S/4 braucht Zeit und Argumente
Wer den digitalen Wandel in der Fabrik vollziehen möchte, benötigt künftig eine IT-Landschaft, in der Anwendungen miteinander vernetzt und automatisiert laufen und Daten in Echtzeit bereitgestellt werden können.
Der digitale Kern S/4 Hana ermöglicht im Zusammenspiel mit der In-memory-Datenbank Hana eine durchgängige und nachhaltige Unternehmenstransformation. S/4 Hana gibt es on-premise oder in der Cloud.
Laut dem SAP-Beratungsunternehmen Phoron schneidet SAP mit S/4 Hana einige Zöpfe ab und bringt bestehende Prozesse sowohl über die Datenbank im Hintergrund als auch vom User Interface her auf eine neue zukunftstaugliche Version.
SAP-Anwender profitieren von den neuen Fiori-Oberflächen, die wesentlich intuitiver zu bedienen sind als der SAP GUI, die grafische Benutzeroberfläche eines aktuellen ERP-SAP-Systems.
Kunden selbst bekommen mit der Hana-Datenbank eine Plattform geliefert, die zusätzlichen Nutzen hinsichtlich performance-intensiver Berechnungen und Analysen bietet, z. B. als Basis für SAP Predictive Analytics, SAP Data Mining und SAP Hana Data Warehousing.
Die Reaktionen auf die neue Lösung von SAP sind laut der Innovationsstudie 2016 der DSAG aber eher verhalten. Der DACH-Mittelstand agiert zögerlich und investiert hauptsächlich in Rollout- und Konsolidierungsvorhaben. Lediglich fünf Prozent der Unternehmen sehen S/4 Hana als Schwerpunkt ihrer Hauptinvestition.
Aufklärung gefragt
„Die Stärken der neuen Business Suite erfordern von Kunden, vorhandene Systeme zu migrieren und gegebenenfalls Prozesse anzupassen“
so Wolfgang Mayer, Managing Consultant bei Phoron.
„Die teilweise Änderung des Datenmodells bedingt gegebenenfalls auch Anpassungen von kundenspezifischen Programmen und Oberflächen. Hana stellt andere, meist höhere Anforderungen an die Systemlandschaft als eine normale Datenbank.
Insofern gibt es einige Punkte, die im Zuge einer ROI-Rechnung einen deutlichen Mehrwert bringen müssen, bevor ein solches Projekt angegangen wird.“
Für einige Kunden sei die Arbeit in der Cloud wie die Übertragung von bzw. der Zugriff auf Daten mit einem unguten Bauchgefühl verbunden:
„Das Wichtigste ist, die seitens SAP umfangreich vorhandenen Informationen und Schlagwörter für Kunden verständlich aufzubereiten.
Wir erklären z. B. unseren Kunden die Unterschiede zwischen Suite on AnyDB, Suite on Hana‚ Suite on Hana inklusive S/4 Hana Finance und S/4 Hana. Wir zeigen auf, wo Vorteile und Risiken liegen.“
Um S/4 Hana den Kunden schmackhafter zu machen, könnte es ebenfalls ein Vorteil sein, wenn sich SAP anderen Datenbanken öffnet. Das ist bisher ein Streitthema.
Für SAP liegt der Vorteil in nur einer DB darin, dass man sich genau auf die Optimierung dieser Plattform konzentrieren kann und damit die Anzahl an Neuerungen bzw. überarbeiteten Prozessen steigt.
„Eine breite Unterstützung für mehrere Datenbanken erhöht zwangsläufig den Entwicklungsaufwand für die entsprechende Datenbank-Schnittstelle. Hier brauchen aber vor allem die Bestandskunden mehr Zeit“
so Mayer.
„Ein Versionswechsel eines ERP-Systems ist ein großes Projekt, welches viele Ressourcen (Fachbereich und IT) bindet und hohe Kosten, sowohl intern als auch extern, verursacht.
Das reine Argument ‚Damit können wir in Zukunft mehr machen‘ reicht nicht aus.
Der Fachbereich lässt sich nur durch konkrete Lösungen für konkrete Problemstellungen überzeugen. Je höher der Leidensdruck, desto höher die Bereitschaft, sich mit neuen Produkten auseinanderzusetzen.“
Keine Hauruck-Aktion
Grundsätzlich sollte ein SAP-Beratungshaus seinen Kunden vermitteln, was mit der SAP-Hana-Cloud-Plattform für das Unternehmen möglich ist und was nicht.
Die Hana-Cloud-Plattform bietet unterschiedliche Funktionen wie z. B. das Entwickeln von eigenständigen Applikationen, aber auch das Auslagern von Services (Mobile Services, Adobe Document Services).
Grundsätzlich empfiehlt Mayer eine schrittweise Migration, um die Projektrisiken gering zu halten und die jeweiligen Innovationen stufenweise zu nutzen.
Wenn es um die neue Business Suite von SAP geht, sind die meisten SAP-Anwender noch dabei, Informationen einzuholen.
Um das Thema bei den Bestandskunden voranzutreiben, sind auf der einen Seite die SAP-Partner gefragt, die Einsatzszenarien für unterschiedliche Branchen und deren Herausforderungen entwickeln sollten.
Auf der anderen Seite ist die SAP gefragt, mit welchen Argumenten sie die Anwender noch erreichen kann.
Bislang bewirbt man S/4 Hana mit einer enormen Geschwindigkeitssteigerung – dieses Argument reicht für viele Bestandskunden nicht aus, um auf S/4 Hana umzusteigen, insbesondere wenn diese keine Performance-Probleme aufweisen. Konkrete Lösungen zu vorhandenen Problemstellungen sind gefragt, um den Fachbereich zu überzeugen.