Nicht ersetzen, sondern unterstützen
Fachkräfte vs. Technik
Das Hays Institut für Beschäftigung und Employability hat für die Region DACH ermittelt, dass 44 Prozent der befragten Unternehmen unter Fachkräftemangel leiden; 35 Prozent klagen über Arbeitskräftemangel und 32 Prozent sprechen von knappen Nachwuchskräften.
Ein weiterer Faktor, der in der Umfrage allerdings nicht berücksichtigt wurde, ist das Thema Work-Life-Balance und die damit einhergehende Entwicklung der verfügbaren Arbeitszeiten. In der Praxis reduzieren immer mehr Angestellte ihre Tätigkeit von einer 5-Tage-Woche mit 100-Prozent-Arbeitszeit (FTE = 100) zu einer 4-Tage-Woche mit zum Beispiel 80 Prozent oder weniger Arbeitszeit (FTE ≤ 80).
Auch das Softwareunternehmen Kern AG aus Freiburg erlebt derzeit diese Veränderung bei seinen Arbeitnehmenden. Der Geschäftsführer Eckhard Moos fasst trocken zusammen: „Hinter der Aufmunterung zur Work-Life-Balance steht faktisch der Trend ,vom Work zum Life‘ mit dem Effekt, dass bei konstanten Headcounts die kumulierte FTE sinkt.“
Produktivität steigern
Diese Controller-Formel erfasst teils heftige Veränderungen. Jedem Mitarbeiter ist die 4-Tage-Woche persönlich gegönnt, aber das Unternehmen verliert sofort 20 Prozent der bis dahin verfügbaren Arbeitszeit. In einer arbeitsteiligen Wissensgesellschaft dürfte der tatsächliche Rückgang sogar noch größer sein: Die Kosten der Abstimmung (mit Kollegen und Geschäftspartnern) steigen; bei konstanter Rüstzeit sinkt wegen der Formel „Produktivzeit = Arbeitszeit – Rüstzeit“ die Produktivzeit; das Verhältnis Rüstzeit zu Produktivzeit steigt rechnerisch und verschlechtert sich betriebswirtschaftlich. Der Verlust an wertschöpfender Arbeitszeit von 20 Prozent oder mehr ist ein sehr heftiger Einschnitt in das Produktionsgeschehen insgesamt. Für die technische Industrie gehört es zum Geschäft, auf knapper werdende Produktionsfaktoren mit Produktivitätssteigerungen zu reagieren und mit Innovationen zu antworten. Darin ist sie der Wissens- und insbesondere der Beratungsindustrie überlegen. Wie kann nun aber im Beratungsgeschäft die Produktivität gesteigert werden?
Jean-Christophe Spenlé, Leiter der Beratungsabteilung bei der Kern AG, stimmt dem zu, denn die Beratung im Allgemeinen und das Consulting im Dreieck Betriebswirtschaft, Geschäftsprozesse, SAP ist besonders komplex. Spenlé führt den Gedanken weiter und weist darauf hin, dass Persönlichkeiten mit den geeigneten Soft Skills, dem notwendigen Intellekt und guten Kommunikationsfähigkeiten sehr knapp sind. Von Menschen mit diesen Fähigkeiten hätte man gerne mehr, stattdessen bekommt man wegen der Teilzeit sogar noch weniger (Arbeitszeit) von ihnen.
Spenlé sieht dennoch die Chance, die Gestaltungskraft seiner Beratungsabteilung zu erhalten und zu stärken. Unter der Annahme, dass alle bereits effizient arbeiten, können sie ihre Arbeitsleistung genau dann (mindestens) auf gleicher Höhe halten, wenn sie produktivitätssteigernde Werkzeuge zur Hand bekommen.
SAP-integrierte Bausteinbox
In dieser Aufgabe liegt für Eckhard Moos der unternehmerische Reiz. Dabei lässt er sich von seiner klaren Grundregel leiten: „Es ist besser, eine wirksame Persönlichkeit an Bord zu haben, auch unter den Bedingungen von Teilzeit, als sie gar nicht an Bord zu haben.“
Nach dem Konzept „Erkennen, Modellieren, Implementieren“ hat die Kern AG den Grundsatz der Artificial Intelligence aufgenommen („identify data patterns and how to apply these patterns to the real world“) und als Process Intelligence weitergeführt: „Identify process patterns and how to apply these patterns to the real world.“ Resultat ist die SAP-integrierte Applikation Allevo Orbit.
Die neue Lösung ist so organisiert, dass betriebswirtschaftliche Handlungen und Geschäftsprozesse in ihre kleinsten Teile zerlegt werden können. Für diese kleinen Teile gibt es vorgefertigte „gleichteilige“ Bausteine. Haben die Berater also das Prozessmuster erkannt, nehmen sie sich die Bausteine von Orbit und stecken sie gleichermaßen zu einem SAP-integrierten Prozess zusammen. Orbit organisiert intern den Prozessablauf und liefert schließlich das Ergebnis.
Allevo Orbit kann man sich als eine SAP-integrierte Bausteinbox mit vielen Steinen vorstellen, die man zusammenstecken und zu immer neuen Prozessen kombinieren kann. Die Gleichförmigkeit der Bauteile macht das Verfahren zugänglich, einfach und schnell. Die Berater steigern ihre Produktivität und skalieren ihre Leistung. „Das ist unser unternehmerischer Beitrag zur Work-Life-Balance. So sehen Werkzeuge für die Produktivitätssteigerung der Wissensarbeiter aus“, erklärt Moos.
Die Kern AG sieht dank Allevo Orbit die Chance, die Consultants ihrer beiden Solution Center Logistics und Controlling schneller, flexibler und wirksamer zu machen. Als Teil einer SAP-integrierten Applikation profitieren alle Berater von der neuen Technologie. Aktuell wird Allevo Orbit auf Herz und Nieren geprüft und mit Kunden in Ramp-up-Projekten harten Praxistests ausgesetzt.
„Selbstverständlich kommen wir an allen Enden auf neue Ideen und stoßen uns auch an Ecken, die wir dann beseitigen“, sagt Eckhard Moos. „Aber das Konzept besteht jeden Test und bestätigt schon heute sein Potenzial.“
In Software gegossen
Genau besehen ist das kein Wunder und auch keine unerwartete Wendung, sondern nur konsequent, denn die Kern AG hat letztlich etwas völlig Logisches gemacht: Sie hat ihre mehr als 25 Jahre SAP-Know-how ausgenutzt und ihre Erfahrung aus SAP-Projekten ausgewertet. Dieses Wissen hat sie nach den Kriterien der Process Intelligence modelliert und in Software gegossen. „Wir geben unseren Kunden ein Instrument in die Hand, mit dem sie viel mehr Aufgaben in der gleichen Zeit oder dieselben Aufgaben in weniger Zeit erledigen können“, fasst Eckhard Moos zusammen.