Souveräne SAP Sapphire Europa


Mir persönlich ist die SAP-Hausmesse Sapphire in Orlando (Florida, USA) schon seit vielen Jahren unheimlich und unsympathisch. Ich bin kein USA-Fan. Auch geht es mir um das Thema Work-Life-Balance: Flüge in die USA, besonders nach Florida, waren noch nie attraktiv – auch die Business- und First Class der Lufthansa konnten mich nicht überzeugen. Es ist und bleibt mühsam und die erreichbaren Anschlussflüge von Frankfurt und München sind ein Restrisiko.
Ein sehr gutes Argument gegen die Sapphire USA war dieses Jahr die Sapphire Europe in Madrid: Ich persönlich konnte leider nicht anwesend sein, aber von meinen Mitarbeitern, den DSAG-Kollegen aus dem Vorstand und natürlich von meinen SAP- Stammtischschwestern und -brüdern habe ich nur Positives gehört. Es funktioniert also auch in Europa! Ein Veranstaltungs-Relaunch für die Kundenveranstaltung Sapphire mit Schwerpunkt Europa könnte somit 2026 ein wahrhafter Kick-off für Souveränität und Authentizität werden.
Aktuell fokussieren sich die IT-Szene und die SAP-Community auf das Thema Cloud Computing und besonders stehen die Hyperscaler am Pranger. Aber auch SAP wird für die heftige Liaison mit den Hyperscalern und anderen Anbietern wie Cloudflare kritisiert. Natürlich sitzt SAP oft zwischen den Stühlen: Das US-amerikanische Geschäft ist für SAP enorm wichtig und damit die S/4-Verfügbarkeit über die Hyperscaler. In Europa beobachte ich einen Erwachungsprozess in einem entstehenden Diskurs über Souveränität.
In einer vernetzten Welt erscheinen die Abkehr vom SAP-Cloud-Computing und die Rückkehr ins eigene Rechenzentrum als billiger Schritt. Mit der SAP Sovereign Cloud können wir zwischen verschiedenen Bereitstellungsmodellen wählen. Die Kontrolle über unsere ERP-Infrastruktur, IT-Plattformen und Prozesse soll die Anpassung an regulatorische sowie betriebliche Anforderungen ermöglichen. SAP will uns helfen, die lokalen Gesetze in Europa einzuhalten und unsere ERP-Systeme entsprechend nach eigenen Vorgaben zu skalieren. Zusammengefasst: eine alte Forderung von unserer DSAG.
In einer Wortmeldung von Martin Merz, Präsident SAP Sovereign Cloud, heißt es dann auch: „Die digitale Widerstandsfähigkeit Europas basiert auf einer Souveränität, die Sicherheit, Skalierbarkeit und Zukunftsfähigkeit gewährleistet. Das Full-Stack-Angebot für souveräne Cloud-Lösungen bietet Kunden die Möglichkeit, ihr bevorzugtes Bereitstellungsmodell auszuwählen, und unterstützt sie gleichzeitig, höchste Compliance-Anforderungen zu erfüllen.“
Papier ist geduldig, sagt man, meine SAP-Stammtischschwestern und -brüder sind mit dieser Erkenntnis von SAP sehr zufrieden. Aber SAP sollte umfassender, nachhaltiger und weiter denken: Nicht nur die ERP-Architektur ist von dem Wunsch nach Souveränität betroffen, sondern die gesamte Infrastruktur einer betriebswirtschaftlichen Aufbau- und Ablauforganisation. Wer wirklich souverän sein will, muss in souveränen End-to-End-Prozessen auf Grundlage einer souveränen Hard- und Software-Basis agieren. Diese Orchestrierung erfordert mehr als ein SAP-Bekenntnis zum On-prem-Gedanken.
Wie souverän ist SAP BTP mit einem generativen AI-Hub, der vorrangig die US-amerikanischen LLMs nutzt? Welche agentische KI wird zukünftig Zugang zu S/4 Hana bekommen? Wer sichert und orchestriert die Datenhoheit auf einer Business Data Cloud? Meine SAP-Stammtischschwestern und -brüder plädieren und argumentieren nachdrücklich, dass Souveränität in erster Linie eine Geisteshaltung in der SAP-Community sein sollte und eben nicht nur eine technische Funktion, die SAP schnell einmal zur Verfügung stellt.
Eine Initiative für ein souveränes ERP anlässlich einer zentralen Sapphire Europe in Madrid, Paris oder Frankfurt wäre ein nachhaltiges Bekenntnis, dass SAP uns europäischen – aber global agierenden – SAP-Bestandskunden helfen will. Die doppelte Buchhaltung wurde in Europa erfunden. Betriebswirtschaftliche Lehre ist tief an europäischen Universitäten verwurzelt. SAP ist eine europäische IT-Geburt. Wir sollten dieses Erbe mit Achtsamkeit und Respekt pflegen und bewahren.




