Bluff oder Best of Breed
Preise zu vergleichen ergibt nur dann einen Sinn, wenn man vergleichbare Leistungen realistisch gegenüberstellt – und das nicht nur auf kurze Sicht! Mit Rise präsentiert SAP ein Angebot, das auf den ersten Blick sehr attraktiv wirkt. Doch schaut man sich die Vergleichskalkulation genauer an, offenbart sich der berühmte Äpfel-Birnen-Vergleich. Die Entscheidung für oder gegen Rise with SAP sollte daher eine Frage des Business Case sein!
In den Vergleichsszenarien sind die Gesamtkosten zu betrachten: Lizenzen, Betrieb und Services. Rise weist nur einen Paketpreis aus. Diesem Gesamtpaket wird eine Lizenzmigration auf S/4-On-prem, zusammen mit den Kosten des Eigenbetriebs, gegenübergestellt. Die Kosten der Lizenzmigration gibt SAP vor, ohne ein reales Verhandlungsergebnis zu berücksichtigen.
Der passende Vergleich
Es ist daher zu empfehlen, das Vergleichsszenario einer eigenbetriebenen On-prem-Lösung zu kalkulieren: Ist ein Wechsel in das S/4-Usermodell sinnvoll (Contract Conversion) oder bieten mir meine Verträge erhaltenswerte Vorteile (Product Conversion)? Welches ist die optimale User-Verteilung? Sind alle gewünschten Ergänzungsprodukte in Rise enthalten? Benötige ich die Hana-Enterprise-Edition oder reicht die Runtime-Edition? Sind alle Produkte berücksichtigt, z. B. Digital Access (On-prem bis Ende 2022 noch mit 90 Prozent rabattiert) und Solution Manager (in der Cloud kostenpflichtig, aber On-prem lizenzkostenfrei)? Haben die mit Rise inbegriffenen Produkte einen Mehrwert?
Zusammen mit den Kosten für Betrieb und Services stelle ich damit dem Rise-Modell ein vergleichbares Kostenmodell on-prem gegenüber: ein Apfel-zu-Apfel-Vergleich! Rise unterscheidet sich vom Eigenbetrieb hauptsächlich in zwei Punkten: dem Wechsel in ein Mietmodell und der Auslagerung des SAP-Betriebs nach extern. Im Business Case vergessen wird häufig, dass es vergleichbare alternative Modelle (Best of Breed) gibt. Neben Standalone-Mietlösungen ist das Leasingmodell weiter möglich – nach dessen Vertragslaufzeit sinken die Kosten auf null, während die Miete nach Ablauf des Mietvertrags in der Regel steigt. Auch stellt sich die Frage nach dem Betrieb einer Private Cloud über klassische Hostinganbieter/Hyperscaler. Nicht selten lohnt es sich, die Alternative Best of Breed für den SAP-Betrieb zu prüfen.
Skala und Mengengerüst
Die Skalierbarkeit gilt als Hauptargument für Cloud-Lösungen. Sie sollte sich jedoch nicht nur auf Mengengerüste beziehen, sondern auch auf die Konstellation verschiedener SAP-Produkte (Ergänzungen von Services). Dies erfordert eine „Konfigurationsmöglichkeit“, wie wir sie aus Kaufverträgen kennen. Für die S/4-User ist die Konfiguration bereits im Usermodell verankert. Für die volumen-basierten Cloud-Metriken muss eine vergleichbare Flexibilität erst vertraglich erkämpft werden.
Eine Entscheidung für Rise with SAP ist eine Lebensentscheidung. Endet der Vertrag, bleiben einem SAP-Kunden lediglich die Rohdaten. Waren in der Vergangenheit Wechsel von Wartungs-, Service- und Hosting-Anbietern aus Kosten- und Qualitätsgründen üblich, so ist man mit Rise an den einen Anbieter gebunden. Kein Business Case wird diesen Punkt jemals einkalkulieren – er gehört aber in die Gesamtbetrachtung hinein.
Die Bewertung von alternativen Private- und Public-Cloud-Szenarien ergibt strategisch als auch kaufmännisch Sinn. Mit Rise ist SAP einen Schritt in die richtige Richtung gegangen, der einer Prüfung wert ist. Dringend zu empfehlen ist aber die Validierung des Business Case unter Berücksichtigung einer fairen On-prem-Lizenzmigration für die Lizenzen und einer echten Benchmark für den Betrieb.