Customer Centric


Elektromobilität boomt. Mehr als jeder fünfte Neuwagen rollt laut Kraftfahrt-Bundesamt bereits elektrisch oder als Plug-in-Hybrid vom Hof der Händler. Die stetig wachsende Nachfrage an Elektroautos stellt Infrastrukturbetreiber vor große Herausforderungen. So auch ein junges mittelständisches Unternehmen im Bereich Ladeinfrastruktur, dessen Kerngeschäft in der Vernetzung und Bereitstellung von Ladelösungen liegt. Das Unternehmen zählt als Whitelabel-Anbieter bislang primär große Automobilhersteller zu seinen Kunden, die ihre hauseigenen Ladeservices über die bereitgestellte Plattform betreiben (B2B2C). Das Geschäft mit Endkunden (B2C) sowie Dienstleistungen für Flottenkunden (B2B) steckt dagegen noch in den Kinderschuhen, doch wird auf diesem Sektor in naher Zukunft enormes Wachstum erwartet.
SW-Werkzeuge für E2E
Damit das noch junge Unternehmen die prognostizierte Vervielfachung seiner Kunden in den kommenden Jahren bewältigen kann, müssen alle bestehenden Prozesse, eingesetzten Tools und die gesamte Organisation von Grund auf hinterfragt werden. Ergebnis: Ohne eine softwaregestützte, systemische Neuausrichtung können die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigt werden. Voraussetzung für die bevorstehende Reform der operativen Ebene ist die Etablierung einer strukturierten, toolbasierten End-to-End-Prozessunterstützung, welche die verschiedenen Anforderungen und Abhängigkeiten des B2B-, B2C- und B2B2C-Geschäfts berücksichtigt.
Obwohl die Umstrukturierung auf Best Practices für die Analyse relevanter Capabilities entlang des Customer Lifecycle und der Ableitung passgenauer Umsetzungsszenarien beziehungsweise Anwendungsarchitekturen basiert, sind die individuellen Herausforderungen vielfältig. Fehlende Branchenstandards und Erfahrungswerte im Unternehmen schlagen sich direkt auf bestehende Prozesse, die Organisation und die eingesetzten Tools nieder: Während die Teams innerhalb des vorangegangenen Jahres anhand von Business Cases gebildet und umformiert wurden, bestehen die klassischen Abteilungssilos in den Köpfen der Mitarbeitenden häufig weiter. Eine unstrukturierte Dokumentation und kaum Transparenz bei der Sicherung und Weitergabe von Informationen in der Vergangenheit waren die Folge.
Auf technischer Seite finden sich zahlreiche manuell getriebene Prozesse und Workarounds. Diese erfüllen zwar die erwarteten Funktionen, sind aber weder besonders effizient noch nachhaltig oder stabil. Hinzu kommt, dass ein Großteil dieser Prozesse um die Kernapplikation herum gebaut oder sogar direkt dort integriert ist. Die Folge: Änderungen sind sehr oft mit hohem Aufwand verbunden und die Kernapplikation hat regelmäßig mit Überlastung zu kämpfen. Die Synchronisierung von businesskritischen Informationen mit Drittsystemen dauert dadurch Stunden anstatt Minuten.
Die Lösung der identifizierten Probleme und Herausforderungen ist mit Blick auf die bevorstehende Entwicklung des jungen Unternehmens umso drängender. Damit der Business Case langfristig aufgeht, muss das Potenzial vorhanden sein, eine signifikante Steigerung des Kundenvolumens im B2C-Geschäft zu bewältigen. Eine unlösbare Aufgabe für die bestehenden Systeme und Prozesse. Bei der Problem- beziehungsweise Bedarfsanalyse wird schnell klar: Der Fokus muss sich in naher Zukunft auf das zentrale Element des intern vernetzten Unternehmens richten. Da die Sales und Account Manager ausschließlich Geschäftskunden (B2B und B2B2C) betreuen und die Endkunden (B2C) primär durch Marketing oder über die B2B2C-Kunden geworben werden, müssen die Prozesse aufgeteilt und Schnittpunkte identifiziert werden.
Lead-to-Cash
Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, frühzeitig integrative Prozesse aufzusetzen, die es allen Beteiligten ermöglichen, ihre Aufgaben besser zu bewältigen und fundiertere Entscheidungen auf Basis relevanter Informationen zu treffen. Das bedeutet, dass Kern- und Supportprozesse nicht nur auf die Anforderungen des Vertriebs zugeschnitten, sondern auch Bedarfe und Fähigkeiten der Verantwortlichen im Lead-to-Cash-Prozess, Finance und IT sowie dem Procure-to-Pay-Prozess analysiert und evaluiert werden.
Nach einer ausführlichen Analyse der Bedarfe setzt sich eine Plattformlösung aus einer Kombination von SAP Sales Cloud und SAP Emarsys durch. Die Sales Cloud überzeugt insbesondere durch die gute Integration in das bestehende S/4. Emarsys punktet mit Anwenderfreundlichkeit und weitreichenden Möglichkeiten im Bereich der Automatisierung und Individualisierung von Customer-Engagement-Kampagnen.
Wie bei jeder Implementierung stellt auch im vorliegenden Fall die Integration von Drittsystemen die zentrale Herausforderung dar. Einen Beitrag zur Lösung dieses Problems leistet der Relational Data Service von Emarsys. Dieser ermöglicht die flexible Einbindung externer Datenbanken und erlaubt die Erstellung und Anwendung laufend neuer Auswertungen im Bereich von Data Intelligence. Ein direkter Datenimport in Emarsys oder das aktive Senden von Daten an die Customer-Engagement-Plattform entfällt somit. Auf diese Weise können individuelle Kampagnen auf Basis von Behaviour Analytics beinahe in Echtzeit getriggert werden.
Microservices und Cloud
Im Bereich Profildaten und entsprechender Consent-Informationen wird der Austausch mit Emarsys über Microservices mit den relevanten Systemen vorgenommen. Dadurch kann eine klare Trennung von statischen und dynamischen Daten geschaffen und die Belastung weiterer Systeme verringert werden. Zusätzlich ermöglicht dieses Vorgehen, dass triggergesteuerte Anwendungsinformationen durch eine dedizierte Versandlösung abgewickelt werden können, was das bestehende Kernsystem entlastet. Die Sales Cloud ist so eingerichtet, dass Kundendaten direkt mit dem ERP synchronisiert werden, sobald diese im CRM als solche benannt sind. Das schafft eine einheitliche Datengrundlage, die sowohl im Bereich Vertrieb als auch Finance den Arbeitsaufwand stark verringert.
Reportings können nun auf Basis des Sales Tunnels, wie auch auf Abrechnungs- und Zahlungsdaten basieren. Da parallel zum Projekt auch das SD-Modul in S/4 aufgebaut wird, lassen sich mit den zentral verwalteten Materialstammdaten auch Angebote erstellen, die bei Abschluss wiederum direkt zur Verrechnung an S/4 übergeben werden.
Mit dem enormen Wachstum der E-Mobility-Branche steigen die Anforderungen im Sourcing-Bereich direkt proportional. Es ist daher naheliegend, einen Teil des Procure-to-Pay-Prozesses (Akquise, Dokumentation, Pflege von Partnerschaften) direkt im CRM abzubilden. So kann die Integration mit dem ERP genutzt und damit Synergien zwischen dem O2C- und dem P2P-Prozess geschaffen werden, was weitere Kapazitäten im Bereich Accounting freigibt.
Digitale Transformation und Customer Centricity sind im Online-Business das Gebot der Stunde. Im hiesigen Kontext fungiert die eine Komponente nicht als Mittel zum Zweck der anderen, es handelt sich vielmehr um ein reziprokes System. Wachstum erfordert Digitalisierung, Digitalisierung ermöglicht Wachstum. Fortschreitende Kundenzentrierung steigert die Effizienz und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit. Das wiederum generiert Wachstum. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Wachstumsraten hat das Start-up aus der vorliegenden Case Study Skalierfähigkeit geschaffen. Durch Implementierung einer integrierten End-to-End-Prozessunterstützung konnten manuelle Prozesse abgelöst, klassische Silo-Strukturen aufgebrochen und überflüssige Workarounds eliminiert werden.
Das Unternehmen ist jetzt in der Lage, die gesamten Customer Lifecycles von Geschäfts- und Privatkunden abzubilden und zu monitoren. Mit Hilfe von Data Intelligence können nun individualisierte Kampagnen lanciert werden. Darüber hinaus ist eine bessere Vernetzung gewährleistet. Diese sorgt für Transparenz und eine erleichterte Weitergabe von Informationen: Prozesse im Produktmanagement, Vertrieb und Accounting greifen nun besser ineinander. Dies alles ermöglicht es, gegenüber den B2B-, den B2B2C- und den B2C-Kunden, welche alle in Abhängigkeit zueinander stehen, zeitnah sowie möglichst umfassend auskunfts- und handlungsfähig zu sein.