Emarsys oder Marketing Cloud
Customer Engagement in der SAP-Welt
Im Online-Marketing sind die Ziele hoch gesteckt: Marketer nehmen den gesamten Customer Lifecycle ins Visier und wollen Interessenten, Neu- oder Bestandskunden jeweils mit personalisierten, genau passenden Angeboten über deren bevorzugte Kommunikationskanäle erreichen. Alle Interaktionen und Aktivitäten, ob Rabattaktionen über Social Media, E-Mail-Kampagnen oder personalisierte Website-Inhalte, sind zudem kontinuierlich zu evaluieren und zu optimieren. Möglich machen das Customer-Engagement-Plattformen, die riesige Datenmengen aus allen relevanten Quellen bündeln und in Echtzeit auswerten.
Emarsys, einer der führenden Anbieter solcher Omnichannel-Kundenbindungsplattformen, wurde 2020 von der SAP übernommen. Für Anwender steht somit zusätzlich zur SAP Marketing Cloud noch eine weitere Alternative zur Auswahl. Hendrik van Laaten, Geschäftsführer der Agentur Medienwerft, Teil der FIS-Gruppe, erläutert im Gespräch die Unterschiede und Stärken von SAP Emarsys gegenüber der Marketing Cloud und gibt Entscheidungshilfen.
Aus der Sicht eines SAP-Partners und passionierten E-Commerce-Beraters: Wie bewerten Sie die Übernahme von Emarsys durch die SAP?
Hendrik van Laaten, Medienwerft: Wir haben uns darüber wirklich gefreut, da wir in Emarsys großes Potenzial sehen und zu der Zeit bereits auch schon mit dem Anbieter zusammengearbeitet haben. Für uns schließt sich hier der Kreis: Die Welt des E-Commerce mit ihren an B2C-Prozessen orientierten Omnichannel-Plattformen und die SAP-Lösungen für komplexe digitale B2B-Vertriebsmodelle wachsen zusammen. Für die SAP und somit auch für deren Partner eröffnet sich damit der Zugang zu ganz neuen Anwendergruppen. Mit Emarsys geht SAP nach dem Kauf von Hybris einen weiteren großen Schritt in die Marketing-Welt.
Hendrik van Laaten, Geschäftsführer Medienwerft, Agentur für digitale Medien und Kommunikation GmbH, Hamburg (Teil der FIS-Gruppe)
Nun hat SAP aber bereits eine eigene Plattform, die Marketing Cloud, im Einsatz. Worin unterscheiden sich die beiden Systeme?
van Laaten: Das ist richtig, auch SAP-Marketing wurde und wird entwickelt mit dem Ziel, Daten zusammenzuführen und auszuwerten. Die Plattform ist sehr genau anpassbar auf die jeweiligen Unternehmensstrukturen und besonders geeignet für Vertriebsmodelle, die sehr granulare Scoring-Modelle benötigen; insgesamt also eine starke Basis für die Automatisierung des Vertriebs im hochpreisigen Investitionsgüterbereich. Wenn wir schauen, wo das System im Einsatz ist, so sind das in erster Linie große Konzerne, die Geld und Zeit in die Lösung investieren können.
Es sollte also auch auf die Größenordnungen geachtet werden?
van Laaten: Für einen Großteil der Anwender ist die Marketing-Plattform eher überdimensioniert und in der Einrichtung und Anpassung vom Aufwand her nicht zu unterschätzen. Zweitens brauchen diese Unternehmen, gerade im B2C-Bereich, eine Marketing-Automationslösung speziell im Bereich E-Commerce, weil sie entweder bereits Online-Shops installiert haben oder aber deren Einsatz planen. Beide Punkte sprechen für den Einsatz von SAP Emarsys. Denn ein Merkmal dieser Plattform ist die große Anzahl bereits voreingestellter Funktionen oder Cases.
Die Einrichtungszeit verkürzt sich dadurch erheblich im Vergleich zur Einstellung der Marketing Cloud, das System ist also schneller einsatzbereit. Durch diese kürzere Time-to-Value lässt sich das Potenzial, das in der Marketing Automation steckt, schneller heben. Zum anderen ist Emarsys konsequent aus Marketer-Sicht entwickelt und orientiert sich konsequent an den Anforderungen des modernen E-Commerce.
Was heißt das genau, wie wird dieser Marketing-Ansatz realisiert?
van Laaten: Natürlich basiert auch Emarsys auf der Verknüpfung unterschiedlichster Daten über alle Kanäle. Ausgangspunkt für Konzept und Aufbau der Plattform ist aber die Frage: Was brauchen Marketer, um ihre täglichen Aufgaben effizient zu bewältigen? Marketingverantwortliche werden gemessen am Erfolg ihrer Kampagnen und Aktionen. Die Herausforderung besteht darin, bei allen Abverkaufs- oder Werbeaktionen stets die KPIs im Blick zu behalten und auf Änderungen schnell und angemessen zu reagieren.
Und wie soll das funktionieren?
van Laaten: Die Emarsys-Dashboards kombinieren hierzu Überblicks- und Aktionstools. So sind nicht nur alle wichtigen Kennzahlen mit entsprechenden Vergleichswerten der Vorjahresperioden zusammengefasst, den Marketingzielen sind auch jeweils schon Strategien zur Zielerreichung zugeordnet, wie etwa „Warenkorb-Wert erhöhen“ oder „Kundenabwanderung verringern“. Zu jeder Strategie sind dann einzelne Taktiken hinterlegt, konkrete Aktionen, die direkt umgesetzt werden können. Es sind bereits Dutzende solcher Taktiken oder Aktionen im System verfügbar.
Inwieweit kann eine solche Vielzahl an Optionen auch verwirrend sein?
van Laaten: Es braucht durchaus auch Analyse und Erfahrung, die zu Beginn eben oft noch nicht vorhanden sind. Wenn ein Unternehmen einen Online-Shop neu eröffnet, der erwartete Umsatz jedoch ausfällt, ist oft Beratung gefragt. Es gilt dann, zunächst zu untersuchen: Wie ist die Customer Journey, wo liegen Schwierigkeiten, zum Beispiel, an welchem Punkt ist die Absprungrate überdurchschnittlich hoch? Unsere Aufgabe als Berater ist es dann, das Handwerkszeug vorzustellen und Empfehlungen zu geben, womit als Erstes zu beginnen ist, um schnell mehr Umsatz zu generieren.
Welche künftigen Entwicklungen erwarten Sie?
van Laaten: Ich gehe davon aus, dass E-Commerce künftig für die Mehrheit der Unternehmen ein Thema sein wird. Das heißt, es wird dann nicht mehr nur um Vertriebsautomatisierung gehen, sondern Vertrieb, Marketing und Shop-Aktivitäten sind zu synchronisieren. Dazu braucht es Emarsys. Aus meiner Sicht wäre es schlüssig, Emarsys langfristig als führende Plattform auszubauen und wichtige Bereiche der SAP Marketing Cloud zu integrieren.
Und wird es passieren?
van Laaten: Bereits jetzt ist zu sehen, dass sehr konsequent daran gearbeitet wird, noch bestehende Lücken der Plattform zu schließen. Ausgebaut wird etwa die Submarken- und Mandantenfähigkeit oder das Thema Account-based Marketing. Die Anbindung an SAP Commerce und andere SAP-CX-Produkte wird optimiert. Diese Entwicklungen werden sehr zügig umgesetzt, sodass hier sicher schnelle Erweiterungen und Verbesserungen zu erwarten sind.
E-3: Danke für das Gespräch.
Über Hendrik van Laaten
Von der Plattform-Strategie über die perfekte Customer Journey bis zu effektivem Online-Marketing: Als Geschäftsführer Digital-Strategie & Marketing und Mitbegründer der Hamburger Digitalagentur Medienwerft – seit 2016 Teil der FIS-Gruppe – ist Hendrik van Laaten ausgewiesener Experte für die Produkte der SAP CX Suite. Strategisches Denken und ein ausgeprägtes Markenverständnis zeichnen den Diplom-Kaufmann aus, der namhafte Kunden aus B2B und B2C in allen Aspekten der digitalen Transformation berät.