Abermals muss die Frage gestellt werden: Kann SAP auch Cloud Computing? SAP ist erfolgreich im Cloud Business. Aber diese Antwort ist zu allgemein. Worin genau liegt das SAP’sche Erfolgspotenzial des Cloud Computing?
Die überzeugendsten Cloud-Zahlen lieferte in der Vergangenheit regelmäßig der SAP-CFO Luka Mucic. Der Umsatz wuchs regelmäßig und manche Cloud-Zahlen aus der Bilanz überraschten sogar Finanzanalysten. Hingegen hörte die SAP-Community von den Vorständen Thomas Saueressig und Jürgen Müller nur sehr wenig bezüglich Cloud-Applikationen und Cloud-Technik.
Ganz offensichtlich besitzt SAP keine Cloud-Kompetenz im wissenschaftlichen und technischen Bereich. Die von Klein-Vorgänger Bill McDermott zugekauften Cloud-Apps erweisen sich überwiegend als brauchbar. Eine hinreichende Integration in den ERP-Core stellt auch viele SAP-Bestandskunden zufrieden. Aber während Luka Mucic regelmäßig leuchtende Augen bekommt, wenn er über die SAP’schen Cloud-Erfolge berichten darf, bleiben seine Vorstandskollegen, Saueressig und Müller, sehr unscheinbar und stumm.
Mit guten Gründen kann SAP-Vorstandsmitglied Luka Mucic als Cloud Financial Officer bezeichnet werden. Er hat mit geschickter Hand in den vergangenen Jahren viele SAP-Umsätze in die Wolke gehoben – ein Verdienst, den auch Professor Hasso Plattner erwähnt und als Alleinstellungsmerkmal im Raum stehen lässt. So, als hätte Luka Mucic in seinen 26 Jahren bei SAP sonst nichts geleistet.
„Wir sind Luka Mucic für seine 26-jährige Tätigkeit und sein Engagement für das Unternehmen sehr dankbar“, sagte Hasso Plattner, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SAP. „Während seiner Amtszeit als CFO ist der Cloud-Umsatz der SAP von einer Milliarde Euro auf über neun Milliarden Euro gewachsen. Luka und sein Führungsteam waren ein Eckpfeiler der erfolgreichen Cloud-Transformation der SAP. Ich bin sicher, dass sie auch während der kommenden Übergangsphase weiterhin hervorragende Arbeit leisten werden.“
Luka Mucic war also fleißig und hat den Cloud-Umsatz der SAP vervielfacht. Kein Wort von Plattner zu dem tadellosen Finanzmanagement während der internationalen Finanzkrise 2008, zu der finanziellen Absicherung während der SAP-Reorganisation, zu dem Management der zahlreichen Zukäufe während der Herrschaft von Bill McDermott und zu dem erfolgreichen Börsengang von Qualtrics sowie zu der hervorragenden Mitarbeit bei Sapphire Venture. Und vielem mehr.
Der Cloud Financial Officer geht also von Board: Die SAP hat Mitte März bekannt gegeben, dass der Aufsichtsrat und Luka Mucic sich einvernehmlich darauf verständigt haben, dass er das Unternehmen zum 31. März kommenden Jahres verlässt. Der Aufsichtsrat hat die Suche nach einem Nachfolger eingeleitet. Mucic ist der dritte CFO in der 50-jährigen Geschichte des Unternehmens. Er übernahm die Position im Jahr 2014 von Werner Brandt, als er in den Vorstand berufen wurde. Mucic begann seine Karriere bei SAP im Jahr 1996 als Mitglied der Rechtsabteilung.
Nachdem er von 2008 bis 2012 als CFO der DACH-Region tätig war, wurde er 2013 zum Head of Global Finance und Mitglied des Global Managing Board der SAP ernannt. Mucic leitet außerdem die Nachhaltigkeitsbemühungen der SAP und ist für die Geschäftsbereiche Taulia und SAP Signavio verantwortlich. Taulia und Signavio stehen noch nicht auf eigenen Beinen. Mucic’ langjährige Erfahrung und das Wissen um die SAP-Tradition werden diesen beiden Bereichen bei ihrer Emanzipation fehlen.
SAP-Chef Christian Klein kann einem leidtun. Der junge CEO verliert seinen erfahrenen CFO und Cloud-Mitstreiter. Das zukünftige Cloud-Geschäft bei SAP ist in seiner Entwicklung massiv gefährdet. Luka Mucic hat nicht nur zehn Jahre mehr Berufserfahrung, sondern kennt auch die SAP-Entwicklung aus eigener Anschauung. Selten gab es in einem Dax-Konzern eine ähnlich reibungslose und erfolgreiche Staffelübergabe wie zwischen dem Ex-CFO Werner Brandt und Luka Mucic.
Technikvorstand Jürgen Müller und Applikationsvorstand Thomas Saueressig sind keine Unterstützung für Klein. Marketingvorstand Julia White hat in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit nichts geliefert und wird auch für den Rest ihrer Vorstandstätigkeit bei SAP ein unbeschriebenes Blatt bleiben. Bezüglich Erfahrung, Intellekt und Können bietet sich lediglich Sabine Bendiek, Chief People and Operating Officer, als Partnerin und Mentorin für Christian Klein an – vielleicht eine Rückbesinnung auf eine SAP-Doppelspitze.
„Luka war während meiner gesamten Laufbahn bei SAP ein wunderbarer Mentor“, sagte Christian Klein anlässlich der neuen Situation. „Sein Intellekt und seine Großzügigkeit, sein auf Grundsätzen beruhender Führungsstil und sein Einsatz für SAP und unsere Kunden waren nicht nur für mich persönlich ein enormer Gewinn, sondern auch für die von ihm geleiteten Teams, für unser Wachstum sowie unseren Erfolg als Unternehmen.“
Hinweis zum aktuellen E-3 Cover April 2022: Power of Orange ist das Leitmotiv des SAP-Partners cbs und keine politische Aussage. Aufgrund des in jeder Hinsicht zu verurteilenden Kriegs in der Ukraine durch den russischen Aggressor Wladimir Putin erscheint der E-3 Redaktion dieser Hinweis vor dem Hintergrund der Orangen Revolution von 2004 zur Klarstellung wichtig.