Hohe Strafzahlung für SAP
Das Oberlandesgericht von Mexiko-Stadt hat mit einem Urteil einer zivilrechtlichen Klage der Dominion Group und Méxicana de Electrónica Industrial gegen SAP Mexiko stattgegeben.
Konkret hatten Verantwortliche von SAP in Mexiko in den Jahren 2012 und 2013 im Rahmen des SAP-Partnerprogramms MCaaS ihren Vertriebspartnern Software-Lizenzen in großen Mengen zum Weiterverkauf an mexikanische Unternehmen verkauft.
Grundlage waren angebliche Marktstudien und Geschäftspläne, die den Partnern sichere Lizenz-Verkäufe mit hohen Gewinnen versprachen. Auch die mexikanische Tochtergesellschaft der in Spanien börsennotierten Dominion Group schloss auf dieser Grundlage einen Partnervertrag mit SAP.
Sie kaufte Software-Lizenzen im Wert von über zehn Millionen US-Dollar, konnte jedoch aufgrund der Täuschung hinsichtlich tatsächlicher Marktgegebenheiten bis heute weniger als ein Prozent des Lizenz-Kaufpreises realisieren. Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass wesentliche Angaben hinsichtlich Marktpotenzial und Gewinnprognosen seitens SAP nicht korrekt waren.
Marktstudien von weltweit anerkannten Beratungsunternehmen zeigten zudem, dass die von SAP selbst erstellten Studien und Prognosen in diversen Teilen fehlerhaft waren. Deshalb waren auch die als Grundlage des Partnervertrags in Aussicht gestellten Geschäftspotenziale für die Partner nie vorhanden.
„Vorsätzlich und bösgläubig“
SAP Mexiko wurde nun zur Zahlung von über zehn Millionen US-Dollar zuzüglich Aufwandsentschädigungen und Zinsen verklagt, da das Unternehmen nachweislich ein Geschäft angeboten hat, „das nicht durchführbar war, da kein potenzieller Zielmarkt existiert habe.“
Darüber hinaus wurde eine Summe in Höhe von mehr als fünf Millionen US-Dollar als Strafschadenersatz aufgrund der rechtswidrigen Handlungen seitens SAP Mexiko festgelegt.
In der Begründung zum Strafschadenersatz führt das Gericht zudem aus, dass sich aus den Aktenvermerken ergibt, „dass Elemente vorliegen, die positive und negative Verhaltensweisen von SAP México S.A. DE C.V. belegen, die jedem Grundsatz von Treu und Glauben fremd sind und dass es sich nicht um einmalige Ereignisse handelt.“
Es liege die Vermutung nahe, „dass SAP México, S.A. DE C.V. eine eigentümlich entschlossene und sogar systematische Art und Weise hat, Dritte zu täuschen, damit sie eine bestimmte Investition mit dem Versprechen tätigen, in ein erträgliches Geschäft einzusteigen, das in Wirklichkeit nicht existiert, weil es keinen potenziellen Markt gibt, der es stützt.“
Das Oberlandesgericht von Mexiko-Stadt kam zudem zum Schluss, dass im Rahmen der Schadensminderung „gegenüber den Klägerinnen vorsätzlich und bösgläubig verfahren wurde“.
Verstärkt wird der Täuschungsvorwurf dadurch, dass SAP Mexiko die Dominion Group bei der Entscheidungsfindung stark unter Druck setzte. Zudem geht aus den Akten hervor, dass es sich im konkreten Fall um keine einzelne Angelegenheit handelt, sondern weiteren Unternehmen der Branche ähnliche Lizenz-Verkäufe in Aussicht gestellt wurden.
Sachverhalt bei SAP bekannt
Damit ist der Rechtsspruch in einem über Jahre andauernden Rechtsstreit zwischen der Dominion Group und SAP Mexiko zunächst gefallen. Bereits im November 2018 hatte ein Zivilgericht in Mexiko-Stadt aufgrund der Vorwürfe als Vorsichtsmaßnahme eine Pfändung der mexikanischen Firmenkonten von SAP veranlasst.
Das war der zweite Versuch seitens Dominions, die Ansprüche gegen SAP geltend zu machen. Das Unternehmen hatte bereits 2016 die Führungsspitze von SAP in Deutschland in einem persönlichen Brief über die Unregelmäßigkeiten unterrichtet. Dort war der Sachverhalt offensichtlich auch bekannt.
Dennoch verliefen alle Gesprächsangebote bislang erfolglos. Gegen das vorliegende Gerichtsurteil hat SAP inzwischen Berufung eingelegt. Die mexikanischen Firmenkonten von SAP in diesem Fall bleiben jedoch weiterhin eingefroren.