Interactive Virtual Reality im CPQ-Prozess
CAD-Daten sind das Grundgerüst. Die Variantenkonfiguration ist das individuelle Angebot an den Kunden. Hinzu kommen ein gutes Beziehungsmanagement und passende Preisfindung.
Bis ein ERP-System ein zufriedenstellendes Angebots- und Verkaufssystem ist, braucht es viele Ergänzungen und Adaptierungen. SAP-Partner SAE hat diesen Knoten gelöst.
Die Wachstums- und Gewinnsprünge vieler Fertigungsfirmen aus unterschiedlichen Branchen haben zu einem Großteil damit zu tun, dass Produkte oder ganze Produktsystemlösungen in immer variantenreicheren Ausprägungen Abnehmer finden. Diese Entwicklung wird sich nicht nur fortsetzen, sondern sich durch die Nutzung diverser Digitalisierungsmöglichkeiten noch deutlich verstärken.
Prozessintegrierte und virtuelle Konfigurationstools, die genutzte CPQ- Software (Configure Price Quote) bedarfsgerecht erweitern sowie ein erhöhtes Nutzungs- und Nutzenpotenzial im Vertrieb, aber auch im Service – siehe nachfolgende Diskussion – bieten, stellen im Zusammenhang mit Vertrieb 4.0 künftig den Standard dar. Überdies ist selbstverständlich bei einer immer stärkeren Digitalisierung auch ein ausgefeiltes Produktmanagement sicherzustellen.
Die Innovationsgeschwindigkeit bei Configure-Price-Quote-Software ist seit jeher hoch. Sowohl der breite Mittelstand als auch Großunternehmen profitieren von den stetigen Neuerungen und Weiterentwicklungen.
Im Fokus steht bei Configure-Price-Quote-Software, echte prozessintegrierte optische Konfiguratoren mit Echtzeit-Interaktionen gewinnbringend einzusetzen. Hier finden Merkmalsbewertungen direkt am konkreten Modell unter Verwendung von Virtual-Reality-Technologien statt.
Genutzt werden Produktkonfiguratoren in vielfältiger Art und Weise, beispielsweise in Onlineshops im B2C-Bereich ebenso wie bei B2B-Onlineportalen von Unternehmen. Verschiedene Lösungsansätze beschränken sich bislang allerdings auf ein eher niedriges Level und sind teils mit erheblichen Medienbrüchen behaftet.
Folgende Gesprächsrunde leuchtet die Anwendungsmöglichkeiten aus und blickt über den Tellerrand, um Anregungen und Perspektiven für einen innovativen Ansatz der von SAE entwickelten 3D-Variantenkonfiguration zu geben.
Peter Färbinger: Fast jeder kennt einen Konfigurator, zumindest all jene, die sich schon einmal ein Auto gekauft haben. Wenn man etwas Falsches einstellt, „schreit“ die Software, außerdem läuft auch immer auf der Seite ein Preisschild mit.
Meine Frage an die Runde: Braucht man so etwas in der Industrie bei Maschinen- und Werkzeugherstellern? In der Industrie hat man Experten vor sich sitzen und bei einer Materialnummer wissen die sofort, was dazu passt. Braucht man auch hier eine visuelle Unterstützung?
Ben Herrmann: In der Industrie im Allgemeinen und gerade im Maschinen- und Anlagenbau ist es wichtig, dass man eine Visualisierung vorfindet. Hier ist Konfigurierbarkeit, also die Auswahl der verschiedenen Elemente, die ich zusammenfüge, Voraussetzung.
Der Kunde fragt nicht mehr ein direktes Produkt an, sondern einen ganzheitlichen Service wie z. B. bei GE Power einen Business Case zur Energiegewinnung.
Beim Auto ist das noch relativ trivial. Bei Anlagen, wie sie bei GE Power geplant werden, ist es nicht mehr so trivial. Industrieprodukte sind aufwändig, haben vielfältige Anforderungen wie z. B. Gesetzesanforderungen und somit eine Vielzahl möglicher Konfigurationen, um all diese Anforderungen abzubilden.
Deswegen auch die hohen Investitionen in die Angebots- bzw. Auftragsabwicklungsabteilungen und die dort notwendigen Technologien. Ohne moderne innovative IT-Unterstützung wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, technisch anspruchsvolle Produkte und Systeme zeitnah und kosteneffizient anzubieten.
Wenn ich in der initialen Budgetphase – in der Angebotsphase – schon sagen kann, welche Lösungen ich einem Kunden anbieten werde, habe ich beiden Seiten, Verkäufer und Käufer, einen hohen Aufwand erspart. Im Maschinen- und Anlagenbau wird also definitiv eine einfach anzuwendende interaktive 3D-Visualisierung als Unterstützung gebraucht.
Färbinger: Ist die Visualisierung der Variantenkonfiguration die Exit-Strategie, um die Komplexität überhaupt noch beherrschen zu können, weil sie der Mensch anscheinend nicht mehr beherrscht?
Frank Niemann: Die Applikationen bleiben komplex und sie werden eher noch komplexer, weil auch die Anforderungen steigen werden. Ich glaube, B2C und B2B, das sind getrennte Märkte, aber sie beeinflussen sich.
Die Erwartungshaltung ist heute, dass sich eine komplexe Maschine visuell konfigurieren lässt, so wie einen Audi auf der Website des Anbieters. Die Komplexität an der Kundenschnittstelle kommt zu der bestehenden Komplexität im Back-End hinzu.
Wir reden von der Digital Consumer Experience, die sich auch stark im B2B-Bereich breitmacht. Hier ist sicherlich der Nachholbedarf groß. Wir sehen gerade einen großen Trend in Richtung B2B-E-Commerce.
Also: B2C hatten wir und es läuft auch. B2B hatten wir eigentlich auch schon, im einfachsten Fall in Form von EDI, Electronic Data Interchange. Jetzt haben wir B2B-E-Commerce. Ein digitaler Vertriebskanal entsteht und visuelle Variantenkonfiguration oder CPQ gehören sicherlich dazu.
Färbinger: Der Anwender konfiguriert dann komplexe Maschinen selbst und legt sie in seinen Warenkorb?
Niemann: Das wäre der Wunsch. Die Losgröße eins ist sicherlich eines der Dinge, die wir immer öfter sehen werden, eben auch im Maschinen- und Anlagenbau. Vielleicht ist die Interaktion mit einem Vertriebsmitarbeiter nicht mehr notwendig.
Die konfigurierte Maschine ist aber nur ein Teil im B2B-E-Commerce. Beispielsweise sind Services und Ersatzteile ein Riesenmarkt für die deutsche Industrie. Auch hierbei muss ich konfigurieren, es wird auch automatisiert und im Self-Service eine Variantenkonfiguration geben.
Färbinger: Wie sehen Sie die veränderte Rolle des Vertriebs, der vielleicht früher mit der Schreibmaschine den Auftrag getippt hat und jetzt interaktiv Variantenkonfiguration vor einem Bildschirm ausführt? Hat sich die Rolle geändert, wird sie sich ändern, in welche Richtung geht es?
Susanne Henkel: Die Rolle hat sich definitiv geändert. Die B2B-Produkte werden mittlerweile stark individualisiert. Maschinenbauer müssen viel stärker als früher auf die kundenindividuellen Bedürfnisse eingehen.
Das bedeutet eine zunehmende Komplexität für den Vertrieb. Der Vertriebsmitarbeiter muss befähigt werden, die Individualisierung des Angebots selbst durchzuführen, weil durch die individuelle und visuelle Konfiguration das Angebot schneller akzeptiert wird.
Das Problem war, dass die Konstruktionsabteilungen, die das Angebot in ein CAD-Modell umsetzen mussten, zeitlich oft komplett überfordert waren. Die Herausforderung ist, dass der Vertrieb in die Lage versetzt wird, diese Vor-CAD-Phase selbst abzubilden.
So kann er dem Kunden unmittelbar zeigen, das ist sein individuelles Produkt, seine Anlage. So entsteht tatsächlich eine vom Kunden erstellte individuelle Produktlösung.
Färbinger: Eine Herausforderung ist also die Optimierung des Verkaufsprozesses?
Henkel: Der Vertrieb kommt mit einer Anforderung vom Kunden, nun wird es CAD-mäßig in der Technik umgesetzt, dann geht es zurück zum Kunden, der sagt, so habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.
Der Kunde verändert die Konfiguration, die muss dann wieder zurück in die Technik – und so weiter: Pingpong. Was wir jetzt geschafft haben, ist, die Konfiguration selbstständig, visuell, interaktiv und direkt vor Ort durchzuführen, im Gespräch mit dem Kunden die räumlichen Abmessungen, die Funktionen, die Ausprägung der Anlagen und Systeme unmittelbar umzusetzen.
Das ist die neue Rolle des Vertriebs. Letztlich wird alles am Faktor Zeit gemessen. Neben den damit erreichbaren kürzeren Durchlaufzeiten entlasten wir die Konstruktionsabteilung im Prozess der Auftragsgewinnung – der wohl zu den strategisch wichtigsten Prozessen im Unternehmen gehört.
Ob es ein Auftrag wird, wissen wir am Anfang nicht, aber wir verursachen auch keine internen Kosten in der Konstruktionsabteilung.
Färbinger: Stimmt das?
David Sappl: Das sind genau die Probleme, mit denen wir gekämpft haben. Die Kunden haben gewisse Anforderungen. Als Konstrukteur bekomme ich die Anforderungen vom Verkäufer, dann fange ich an, mache meine Pläne und nach zwei Wochen gebe ich den Plan ab.
Dann erkennt der Kunde, da sind wir zu nahe an der Grundstücksgrenze, die Positionierung der Transformatoren muss aufgrund geänderter Lage der Anschlussleitung neu positioniert werden usw.
Ein Konfigurator im Vertrieb ist die Single Source of Truth, also die einzige Quelle, auf der wir aufbauen. Wenn der Verkäufer das Angebot mit dem Kunden visuell und interaktiv konfiguriert, dann erhalte ich in der Auftragsplanung sehr genaue und präzise Informationen.
Ich sehe sofort, wie z. B. das Gebäude mit den Motoren auf dem Grundstück positioniert werden soll und kann automatisch mithilfe der Konfiguration sämtliche Anschlussleitungen berechnen bzw. ableiten.
Einer fehlerfreien, effizienten Auftragsbestätigung und Auftragsabwicklung steht dann nichts mehr im Weg.
Färbinger: Herr Schaarschmidt, Ihre Lösung haben wir in der E-3 Coverstory April 2018 beschrieben. Wenn ich mir das hier anhöre, dann ist der Vorteil Ihrer Lösung, dass es eine End-to-End-Situation gibt, die nahtlos vor- und zurückgeht, damit ich nicht in diese Sackgassen hineinlaufe und zwei Wochen konstruiere, was ich dann in den Papierkorb schmeißen kann.
Erich Schaarschmidt: Das ist genau das, was immer unser Ziel war. Wir sind seit vielen Jahren in dem CPQ-Prozess involviert und haben miterlebt, wie aufwändig es ist, komplexe Maschinen- und Anlagenlösungen umzusetzen.
„State of the Art“ ist ein aufwändiges Abstimmen und Synchronisieren zwischen Kunde, Vertrieb, Konstruktion/Entwicklung und Controlling. Das ist der Alltag im technischen Maschinen- und speziell im Anlagenbau.
Anlagenbau heißt, aus unzähligen Komponenten eine Lösung zusammenzusetzen. SAE reduziert den enormen Aufwand durch interaktives 3D-Modelling inklusive SAP-Integration.
Weil wir SAP-Partner sind, wollen wir natürlich so viele Daten wie möglich nutzen. Eingebaut in unsere Lösung ist, dass die Konstruktion mit den richtigen Preisen angeboten wird und natürlich die richtigen Texte vorhanden sind.
Oft macht man sich keine Gedanken, was die LO-VC, die SAP-Variantenkonfiguration, für ein Goldschatz ist. Wir können durch unsere Lösung den Kollegen draußen im Vertrieb die LO-VC zur Verfügung stellen, damit auch der Vertrieb mit diesem Datenschatz genau diese End-to-End-Solution leben kann.
Färbinger: Das klingt alles sehr logisch. Warum gibt es eine solche Lösung nicht schon seit zehn Jahren?
Niemann: Also CPQ, Configure-Price- Quote-Software, gibt es schon ziemlich lange.
Färbinger: Wo liegt das Geheimnis?
Schaarschmidt: Wir haben eine technische Vergangenheit und wir sind schon immer SAP-Lösungsanbieter gewesen. SAE beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Konfiguratoren.
Mit den Logiken und Methoden des SAP-LO-VC steht ein flexibles Werkzeug zur Ordnung und damit Fehlervermeidung zur Verfügung. Wird nun ein Variantenmodell mit den zugehörigen 3D-Modelldaten kombiniert, entsteht eine einzigartige Applikation.
Übrigens war CAD-Automation schon immer ein Spezialgebiet von SAE. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass wir durch den Fortschritt der Technologien eine eigene CAD-Applikation als digitalen Zwilling für den Vertrieb entwickeln und bereitstellen. Ich möchte das, was ich konfiguriere, auch sehen und ich möchte es einfach bedienen können.
Niemann: Sie haben sich genau auf dieses Thema fokussiert, sozusagen die letzte Meile. Sie haben ja nicht etwas Etabliertes infrage gestellt. Sie haben die letzte Meile zum Vertrieb oder im erweiterten Sinne zum Kunden oder vielleicht sogar Vertriebspartner „geschlossen“. Wir reden heute über CPQ, weil die großen IT-Anbieter das nicht alles selbst erfinden können.
Herrmann: Ich glaube, dass sich auch die Welt verändert hat. Vor diesem Hintergrund sind für mich zwei Schlagwörter wichtig: Simplification und Digitalisierung.
Simplification in diesem Kontext bedeutet, jeder möchte es einfach haben. Wir sind daran gewöhnt im digitalen Zeitalter, und da ist das zweite Wort schon mit beinhaltet: Wir reden von wirklicher Digitalisierung, Automatisierung – dass vieles einfacher läuft.
Es ist nicht so, dass man sich Technologien gegenüberstellt, sondern man versucht, sie mitzutragen. Dieser Mindset Change, der stattgefunden hat, ist der eigentliche Treiber. Und so ist es, dass die Firma SAE hier in Vorleistung gegangen ist – vom Mindset her einen 3D-Variantenkonfigurator zu erfinden.
Schaarschmidt: Ich habe vergangene Woche mit dem Geschäftsführer eines großen Unternehmens gesprochen, der hat genau das Gleiche gesagt.
Wir bekommen im Einkauf immer mehr Impulse durch die junge Generation, und die gibt sich nicht mehr mit fünf Seiten vorgefertigtem Text ab, der eine Maschine beschreibt – die wollen das sehen.
Die wollen auch simulieren können, wie die Anlage funktioniert. Jetzt passt es natürlich auch vom Mindset, dass diese Visualisierung und Simulation technisch per Web-Browser möglich wird.
Nun sieht man in der SAE-Cloud-Applikation, wie ich z. B. den Produktionsablauf simuliere, dass der Produktionstakt stimmt, dass die ROI-Berechnung aufgrund der Abläufe passt. Wenn der Roboter etwa ein Teil biegt, lässt sich der Vorgang in einer 3D-Simulation darstellen und damit kann man natürlich punkten.
Henkel: Es ist wichtig zu differenzieren zwischen starrer 3D-Visualisierung und interaktivem 3D-Modellieren bzw. Gestalten und Simulieren. 3D-Visualisierung oder 3D-Konfiguration gibt es.
Vieles davon sind aber nur Insellösungen. Ich kann mit 3D konfigurieren, aber die Resultate basieren nicht auf der SAP-LO-VC. Was bringt mir das? Mit unserer Lösung SAE Interactive Motion Engine haben wir eine durchgängige Lösung geschaffen.
Wir ziehen die Daten aus SAP, nehmen die CAD-Daten und kombinieren sie mit unserer Interactive Motion Engine IME. Der Vertrieb konfiguriert, drückt auf den Knopf und erhält ein komplettes Angebot inklusive einer Simulation mit hochwertigen Grafiken.
Daraus können unmittelbar Service-Handbücher, Anleitungen oder Marketing-Kampagnen entstehen. Der Interessent bekommt sein Angebot und sieht genau, wie seine Konfiguration ausschaut.
Weiterhin ist das individuelle 3D-Modell voll dynamisch anpassbar. Das macht den Unterschied und das ist der Mehrwert. Nur so kann ich die „CAD-Abteilungen“ entlasten.
Färbinger: Diese Simplification ergibt sich eigentlich aus dem integrierten System. Für den Vertrieb, aber auch für den Kunden ergibt sich daraus ein neues Rollenbild, eine andere Herausforderung, oder?
Niemann: Das hat auch organisatorische Implikationen, wenn ich nicht mehr sequenziell arbeite, sondern eine Interaktion möglich wird. Damit ergibt sich für mich eine Informationsdrehscheibe, auf dieser Basis können sich Konstruktion, Entwicklung, Vertrieb, Marketing und Service austauschen.
Dann wird es möglicherweise leichter, organisatorische Veränderungen durchzuführen, statt zu sagen, ihr müsst euch oft genug zusammensetzen und mehr miteinander reden – dann geht es schon.
Herrmann: Ich habe damit ein Kommunikations- und Vernetzungswerkzeug. Der Vertrieb wird sich anders sehen müssen. Am Standort Deutschland gibt es diesen technischen Vertrieb, aber im globalen Markt sieht es anders aus.
Mit der Lösung kann ich den Kunden besser informieren, auch wenn dieser weniger Detailwissen hat. Viele wollen heute auch gar nicht mehr jedes Detail wissen.
Sie müssen es einfach verstehen, und ebendiese Einfachheit ist das Wichtigste. Es gibt keinen Weg vorbei an einem interaktiven 3D-Modelling.
Schaarschmidt: Wir haben zwei Kunden, die bekommen Dankes-E-Mails von ihren weltweit ansässigen Vertriebsniederlassungen. Wer bekommt von seinem Vertrieb Dankes-E-Mails? Weil sie nun vernünftig und vielleicht auch befreiter verkaufen können – ohne die Sorge, hoffentlich habe ich keinen Fehler gemacht – unsere SAE IME passt auf.
Herrmann: Es ist gut, dass man ein Werkzeug hat, mit dem man durchgängig planen kann, von externen Kunden, Vertrieb in die interne Kundschaft. Letzte Instanz sind die Fertigung und der Service, diese müssen betrachtet werden.
Nur durch eine valide Konfiguration kann ich auch sagen, ob Baubarkeit und Machbarkeit gegeben sind. Man besteht trotzdem auf Variantenreduktion, sonst erfinde ich alles neu.
Wir reden über Konfiguration, aber der Blick auf die Kosten ist wichtig! Das sollte man gerade über so ein Tool wieder sehen: Was kostet mich eine derartige Konfiguration?
Die Vorteile sind zum einen die Prediction, ich kann vorhersehen, was der Kunde möchte, und auf der anderen Seite die Guidance, ich zeige dem Kunden, wie das Produkt in seiner Umgebung interagiert.
Er sagt dann, das passt nicht und ich brauche noch etwas anderes, was er im Nachprozess noch einmal bestellen muss. Da entstehen unglaubliche Kosten, die verschwinden in Gemeinkosten-Pools, die nicht mehr verifizierbar sind.
Das sind die versteckten Komplexitätskosten, wie man es im Fachjargon nennt. Diese Kostenthematik ist für die Unternehmen eine der wichtigsten Herausforderungen.
Färbinger: Führen wir hier eine technische oder betriebswirtschaftliche Diskussion?
Niemann: Das eine bedingt das andere. Das kann man nicht mehr trennen. Das Business braucht die IT, und wenn wir über Kosten reden: Wie lang kann sich ein Vertriebsexperte mit einem Kunden, mit einem Angebot beschäftigen?
In einem Hochlohnland wie Deutschland, wo ein Fachkräftemangel herrscht, sind die personellen und zeitlichen Ressourcen sehr begrenzt. Da ist jede Art von Automatisierung natürlich ein Gewinn für das Unternehmen.
Natürlich reden wir am Ende von Technik, aber der betriebswirtschaftliche Hebel wird immer mehr betrachtet, weshalb dann auch die Relevanz von IT-Lösungen immer weiter steigt.
Herrmann: Die Unsicherheit ergibt sich daraus, dass Kunden schwer einzuschätzen sind. Ich gehe mit dem Kunden ins Gespräch und habe die Auftragsabwicklungskette vor mir: vom Erstkontakt bis hin zur Auftragsauslieferung.
Der zweite, darauffolgende Teil ist der Service, der oft mitverkauft wird. Ich verkaufe dem Kunden einen Business Case. Es stellt sich die Frage: Biete ich wirklich nur den Roboterarm oder eine ganze Fertigung an?
Henkel: Es besteht die Gefahr, dass ein reiner Vertriebskonfigurator nicht technikbasiert ist und beispielsweise die Baubarkeit nicht garantiert ist. Die Durchgängigkeit ist essenziell.
Dieses kundenindividualisierte 3D-Modell kann ich dann auch dem Service zur Verfügung stellen. Das bringt wirklich Mehrwerte: eine Durchgängigkeit basierend auf dem Regelwerk.
Ich bekomme es auf Knopfdruck zurück ins SAP und ich kann diese Daten, diese Modelle sowie Bilder und Filme allen zur Verfügung stellen. Die Customer Experience, das Einkaufserlebnis, das da entsteht, ist für den Kunden überzeugend.
Herrmann: Das ist ein wichtiger Punkt. Gerade diesen Servicebereich vergisst man oft. Der Servicetechniker steht draußen vor der Maschine und weiß nicht, wie das Ding ausschaut. Aus dem 3D-Modell entsteht ein digitaler Zwilling für den Service.
Henkel: Genau. Der Servicetechniker bekommt nicht ein allgemeingültiges Modell präsentiert, sondern er sieht wirklich die Maschine des Kunden. Und dann sieht er natürlich auch, welches Bauteil zu tauschen ist.
Niemann: Das ist eine andere Erlebbarkeit des Produktes. Wenn ich heute auf eine Website gehe, ist das Erste, was ich sehe, ein Video: Visualisierung. Ich werde diese Erlebbarkeit herstellen müssen.
Färbinger: Ist aber nur schön nicht zu wenig?
Niemann: Ich möchte noch einen Punkt anfügen, der diese Durchgängigkeit der Daten mit hervorbringt: Ich lerne viel mehr über meine Kunden.
Wer will denn was und wie konstruiert haben? Aus welcher Region, in welcher Kundengröße ist der Bedarf? Was sind Merkmale, die immer abgeändert werden? Dieser Rückfluss von der Kundenschnittstelle zurück ins Produktmanagement ermöglicht auch eine durchgängige Datenhaltung.
Färbinger: Man muss die Leute sensibilisieren für den Datenschatz, den ich habe, dass ich ihn auch wirklich anwende.
Niemann: Das ist etwas, was ich nur unterstreichen kann. Qualifizierung und Bildung sind bei der Digitalisierung ein Riesenthema. Es hat nichts damit zu tun, dass ich alles automatisiere und eigentlich die Menschen dann nicht mehr brauche, sondern ich muss die Menschen einbinden, aber dafür muss ich sie qualifizieren.
Ich bin überzeugt, dass sich in einem Unternehmen auch Dinge verändern lassen, nicht von oben, sondern letzten Endes über das Bereitstellen und das Partizipieren-Lassen.
Henkel: Weil unser System interaktiv und eigentlich selbsterklärend ist, gibt es keine Schulungen im Sinne von „Ich muss das Tool erklären“. Der Anwender schult sich automatisch durch die Bedienung selbst.