Digitalbranche im Aufschwung
Der deutsche Markt für IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik soll in diesem Jahr um 1,5 Prozent auf 172,2 Milliarden Euro wachsen. Nach den gedämpften Erwartungen in der zweiten Jahreshälfte 2019 hat sich das Geschäftsklima zuletzt wieder aufgehellt.
Mit 26,9 Punkten kletterte der Bitkom-ifo-Digitalindex im Dezember auf den höchsten Stand seit Mai 2019. Das gab der Digitalverband Bitkom zum Jahresauftakt bekannt.
„Aktuelle Debatten um künstliche Intelligenz, 5G-Netze und digitale Souveränität zeigen, welch enorme Bedeutung die digitale Wirtschaft in Deutschland hat“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Digitalisierung treibt Nachfrage
Die Informationstechnik gewinnt als größtes Segment der Branche weiter an Bedeutung. Die Umsätze steigen in diesem Bereich nach Bitkom-Berechnungen 2020 um 2,7 Prozent auf 95,4 Milliarden Euro.
Am stärksten wächst der Bereich Software mit einem Plus von 6,4 Prozent auf 27,6 Milliarden Euro. Der Markt für IT-Dienstleistungen, darunter Projektgeschäft und IT-Beratung, wächst ebenfalls überdurchschnittlich um 2,4 Prozent auf 41,9 Milliarden Euro.
Die Telekommunikation setzt voraussichtlich das Wachstum der vergangenen beiden Jahre fort. 2020 soll der Markt um 0,9 Prozent auf 68,8 Milliarden Euro zulegen. Mit Telekommunikationsdiensten werden nach Bitkom-Berechnungen 48,8 Milliarden Euro umgesetzt, das entspricht einem moderaten Plus von 0,4 Prozent.
Das Geschäft mit Endgeräten wächst auf 12,8 Milliarden Euro (+2,5 Prozent). Die Investitionen in die Infrastruktur steigen um zwei Prozent auf 7,2 Milliarden Euro.
Die Unterhaltungselektronik befindet sich weiter auf Talfahrt. Laut Bitkom-Prognose fallen die Umsätze 2020 zum dritten Mal in Folge kräftig. Der kleinste ITK-Teilmarkt schrumpft dieses Jahr voraussichtlich um sieben Prozent auf acht Milliarden Euro. 2019 entstanden in der Digitalbranche 42.000 zusätzliche Jobs.
„Die Digitalisierung schafft jedes Jahr Zehntausende neue Jobs und ist in Deutschland der stärkste Beschäftigungsmotor. Seit 2016 hat die Branche gut 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen“
sagt Berg.
„Die positive Jobbilanz wird allein durch den Mangel an IT-Spezialisten getrübt, der sich immer weiter zuspitzt.“
Nach einer aktuellen Bitkom-Studie waren Ende vergangenen Jahres 124.000 Jobs für IT-Experten unbesetzt. Das ist ein Anstieg um 51 Prozent im Vergleich zu 2018 mit 82.000 offenen Stellen.
„Das Fachkräfteproblem ist der Bremsklotz der Digitalbranche und damit auch der gesamten deutschen Wirtschaft. Jede unbesetzte Stelle steht für ein Weniger an Wachstum, Wertschöpfung und Innovation – was uns im globalen Wettbewerb zurückwirft“
sagt Berg.
„Deutschland verliert gerade den Anschluss an die internationalen Vorreiter der Digitalisierung wie Dänemark, Singapur, China oder die USA.“
Digitale Maßnahmen notwendig
Um dem entgegenzuwirken, müssen praktische Maßnahmen ergriffen werden. Zum Beispiel in der Bildung muss der Bund in die Lage versetzt werden, bundesweite Mindeststandards zu setzen und die Schulen dort zu unterstützen und zu verpflichten, wo sie diese Mindeststandards nicht erfüllen.
Unabhängig davon müssen Weiterbildungen und jenseits formaler Bildungswege erworbene Kompetenzen sehr viel stärker gesellschaftlich und finanziell gewürdigt werden.
Deutschland braucht außerdem erstklassige digitale Infrastrukturen: performante glasfaserbasierte und mobile Datennetze, intelligente Verkehrs- und Energienetze und leistungsfähige digitale Netze in smarten Städten und Gemeinden, Verwaltungen, Sicherheitsbehörden sowie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen.
Als wichtigster Akteur ist die öffentliche Hand zu entschlossenem Handeln aufgefordert und muss kräftig investieren.
Der Staat ist als Leitanwender digitaler Technologien gefordert, seine Verwaltung von Grund auf umzubauen. Staatliche Strukturen und Prozesse müssen „digital by design“ sein.
Die bestehenden analogen Verfahren müssen mit einem Verfallsdatum versehen und damit beendet werden. So würde als Nebeneffekt dem sich verschärfenden Personalmangel im öffentlichen Dienst begegnet.
Mitarbeiter, die in Verwaltungstätigkeiten nicht mehr eingesetzt würden, könnten als digitale Streetworker denjenigen helfen, die in der Onlinewelt Begleitung brauchen. Berg:
„Digitalisierung ist nicht die Kür, Digitalisierung ist Pflichtprogramm. Dabei müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Andere haben vorgemacht, wie Digitalisierung geht. Die Digitalisierung wartet nicht auf uns. Jetzt heißt es: Last Call: Germany!“