloud-System als Black Box, wie es SAP sich vorstellt, kann und wird es nicht geben. Die Public Cloud als ERP-Monopol und damit SAP-R/3-Nachfolger ist unsinnig und lediglich ein Zwischenschritt. Jede Public Cloud wird früher oder später zur ERP-Multi-Cloud mit unterschiedlichen Anbietern.
Plattformen als ERP-Korrektur
Würde SAP seinen bisherigen ERP-Weg beibehalten, dann kann der Monopolist nur verlieren. Damit ist eine Korrektur überfällig und am Horizont bereits sichtbar: Business Technology Platform, SAP BTP.
Noch ist BTP weit von einer tragfähigen Plattform für zukünftige ERP-Systeme entfernt, aber SAP verbleiben noch etwa fünf Jahre für diese Metamorphose. Die ERP-Welt wird agiler, bunter, lauter und transparenter. Für einen S/4-Nachfolger jenseits von 2030 brauchen die Anwender eine umfassende Plattform. SAP BTP hat sowohl die Chance, eine überfällige SAP-Korrektur zu konsolidieren, als auch neue ERP-Wege bis 2050 zu eröffnen.
Ob die ERP-Korrektur mit SAP BTP gelingt, ist noch nicht entschieden. Sowohl technisch als auch lizenzrechtlich gibt es in Business Technology Platform noch viele Baustellen und konzeptionelle Lücken. Wie strategisch SAP selbst die BTP sieht, ist auch noch unbeantwortet. Das ERP-Monopol versucht so viele BTP-Services wie möglich zu verkaufen. Einen ganzheitlichen Diskurs über eine zehnjährige BTP-Roadmap hat SAP bis jetzt verweigert. Es gibt jedoch Executives bei SAP, die sich mit diesem Planungshorizont beschäftigen, nur öffentlich reden dürfen sie nicht – eine Korrektur ist überfällig!