ISO 20022: Banken müssen und Unternehmen sollten
Die Umstellung gilt als eine wichtige Initiative zur Modernisierung der globalen Finanzinfrastruktur. Durch die globale Harmonisierung auf ISO 20022 sollen Finanztransaktionen deutlich erleichtert, transparenter und eindeutiger gestaltet werden.
Zukunft des Zahlungsverkehrs
Im Wesentlichen ist ISO 20022 ein Standard, der regional unterschiedliche Finanznachrichtenformate ersetzen und so vereinheitlichen soll. Er definiert zwei Schlüsselelemente, Syntax und Semantik, und entkoppelt diese. Dadurch wird zum einen die Zukunftsfähigkeit der Syntax, zum anderen aber auch die Zugänglichkeit zur Informationssemantik erheblich verbessert. Durch die wesentlich höhere Zahl von Datenelementen, die das neue Format abbilden kann, eröffnet ISO 20022 der Finanzbranche zahlreiche Vorteile nicht nur in der Compliance, sondern auch für die Einführung ganz neuer Geschäftsmodelle.
Im März 2023 beginnen die Koexistenzphase sowie das Go-live für grenzüberschreitende Zahlungen und Reporting (Crossborder Payments and Reporting, CBPR) für den neuen Nachrichtenstandard in der Finanzindustrie. Diese Tatsache treibt den Puls bei den IT-Verantwortlichen in Banken auf der ganzen Welt in die Höhe. Ihnen bleibt nur noch bis November 2025, um ihre Systeme auf ISO 20022 umzustellen. In einer gemeinsamen Studie des renommierten internationalen Forschungs- und Beratungsunternehmens Celent und von Seeburger gaben weltweit 72 Prozent der Banken an, bis Erreichen der Frist im November 2025 vollständig auf ISO 20022 umgestellt zu haben.
Für Unternehmen große Vorteile
Im Anschluss an die Migration der Banken erwartet Swift automatisch, dass auch die Unternehmen nachziehen werden, und plant, voraussichtlich nach 2030 den alten MT-Standard ganz einzustellen. Umso erstaunlicher, dass in derselben Studie nur 15 Prozent der befragten Unternehmen mit Umsätzen von mehr als 15 Mrd. US-Dollar angaben, von ihrer Hauptgeschäftsbank noch nicht einmal über diese Migration informiert worden zu sein.
Die globale Standardisierung des Zahlungsverkehrs durch ISO 20022 bringt nicht nur für Banken, sondern auch für Unternehmen großen Nutzen. Dieser liegt im gesteigerten Innovationspotenzial, einer Kostenoptimierung durch Automatisierung, einem verbesserten Kundenerlebnis und der vereinfachten Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Konkret geht es jedoch um mehr. Hier eine Auswahl an Beispielen:
Finanztransaktionen können effizienter und transparenter abgewickelt werden; die Interoperabilität zwischen den am Zahlungsprozess beteiligten Parteien wird durch den einheitlichen Standard auch international deutlich erhöht; Unternehmen müssen nicht mehr Hunderte von verschiedenen Legacy-Formaten von MT-Nachrichten unterstützen; Anforderungen an ein präzises und harmonisiertes Cash Reporting können durch die einheitliche Definition der Datenelemente wesentlich einfacher und schneller erfüllt werden; sämtliche unternehmensinternen Cash-Management-Prozesse können durch die Umstellung auf ISO 20022 harmonisiert und optimiert werden. Entscheidungsprozesse, die von einer schnell verfügbaren und aussagekräftigen Sichtbarkeit der Finanzsituation abhängen, können deutlich beschleunigt werden. Die Nutzung des ISO-Standards ist aufgrund der Trennung von Syntax und Semantik zukunftssicher. Sollte sich die Syntax einmal ändern, kann diese leicht ausgetauscht werden, wobei die Semantik bestehen bleiben kann.
Mit ISO 20022 sind vom Originator bis zum Ultimate Beneficiary alle Parteien, über deren Konten eine Überweisung lief, durchgehend sichtbar. Egal ob dies zwei, zwanzig oder zweihundert Konten sind. Diese Transparenz bietet Behörden wie Unternehmen neue Möglichkeiten für die Erkennung und Prävention der Finanzierung von Terrorismus, Geldwäsche und Betrug. Durch den neuen Standard können komplexe Multi-Bank-Verbindungen z. B. über APIs oder Host-zu-Host-Verbindungen in ein einheitliches Ökosystem integriert werden, wodurch Treasuryabteilungen in Echtzeit maximalen Einblick in die Liquiditätssituation erhalten.
Eine Umstellung auf ISO 20022 hat erhebliche Auswirkungen darauf, wie Unternehmenssysteme Zahlungsinformationen von ihren Banken senden und empfangen. ERPs, TMS, Personal- und Lohnbuchhaltungssysteme, selbst entwickelte Lösungen und alle Systeme, die Zahlungsinformationen in diese Systeme einspeisen, sind davon betroffen. Laut Studie hat die Branche bereits die unvorstellbare Summe von über zwei Billionen US-Dollar in die Umstellung investiert. Diese Investition lohnt sich jedoch nur, wenn beide Seiten die Vorteile der Einführung von ISO 20022 aktiv suchen und vorantreiben.