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Architektur muss zur Landschaft passen

Schon die Lage des norwegischen Opernhauses ist spektakulär. Schneeweiß und als Halbinsel auf Pfählen in den Fjord hineingebaut, erinnert das Gebäude an einen schwimmenden Eisberg. Kurzum: Die Architektur passt hervorragend zur Landschaft. Das ist auch das Ziel in der IT.
Hinrich Mielke, Alegri
1. Juli 2015
2015
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Wollen Sie Ihre SAP-Architektur optimal gestalten, dann müssen Sie sich als Erstes fragen: Was wollen Sie damit erreichen? Erst wenn es eine Antwort auf diese Frage gibt, lässt sich Ihre IT-Landschaft optimieren.

Wollen Sie zum Beispiel primär hohe administrative Aufwände sowie die Kosten für Ihren IT-Betrieb senken oder eher auf eine strategische Plattform für die Zukunft setzen?

Unternehmen sollten sich dies genau überlegen, denn die Strategie, wie sie an die Sache herangehen und welche Maßnahmen sie umsetzen sollten, hängt von dieser Antwort ab. Sie können diesen Prozess entweder allein durchführen oder sich Rat bei spezialisierten Beratungshäusern einholen.

Wichtig ist in jedem Fall eine auf Fakten basierende Entscheidungsgrundlage anstelle einer, die auf Annahmen und Wahrnehmungen beruht. Eine wichtige Voraussetzung ist daher, die IT-Infrastruktur zu analysieren:

Wie viele SAP-Lösungen laufen auf der Plattform, und wie viele sollen es zukünftig sein? Wie verfügbar und ausfallsicher sind die Systeme, und was ist vorgesehen? Sind bereits Änderungen der Infrastruktur im Gang? Steht eine In-memory-Umstellung an?

Auf Basis der so erhobenen Daten lassen sich Schwachstellen, Engpässe oder Anforderungen von Fachabteilungen ermitteln. Ferner lässt sich so von vornherein die Auswahl möglicher Zielplattformen einschränken.

Spieglein, Spieglein an der Wand, …

… welche ist die beste Plattform im ganzen Land? Viele Unternehmen stellen sich diese Frage zum Beispiel dann, wenn sich das Leasingende für die Hardware nähert oder diese abgeschrieben ist.

Das ist auch gut so, denn für eine optimale Architektur von SAP-Lösungen ist die Plattform von zentraler Bedeutung. Im SAP-klassischen ERP-Bereich stehen mit Microsoft, Linux, HP-UX oder IBM AIX sowie OS/400 und Solaris gleich mehrere zur Auswahl.

Die Motive für den Wechsel von einer Plattform auf die eines anderen Anbieters können vielfältig sein: beispielsweise, weil sich dadurch die IT-Landschaft konsolidieren lässt oder weil eine andere Plattform als zukunftssicherer gilt als die aktuell genutzte.

Momentan heißen die Stichworte im SAP-Umfeld hierbei Hana und Linux. Ebenfalls zu prüfen ist, inwieweit sich SAP-Lösungen auf einer Plattform skalieren oder virtualisieren lassen und welche Kosten entstehen.

Vor Jahren stiegen viele Unternehmen von Unix auf Linux um, weil dieses sehr stabil und kompatibel mit anderen Systemen ist. Außerdem sind die Hardwarekosten etwa für die CPU-Leistung geringer als bei anderen Plattformen.

Zudem lassen sich bei einem solchen Umstieg viele Prozeduren beibehalten und vorhandene Kenntnisse nutzen, was den Schulungsaufwand gering hält.

Knifflig wird es beim Thema Verfügbarkeit. Allein die Definition dessen, was unter hochverfügbar zu verstehen ist, bringt Unternehmen bisweilen in Nöte. Bezieht sich hochverfügbar auf den gewährleisteten Betrieb eines Systems oder inkludiert es, den etwaigen Ausfall eines ganzen Rechenzentrums abfangen zu können?

Aus Sicherheitsgründen muss die räumliche Distanz zu einem zweiten Rechenzentrum entsprechend groß sein. Auf der anderen Seite darf sie eine gewisse Entfernung nicht überschreiten, weil es ansonsten schwierig ist, die Daten synchron zu halten.

Steht ein Rechenzentrum in Europa und eines in den USA, sind diese nicht zu 100 Prozent synchron, da sich die Daten auf diese Entfernung nicht in Echtzeit spiegeln lassen, ohne die Anwendung zu beeinträchtigen.

Kopf-Monopole vermeiden

Weniger ist manchmal mehr: Bei der Architektur zählen nicht nur Hard Facts wie der Hardwarepreis oder die Verfügbarkeit. Was nutzt eine billigere Plattform, wenn sie die Prozesse nicht optimal unterstützt oder die Mitarbeiter nicht die dafür nötige Ausbildung haben?

Wenn Unternehmen auf eine andere Plattform wechseln wollen, stellt sich auch die Frage, ob die Mitarbeiter über das notwendige Fachwissen verfügen und, falls nicht, welche Schulungen sie absolvieren müssen, damit die neue Plattform gut angenommen und betrieben wird.

Ein Plattformwechsel sollte immer mit Change-Management-Prozessen einhergehen. Diese sollten sich nicht nur auf die technische Migration beziehen, sondern auch die Mitarbeiter auf die Veränderungen vorbereiten.

So lassen sich zudem Kopf-Monopole vermeiden, bei denen sich das Wissen lediglich auf einen Mitarbeiter konzentriert. Fällt dieser aus oder verlässt er das Unternehmen, fällt auch dessen Know-how weg.

Es kann daher vorteilhaft sein, eine technisch etwas einfachere Plattform zu wählen, mit der sich mehrere Mitarbeiter auskennen, anstelle einer raffinierten und höchstverfügbaren Premium-Variante, die lediglich ein Mitarbeiter beherrscht.

Die Angebote der Hersteller zielen in der Regel aber auf die technische Leistungsfähigkeit ab. Das kann dazu führen, dass die Hardware überdimensioniert oder „over-engineered“ ist.

Die Devise für die Unternehmen lautet daher: Die Plattform muss betreibbar bleiben. Weniger ist manchmal mehr. Zumal sich die Ausgaben für zusätzliche Schulungen auf bis zu 15 Prozent der Technikkosten belaufen können.

Professionelle Beratungshäuser bereiten die Ergebnisse der Ist-Analyse, ihre Empfehlungen sowie eine Auflistung der erforderlichen Aufwendungen in Form einer aussagekräftigen Studie auf.

Zudem werden Vor- und Nachteile von infrage kommenden Plattformen aufgeführt. Aufbauend darauf lässt sich das weitere Vorgehen faktenbasierend entscheiden.

Bei der Migration empfiehlt es sich, mit einem kleineren System zu beginnen, gewissermaßen als Test, dem die restlichen Systeme – womöglich in Gruppen zusammengefasst – folgen.

Nach zwei Monaten sollten die Leistungsdaten erhoben werden, um den Erfolg zu messen. Bei einer längeren Wartezeit könnten weitere Anpassungen – IT-Landschaften unterliegen einer permanenten Veränderung – eine vergleichbare Messung unmöglich machen.

Beispiele für erfolgreiche Migrationen auf Linux

Die Generali Gruppe entschied sich für die Modernisierung ihrer SAP-Infrastruktur. Rund 100 Server und Datenbanken, 24 Systemlinien für 14 Länder sowie 100 Tera­byte an Daten waren auf eine neue Zielplattform zu transferieren.

Die vorhandene Infrastruktur sollte unter Mithilfe eines Dienstleisters auf den neuesten technischen Stand gebracht und gleichzeitig die Abhängigkeit von einem einzelnen Hardware-Lieferanten verringert werden, um so die Zukunftssicherheit der Investitionen sicherzustellen.

Nach Workshop, Roadmap, Risikomatrix, Analyse, Kostenschätzung sowie einem Proof of Concept wurden die Systeme erfolgreich und nachhaltig rentabel auf Linux migriert, zwei Monate früher als ursprünglich geplant.

Gerade der Proof of Concept war für Generali ein wichtiger Erfolgsfaktor, weil er der Gruppe die Sicherheit gab, die richtige Strategie gewählt zu haben.

In nicht einmal 20 Monaten transferierte die Munich Re ihre Serverarchitektur samt 84 SAP-Systemen ebenfalls auf eine Linux-Plattform. Teilweise wurden Daten bei der Migration auch auf Unicode umgestellt.

Eine besondere Herausforderung stellte das Change Management dar, da das Unternehmen parallel zur Migration die größte SAP-Anwendung global einführte.

Darüber hinaus wurde der Infrastrukturbetrieb in ein Offshoring-Modell überführt. Aufgrund spezieller Cut-over-Pläne ließen sich in einzelnen Wochen bis zu sechs SAP-Systeme gleichzeitig migrieren.

Alle Kostenziele konnten erreicht werden, ohne dass das Business und die Verfügbarkeit der Anwendungen beeinträchtigt waren. Munich Re gelang es, die Beschaffungskosten für SAP-Server auf ein Fünftel des ursprünglichen Investitionsvolumens zu senken.

Anwendungen und Datenbanken laufen seit der Migration auf Servern mit einer einheitlichen Prozessarchitektur. Die Standardisierung reduzierte darüber hinaus die Betriebskosten erheblich.

Anspruch wird steigen

Eine ganzheitliche Architekturberatung berücksichtigt neben Aspekten wie Skalierbarkeit und Verfügbarkeit auch organisatorische und finanzielle Faktoren. Wenn ein Beratungshaus nicht auch Hardware vertreibt, kann sich der Kunde dabei einer unabhängigen Beratung sicher sein.

Bei der Migration auf eine neue Plattform sollte nicht mehr nur die technische Leistungsfähigkeit beachtet werden, sondern auch strategische Komponenten wie Zukunftssicherheit im Vordergrund stehen.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Prozesse zu prüfen und eventuell anzupassen. Ein Vorgehen angelehnt an ITIL bietet sich hierfür an. Im SAP-Umfeld werden Hana und die Möglichkeiten der Cloud in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass der Anspruch an eine Architekturberatung steigt. Zusätzliches Know-how wird erforderlich sein.

Eine Architekturberatung, die auf Strategie und Weitsicht beruht, wird Sie dennoch gelassen mit einem schlüssigen Konzept zu Ihrer neuen Zielarchitektur führen.

Dennoch bleibt das Gebot der Stunde: Maßgebend sollte nicht sein, was technisch machbar ist, sondern immer das, was zur Landschaft passt. Siehe norwegisches Opernhaus.

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Hinrich Mielke, Alegri

Hinrich Mielke ist Direktor SAP bei Alegri


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