Anwenderstory: SAP-Standard-Rezept für mehr Struktur


Der Teigwarenhersteller Bürger produziert an seinen Standorten Crailsheim und Ditzingen etwa 364 Tonnen Lebensmittel pro Tag – darunter 170 verschiedene Teigwarenspezialitäten. Für weiteres Wachstum investiert das schwäbische Unternehmen in Maschinen, Gebäude und Produkte: ein neues Logistikzentrum mit Hochregallager und eigener Kältezentrale sowie neue Produktionsanlagen an beiden Standorten.
„Wir sind heute ein hochdynamisches Unternehmen. Unsere Software für die Logistikprozesse war dem nicht mehr gewachsen“, beschreibt Stephan Melz, Bereichsleiter der IT bei Bürger. Das veraltete System steuerte seit 25 Jahren die Abläufe und bremste zunehmend die Performance des Unternehmens aus. Ein Update war nicht möglich.
SAP-EWM-Einführung
„Die Einführung einer neuen Software in diesem Umfang ist kein leichtes Unterfangen. Entsprechend länger dauerte es, bis wir uns für die komplette Umstellung auf ein neues, zukunftssicheres System entschieden“, berichtet Melz. Die neue Basis sollte von SAP kommen. Bürger erwartete durch die Standardisierung mehr Struktur, Transparenz und Effizienz. Ebenso sollten neue Prozesse auch in Zukunft leichter zu implementieren sein. Über einen Kunden wurde Bürger auf Prismat aufmerksam. Das SAP-Beratungshaus unterstützte beispielsweise ein Unternehmen bei einer ähnlichen Herausforderung: ein Legacy-System durch eine standardnahe SAP-Lösung zu ersetzen.
André Gadziejewski, Manager of SAP Consulting und Projektleiter bei Prismat, erklärt: „Wir haben die SAP-Einführung schrittweise vorgenommen.“ Zuerst erfolgte die Implementierung von SAP ERP und der Warehouse-Management-Lösung SAP Extended Warehouse Management (EWM). Hier musste Prismat das SAP ERP an das vorhandene System bei Bürger anbinden, um so initial ein Verbindungsglied für den Datenaustausch zwischen allen Systemen zu schaffen. Im Rahmen dieses ersten Projekts erfolgte auch die Implementierung von SAP EWM in der Fertigwarenlogistik.
Optimiert auf S/4
Das zweite Projekt beinhaltete die Optimierungsphase des neu eingeführten SAP EWM und die Umstellung von SAP ERP Central Component (ECC) auf S/4 Hana. Im dritten Teil erfolgte die Einführung von SAP EWM in der Rohwarenlogistik und Produktionsversorgung, während in kleineren Projekten weitere Optimierungen für SAP EWM, Erweiterungen in Bezug auf die Produktionsanbindung inklusive UI5-Applikationen und die Migration von SAP EWM auf SAP S/4 Hana vorgenommen wurden. Im Juni 2024 nahm das Unternehmen sein neues Logistikzentrum in Betrieb. Hierfür band Prismat SAP EWM an die von Bürger eingesetzte Lagerverwaltungssoftware Wamas von SSI Schäfer an.
Transparenz und Usability
Inmitten der digitalen Transformation beschritt Bürger mit dem Einsatz von SAP den Weg fort von einer individuellen Softwarelösung und hin zur Standardsoftware mit kundenindividueller Ausrichtung.
Zusätzlich zu den SAP-Standards entwickelte Prismat spezielle Applikationen im Umfeld von SAP UI5 – einem Development-Toolkit von SAP für die Entwicklung von Anwendungen, die auf Webstandards beruhen. Diese erleichtern beispielsweise die Bestellung von Rohstoffen und Halbfabrikaten im Rahmen der gesamten Produktionsversorgung. Ebenso vereinfachen sie die Wiedereinlagerung von Rohstoffen und Halbfabrikaten, die auf den Linien bereitgestellt, aber nicht zu 100 Prozent verbraucht wurden. Zudem können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun manuell im Produktionsprozess hergestellte Paletten einfach in das Lager einschleusen.
„Generell ist es wichtig, dass wir alle Bewegungen digital erfassen. Nur so kann Transparenz in den einzelnen Prozessen geschaffen werden“, betont Gadziejewski. Für automatisch hergestellte Paletten hat Prismat eine weitere Fiori-Applikation programmiert, über die Bürger die Roboterpalettierung starten und beenden sowie den aktuellen Status überwachen kann.
IT-Brille ab, Mitarbeiter rein
„Bei Bürger ging es nicht nur darum, die neue Software einzuführen, sondern im Zuge dessen auch bestehende Prozesse zu analysieren, optimieren oder neu zu gestalten“, berichtet Gadziejewski. Dafür bezieht Prismat immer die relevanten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ein. „Wir legen dabei mal unsere IT-Brille ab und holen alle beteiligten Personen frühzeitig ab. So können auch sie dementsprechend Einfluss nehmen. Dies schafft eine bessere Akzeptanz, wir können neue Prozesse oder Applikationen viel schneller und leichter umsetzen und später einfacher in den Livebetrieb übernehmen“, erläutert der SAP-Berater.
RF-Dialoge: Alle Paletten
Ein Beispiel für einen optimierten Vorgang in dem Warenausgang ist die Bereitstellung von Vollpaletten über standardnahe Radio-Frequency(RF)-Transaktionen.
Der oder die Mitarbeitende scannt über ein mobiles RF-Gerät die ausgelagerte Palette und bekommt ihr Ziel, zum Beispiel die Warenausgangszone, angezeigt. Sobald die Ware am Zielort ist, bestätigt er oder sie dies auf dem RF-Gerät. Für die Steigerung der Performance und Verbesserung der Ausfallsicherheit sowie zur Optimierung und Skalierung der grafischen Darstellung auf unterschiedlichen Gerätetypen nutzt Bürger das von Prismat selbst entwickelte Produkt, das RF-Bundle.
Dabei handelt es sich um eine Lösung zur Optimierung der Radio-Frequency-Dialoge auf Basis von HTML5. Mit ihr passen die SAP-Experten das User-Handling individuell auf Bürger an.
Im Warenausgang implementierte das Beratungshaus für die Kommissionierung von einzelnen Kartons beziehungsweise Kartonlagen einen umfassenden und komplett kundenindividuellen Pick-by-Voice-Prozess zur allgemein schnelleren Abwicklung und einfacheren Einarbeitung neuer Mitarbeitender.
Kommissionierung in einem Schritt
So entstehen Kommissionieraufträge, die unterschiedliche Kundenaufträge beinhalten. Pro Kundenauftrag wird dann eine eigene Palette gebildet und die unterschiedlichen Paletten werden als Turm aufeinandergestapelt. „Das erfolgt alles im selben Kommissionierungsprozess und ist durch unterschiedliche Logiken und den Einfluss verschiedener Algorithmen definiert“, ergänzt Gadziejewski.
Abschluss des Projekts war die Inbetriebnahme des neuen Logistikzentrums. Zwei personenfreie Hochregallager bieten darin 16.000 Paletten Platz, knapp 11.200 dieser Stellplätze befinden sich im Tiefkühl-Hochregallager auf 90 Metern Länge. Das kleinere Frischwarenlager kann mit einer Länge von 55 Metern etwa 4800 Paletten aufnehmen.
Anbindung an externe Systeme
Zwischen den beiden Lagern kommissionieren die Beschäftigten die Produkte für den Versand. Dabei unterstützt sie ein vollautomatisierter Lagenpalettierer. Automatisierte Fördertechnik verbindet außerdem das neue Logistikzentrum mit dem bestehenden Werk, um die Teigwaren ins Lager zu transportieren.
„Die Go-lives liefen dank der guten Vorarbeit aller Beteiligten sowie der weitreichenden Expertise und Kompetenz des Prismat-Projektteams reibungslos“, lobt Melz. So beschleunigt Prismat durch die Einführung von SAP und individuellen standardnahen Prozessen Bürgers digitale Transformation. Mit der Nutzung von SAP bauen Bürger und Prismat eine einheitliche Software-Infrastruktur über das gesamte Unternehmen auf und ermöglichen die einfachere Anbindung an externe Systeme wie beispielsweise Speditionen, aber auch das Legacy-System, die Druckmanagementsoftware oder Middleware. „Wir schaffen damit eine solide Basis für weiteres Wachstum – und stärken somit die Wettbewerbsfähigkeit von Bürger“, sagt Gadziejewski abschließend.