Individuelle S/4-Story
Eine S/4-Transformation ist ebenso komplex wie erklärungsbedürftig. Insbesondere aus Sicht der Anwender, die sich vorab – meist lange bevor sie mit der Implementierung tatsächlich in Berührung kommen – drei zentrale Fragen stellen: Warum machen wir das Ganze? Wo soll uns das Ganze als Organisation hinführen? Was habe ich persönlich davon?
Je nach Unternehmenskontext werden diese Fragen sehr unterschiedlich beantwortet. Wer es sich leicht macht und sein Botschaften-Set auf die wiederkehrende Formel „weil der Support ausläuft“ oder „weil wir effizienter werden müssen“ reduziert, riskiert gleich zu Beginn das Commitment der relevanten Stakeholder.
Strategie- und Storyentwicklung gehen Hand in Hand. Nicht selten beschäftigt sich das Management erst dann intensiv mit der Frage nach der Grundmotivation hinter der S/4-Implementierung, wenn die Erstkommunikation auf der Agenda steht: Wie bringen wir unsere Strategie auf den Punkt? Wie vermitteln wir das Warum und Wozu so prägnant, dass es die verschiedenen Stake-holder-Gruppen in ihren spezifischen beruflichen Kontext einordnen können? Wie genau können wir den Zielzustand aufzeigen trotz aller strategischen, technologischen und ökonomischen Ungewissheiten, mit denen das Programm in den kommenden Jahren konfrontiert sein wird?
Keine Einbahnstraßen
Das sind die Leitfragen, die mit der gewissenhaften Vorbereitung der Kommunikation rund um eine S/4-Einführung einhergehen. Viele Organisationen verwechseln dann Kommunikation entweder mit Einbahnstraßen-Information oder mit Marketing und verkürzen die Story auf einen gut klingenden Claim. Die Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, wenn sich zwischen erlebtem Istzustand und einem in Superlativen ausgemalten Zielzustand eine unüberwindbare Kluft auftut – beziehungsweise auch, wenn der Istzustand von verschiedenen Seiten ganz unterschiedlich wahrgenommen wird.
Ein ganzheitliches Transformationsmanagement bringt diese verschiedenen Sichten frühzeitig zusammen und gleicht Interessen ab zwischen den Fachbereichen und vor allem zwischen den Fachbereichen und der IT. Es bezieht frühzeitig die Perspektive der User und Key User ein, wenn die Frage in den Raum geworfen wird: Welches dringende Problem wollen wir mit der S/4-Einführung vorrangig lösen? Wichtig ist hier eine ganzheitliche Sichtweise auf das Business, die IT und die Weiterentwicklung der Organisation, gegebenenfalls auch der Unternehmenskultur. Fehlt die Story oder formuliert sich jeder im Führungskreis seine eigenen Botschaften, wird viel Vertrauen verspielt. Teams tauschen sich darüber aus, was ihnen das Management im Hinblick auf die anstehende S/4-Transformation präsentiert.
„Das hat vorhin aber noch ganz anders geklungen“, „das ist doch nur die halbe Wahrheit“ oder „das kann ja nur schiefgehen“, sind häufige Reaktionen von Mitarbeitern, wenn der Führungskreis nicht mit einer Stimme spricht. Es schleicht sich schnell der Verdacht ein: Unser Management ist sich in der strategischen Ausrichtung und Zielsetzung, die es mit S/4 verbindet, uneins, jeder Bereich auf seinen eigenen Vorteil bedacht – und womöglich werden Informationen bewusst zurückgehalten. Weitverbreitet sind Befürchtungen, dass mit der S/4-Transformation quasi durch die „Effizienz-Hintertür“ und zugunsten einer stärkeren Automatisierung letztlich auch ein Stellenabbau einhergeht. Entsprechend zurückhaltend werden die Know-how-Träger selbst im Implementierungsprozess agieren, wenn sie ihr Wissen einbringen oder sich an der Diskussion beteiligen sollen, welche Vorteile sie in ihrem Tätigkeitsbereich mit S/4 erzielen können.
Elevator Pitch
Eine wichtige Übung in der Storyentwicklung: Wir konfrontieren eine Führungskraft mit der Situation, dass sie einen Mitarbeiter im Fahrstuhl trifft und gefragt wird, warum an der Einführung von S/4 kein Weg vorbeiführt. Das Ergebnis ist ein Elevator Pitch, den jeder Manager – selbst wenn er nachts aus dem Schlaf gerissen würde – gebetsmühlenartig abrufen kann. Die ersten Antworten, die dem Führungskreis einfallen, lauten häufig „mehr Effizienz“, „mehr Automatisierung“, „Konzentration auf Kernaufgaben“ oder Ähnliches.
Doch das Managementvokabular wird schnell als leere Formel entlarvt. Außerdem: Sind diese Vorteile, die sich zweifellos für die Organisation ergeben, gleich stark und überzeugend aus Sicht der meisten betroffenen Mitarbeiter? Eher nicht. In der Kommunikation sollte unbedingt darauf geachtet werden, welche Argumentation bei diesen relevanten Stakeholdern und möglichen Change-Botschaftern verfängt und mit welchen Argumenten diese dann selbst die Werbetrommel für das Programm rühren können.