Finanzbereich als Treiber
Mithilfe von cbs gelangen dem stark wachsenden Technologiekonzern ein strategisches Unternehmensprojekt und eine S/4-Pionierleistung, die in puncto Größe, Komplexität, Innovationsgrad, Geschwindigkeit und Wertschöpfung weltweit Maßstäbe setzen soll. Die Umstellung der 84 Company Codes, 6300 Tabellen und mehr als zwölf Milliarden Datensätze erfolgte minimalinvasiv ohne Ausfall der operativen Systeme. Durch dieses Vorzeigeprojekt implementiert Schott eine durchweg agile Unternehmenssteuerung und will damit zum Vorreiter in der internationalen Fertigungsindustrie werden.
S/4 und Hana liefern als integrierte End-to-End-Geschäftsprozesslösung den Bebauungsplan und die Leitplanken zur Gestaltung der digitalen Zukunft des Konzerns. Einheitliche Standards, Prozesse sowie Organisations- und Datenstrukturen ermöglichen es nun, das weltweite Geschäft granularer, prägnanter, flexibler und schneller zu gestalten und mit neuer Transparenz und Agilität deutlich besser auf Marktsituationen zu reagieren.
Schott hat funktional noch in der klassischen SAP-Hauptbuchhaltung gearbeitet, wenn auch an einigen Stellen schon harmonisiert. Das Ziel war es daher, eine global standardisierte Finanz- und Controlling-Plattform zu implementieren, mit harmonisierten und standardisierten Prozessen im Finanzbereich.
Es galt, einheitliche Strukturen zu schaffen, und zwar über alle Unternehmenseinheiten hinweg, natürlich weltweit. „Wir haben alles realisiert, was zu einem solchen Konzept gehört: Wir sind von der klassischen Hauptbuchhaltung ins New G/L gewechselt, haben in diesem Zuge die parallele Rechnungslegung abgebildet und unsere Geschäftsjahresvarianten im führenden Ledger vereinheitlicht. Zudem wurde unser Kontenplan mit allen Stammdaten harmonisiert, die Business Partner implementiert, die neue Anlagenbuchhaltung eingeführt und im Rahmen der Anlagenbuchhaltung alles harmonisiert, was Bewertungsbereiche angeht“, erläutert Thomas Schöning, Vice President Finance bei Schott.
Digital Backbone
Finance war also der Treiber, Motor und Vorreiter für die spätere S/4-Umstellung bei Schott. Doch welcher Transformationsansatz würde am besten passen? Neuimplementierung oder Conversion? Beides hat Nachteile: Ein Greenfield-Vorhaben ist zu aufwändig und läuft Gefahr, zu einem unüberschaubaren Projekt über fünf, sechs oder sieben Jahre zu werden. Eine reine Konvertierung bringt keine Wertschöpfungsvorteile.
Für Schott spielt die Geschwindigkeit, mit der Werte im Unternehmen erzeugt werden, eine wichtige Rolle. Also entschied man sich für den Selective-Transition-Ansatz und nutzte die Chance auf einen Technologiewechsel in kurzer Zeit, ohne auf Innovationen (komplett neues Finanzsystem, innovatives User Interface durch Fiori und neues Berechtigungskonzept) zu verzichten.
In anderen Bereichen wie Logistik, SCM, Produktion, Sales, HR und Reporting war man mit den bestehenden Prozessen zufrieden und fuhr hier ein reines System-Upgrade. Durch den selektiven Ansatz wurde zudem nicht die gesamte Historie, sondern nur Daten aus den vergangenen zweieinhalb Jahren übernommen. Auch dies beschleunigte das Vorhaben.
„Es gab sehr viele Pionierthemen, das Projekt hatte jederzeit eine sehr hohe Intensität, weil wir mit hohem Tempo vorgegangen sind. Dabei ist es immer wichtig, Ruhephasen und Zeitinseln ins Projekt einzubauen, um Dinge konzeptionell zu überdenken“, betont Sebastian Hellmann, Consulting Director bei cbs.
Bei der Migration war der Enterprise Transformer von cbs als umfassende Standardsoftware für die ganzheitliche SAP-Datentransformation der Motor, der sicherstellte, dass der selektive Transformationsansatz funktioniert. Dabei wurde ein kundenindividuelles Vorgehen mit maximaler Prozesskontinuität gewählt. Die Umstellung der 84 Company Codes, 6300 Tabellen und mehr als zwölf Milliarden Datensätze erfolgte innerhalb weniger Stunden minimalinvasiv ohne Ausfall der operativen Systeme.
Fast Value
Rainer Wittwen, CEO bei cbs: „Wir haben uns im Markt umgehört: 84 Buchungskreise in 34 Ländern mit drei verschiedenen Zeitzonen und insgesamt 5000 Usern auf einen Schlag auf ein neues Finanzkonzept mit diesem Scope auf S/4 umzustellen, das hat noch niemand geschafft. Das Motto: Business Transformation mit kurzer Projektlaufzeit und umfassendem Mehrwert – wir nennen das Fast Value. Schott hat hier einen Quantensprung zum intelligenten Unternehmen geschafft. Der Konzern hat ein Digital Backbone als Kern einer hybriden Architektur etabliert. Und dieser bildet nun die Basis für heutige und künftige Innovationen.“
Agile Konzernsteuerung
Im Finanzbereich ist Schott nun völlig neu aufgestellt. Durch dieses Digitalisierungsprojekt lässt sich eine durchweg agile Unternehmenssteuerung umsetzen, sodass der Technologiekonzern auch in Krisenzeiten den Fokus schnell verschieben kann, etwa von wachstumsorientierten Auswertungen hin zu striktem Cash- und Kostenmanagement. Aus Managementperspektive stellen sich immer logistische und finanzielle Fragen: An welchem Standort lässt sich ein Produkt am günstigsten produzieren? Wo habe ich die kürzesten Transportwege? Passt die initiale Kosten- und Preiskalkulation? Genau diese Fragen kann sich Schott nun jederzeit selbst beantworten.
Mit S/4 hat Schott nun die Grundlage für schnellere Abschlüsse, wie Monats- und Jahresabschlüsse, geschaffen. Hinzu ein optimiertes und individuelles Reporting-System. Ein weiteres Plus ist die Geschwindigkeit im operativen Bereich, wie etwa Prozesse in Echtzeit. „Das Realtime Data Processing erfüllt sicherlich den Traum jedes CFO, jederzeit auf Knopfdruck das komplette Konzernbild bis zur Bilanz zu erzeugen“, erklärt CFO Jens Schulte.
Im Vertrieb ermöglicht die Realtime Kreditlimit-Beurteilung ein schnelleres Eingehen auf Kundenwünsche, und die schnellere Angebotskalkulation bringt durch eine unmittelbare Reaktion des Vertriebs vor Ort einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Die Prozesse sind end-to-end durchdigitalisiert und systemgestützte Analysen werden zum Routinewerkzeug – weltweit in allen Ländern und Gesellschaften. Mithilfe neuer Analytictools kann Schott nun Forecasts zum voraussichtlichen Monatsumsatz pro Business Unit aus Tageshochläufen erstellen.
„Wir verfügen nun über einen echten Business-Mehrwert, vor allem durch die End-to-End-Margenanalyse. So können wir die jeweils profitabelsten Produktions- und Lieferstrategien pro Auftrag individuell berechnen – und das in wenigen Sekunden. Das bringt uns in der Kostenrechnung deutlich nach vorn“, erklärt CFO Schulte.
Strategischer Finanzbereich
„Ich bin stolz auf alle Beteiligten. In unschlagbar kurzer Zeit haben wir eine komplett neue, hochmoderne Zukunftsplattform aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Mit dem reibungslosen Umstieg auf S/4 Hana erreichen wir die nächste Stufe der digitalen Unternehmens- und Prozesssteuerung. Wir befinden uns damit in einer Vorreiterstellung im Markt, die wir zum Ausbau unserer glänzenden Marktposition nutzen wollen“, bilanziert Frank Heinricht, Vorstandsvorsitzender bei Schott.
Was war einer der wesentlichen Erfolgsschlüssel? cbs-Projektleiter Christian Brantl: „Ein frühes Einbinden aller Ebenen auf der Business Seite, vom Board bis zu den Mitarbeitern, die im Projekt mitwirken sollen, ist elementar.“ Die Managementebene erkannte früh, worum es beim S/4-Ready-Projekt geht. „Eine solche umfassende digitale Transformation ist kein reines IT-Vorhaben, sondern ein strategisches Unternehmensprojekt. Daher hat Schott die Business-Einheiten, die globalen Functions und Endanwender sofort mit ins Boot geholt“, so CIO Andreas Berres.
Ebenfalls sehr wichtig war der passende Test-Approach. Schott hatte ein eigenes, globales Test-Management-Team mit fünf Experten installiert. Hier mussten Unternehmensbereiche vernetzt, Kommunikation organisiert, Business Functions integriert und aussagekräftige Tests gemanagt werden. „Und es lohnt sich wirklich, sich hier gut aufzustellen und erfahrene Testverantwortliche vor Ort zu haben“, weiß Projektleiter Brantl. „Wir hatten insgesamt 10.000 Testfälle an 35 Standorten weltweit – das lässt sich aus einer Zentralorganisation im Headquarter nicht umsetzen.“ Natürlich benötigt man auch ein gutes Testtool.
„Das war ein strategisches Innovationsprojekt, das mit agiler Methodik in sehr kurzer Zeit echte Mehrwerte für den Kunden geschaffen hat – ein Paradebeispiel für unser Fast-Value-Paradigma. Es war eine S/4-Pionierleistung, die in puncto Größe, Komplexität, Innovationsgrad, Geschwindigkeit und Wertschöpfung Maßstäbe setzt. Es gibt aktuell nichts Vergleichbares – weltweit nicht. Das Vorhaben von Viessmann im Jahr 2019 war das bislang größte S/4-Projekt in der Fertigungsindustrie. Schott hat mit diesem Projekt nun den nächsten Leuchtturm im internationalen SAP-Markt gesetzt. Vielen Unternehmen, die Ähnliches planen, wird dieser Umstieg wertvolle Erkenntnisse liefern“, erklärt cbs-Geschäftsführer Holger Scheel.