Die Enterprise-Cloud
Die Coronapandemie nahm Fahrt auf. Videokonferenzen- und Audio-Chats legten geradezu exorbitant zu. Beim US-Unternehmen Zoom als einem der prominenten und beliebten Cloud-Meeting-Plattformanbieter schossen die Userzahlen durch die Decke. Was Zoom veranlasste, die genutzten Cloud-Infrastrukturdienste von AWS und Azure auszubauen.
Zoom nahm auch Gespräche mit Oracle auf, mit dem Ziel, in kurzer Zeit bedarfsgerechte Cloud-Infrastrukturdienste nutzen zu können, respektive sehr hohe Workloads samt Storage-Kapazitäten vom Cloud-Provider Oracle zu beziehen. Zoom und Oracle einigten sich in Sachen Cloud-Nutzung in kurzer Zeit, und das Miteinander erfuhr weltweit eine immens hohe mediale Aufmerksamkeit.
Auch im deutschsprachigen Raum berichteten TV, Wirtschaftsmedien und Fachzeitschriften – Print wie online. Aufgrund der Oracle Cloud konnte Zoom die weltweite Userzahl von 20 Millionen problemlos auf über 300 Millionen steigern, und die Oracle Cloud Gen2 zeigte über die reine Fachszene hinaus, was sie zu leisten vermag. Kurze Zeit später entschied sich die auch in den USA ansässige Video-Meeting-Plattform namens 8X8 ebenfalls für die Oracle Cloud Gen2.
Cloud Gen2
Wie die Bezeichnung „Cloud Gen2“ ausdrückt, stellt diese Oracle Cloud mit der Oracle Cloud Infrastructure (OCI) eine Weiterentwicklung dar. Ebenso wie bei AWS, Azure oder GCP hatte Oracle seine Cloud aus technisch grundsätzlicher konstruktiver Sicht alle Vorteile der Gen1 Cloud ebenfalls implementiert; da man aber wusste, dass man mit dem Markteintritt hinter den Wettbewerbern lag, bekamen die Entwickler folgenden Auftrag: Fehler, die bei Gen1-Cloud-Plattformen gemacht worden waren, zu eliminieren. Und: eine komplett neue Architektur aufzusetzen, die eben mit der Gen2 Cloud realisiert wurde.
Im Vordergrund einer Gen1-Cloud steht beispielsweise: eine fast ausschließliche gemeinsame Nutzung virtueller Maschinen, die mit elastischen Ressourcen und einer ausreichenden Skalierbarkeit ausgestattet, somit im Self Service verwendbar sind, sich also durch eine benutzerfreundliche Cloud-Services-Konsumierung auszeichnen. Dies hat aber Performance-Einbußen und auch sogenannte „Noisy Neighbors“ zur Folge, bis hin zu Problemen von Sicherheits- und Compliance-Aspekten.
Vorgestellt wurde die komplett neu aufgesetzte Oracle Gen2 erstmals auf der weltweiten Kundenveranstaltung Oracle Open World 2018 in San Francisco. Beibehalten wurde Gutes oder wenig Optimierbares der ersten Generation – mit einem konzeptionell grundsätzlichen Neuaufbau plus Hinzufügung von zahlreichen Optimierungen. Und zwar vorrangig hinsichtlich von Notwendigkeiten von Großunternehmen in puncto Sicherheit und Leistung.
Performance wie on-prem
Grob skizziert gibt es bei Clouds der ersten Generation keine Trennung von Benutzer-Computer und Cloud-Steuer-Computer. Das bedeutet, dass hier jeder, der Zugriff auf die Cloud-Steuerungs- oder Management-Mechanismen hat, auch in der einen oder anderen Art und Weise auf Kundendaten zugreifen kann.
Anders bei der Oracle Cloud Gen2. Hier stellen sich Benutzer-Computer und Cloud-Steuerungs-Computer als verbundene, aber dennoch getrennte Einheiten dar. Das bedeutet, dass es keinen direkten Zugriff von Cloud-Steuer-Computer auf Benutzer-Computer gibt und somit Kundendaten von Oracle faktisch nicht einsehbar sind. Hinzu kommt, dass die Steuer-Computer eine eigene CPU beinhalten (neben RAM- und Flash-Speicher).
Gen1 versus Gen2
In Sachen Leistung weist Oracle Cloud Gen2 gegenüber den Anbietern der ersten Generation ebenfalls Unterschiede auf. Und zwar insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Oracle hier ausschließlich (Intel-)Bare-Metal-Shapes oder -Server als Basis ihres Infrastructure as a Service bereitstellt. Hinzu kommt, dass Oracle schnellere Komponenten als andere Cloud-Plattformen verwendet. Jeder Cloud-Kunde nutzt damit sozusagen sein eigenes Bare-Metal-System. Gleichzeitig wird mehr verfügbare Netzwerkbandbreite zwischen den Komponenten zur Verfügung gestellt. Zum Einsatz kommt auch ein RDMA-Netzwerk, welches die Performance zusätzlich steigert.
Gegenüber Clouds der ersten Generation entsteht auch kein sogenanntes „VM-Noising“ mit teils erheblichen Latenzzeiten oder Performanceverlusten. On top lassen sich natürlich VMs verwenden (neben GPUs oder Containern). Zum Thema Performance lässt sich grundsätzlich festhalten, dass die Oracle Cloud Infrastructure das gleiche Niveau wie on-premises bietet – oder ein sogar noch besseres. Was auch in Tests oder in Vergleichen etwa mit AWS bestätigt wurde.
Gleichwohl stellt Performance zwar einen wichtigen, aber nicht den einzigen Aspekt beim Rückgriff auf eine Cloud oder bei der Nutzung von Cloud-IaaS-Services dar. In den Blick genommen werden sollte auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier kann die Oracle Cloud Gen2 mit der Oracle Cloud Infrastructure ebenfalls gegenüber beispielsweise AWS glänzen. Allgemein lässt sich sagen, dass Kunden für weniger Geld mehr Leistung erhalten. Sowohl beim Cloud-Bezug von Compute-, Storage- als auch Netzwerkleistungen.
In einem Vergleich kosten beispielsweise Standard-VM-Instanzen bei einer anderen Cloud (der ersten Generation) knapp 50 Prozent mehr als bei Oracle. Bei Bare-Metal-Standardsystemen sind es etwa 45 Prozent und bei GPU-Instanzen sind es circa 26 Prozent. Auch beim Blockspeicher ist eine andere Cloud teurer (plus 7900 Prozent), ebenso im Bereich Datenarchiv (plus 35 Prozent) oder beim ausgehenden Internet-Datenverkehr (plus 1300 Prozent).
Ganzheitliche Cloud-Services
Wie bereits ausgeführt, ist die Oracle Cloud gemacht für den Enterprise-Einsatz. In diesem Zusammenhang werden komplette und sehr umfassende Cloud-Services für Infrastructure as a Service (IaaS), Database as a Service (DaaS), Platform as a Service (PaaS) sowie Software as a Service (SaaS) offeriert. Alle Angebote aufzuführen, würde den Rahmen hier schlicht sprengen. Außerdem bietet Oracle End-to-End-Infrastruktur-SLAs an für Verfügbarkeit, Performance und Verwaltungsfreundlichkeit, was AWS, Azure und GCP in dieser Art und Weise nicht offerieren.
Wichtig zu wissen: Über den Oracle Cloud Marketplace sind auch zahlreiche Partnerlösungen aus einem breiten Ökosystem zu beziehen, auch jene beispielsweise von VMware oder Microsoft (SQL-Server oder Windows). Wobei VMware und Azure-direct-Link generell für OCI freigegeben sind. Allerdings besteht für SAP-NetWeaver-Applikationen, die in diesem Szenario einen Sonderfall darstellen, bislang keine Zertifizierung.
Aber grundsätzlich setzt Oracle bei der Gen2 Cloud auf Offenheit mit der Einbeziehung verschiedener Partner. Und: Ähnlich wie im Datenbank-Umfeld versteht sich Oracle als eine Art Premium-Anbieter mit einer Hochleistungs-Enterprise-Cloud, die allerdings unterm Strich kostengünstigere und bessere Services bietet als die Cloud der ersten Generation. Der Auf- und Ausbau der Oracle Cloud (Stand Juli 2020: 25 Regionen, weitere 13 geplant) schreitet weltweit zügig voran.
SAP in der Oracle Cloud
SAP-NetWeaver- oder SAP-Legacy-Kunden, die zum Beispiel viele Anpassungen (Customizing) ihrer SAP Systeme auf ihre jeweiligen Bedürfnisse implementiert haben, sind in der Lage, schon seit längerer Zeit auf IaaS-Services der Oracle Cloud Infrastructure (OCI) als Element der Oracle Gen2 zurückzugreifen. Grundlage hierfür ist eine SAP-Zertifizierung für OCI.
Etliche SAP-Kunden, die die marktführende Datenbank von Oracle seit Jahren oder Jahrzehnten im Einsatz haben, machen davon Gebrauch und haben teils ganze SAP-Rechenzentren in die Oracle Cloud verlagert, um beispielsweise den Rücken frei für Innovationen zu haben oder auch Oracle-Innovationen nutzen zu können.
Ein größeres Unternehmen aus dem technischen Handel etwa hat sein SAP-Rechenzentrum inklusive SAP-Anwendungen in nicht einmal acht Wochen in die Oracle-Cloud überführt (unter Verwendung spezieller Oracle-Cloud-Prozesse und zum Beispiel Terraform-Skripten) und berichtet von deutlichen Performancesteigerungen sowie Kosteneinsparungen gegenüber dem On-prem-Betrieb.
Durch die SAP-Ankündigung der Verlängerung der SAP-Klassik-Unterstützung (2027/2030) geht Oracle davon aus, dass SAP-Oracle-NetWeaver-Kunden verstärkt auf die Oracle Cloud zurückgreifen. Auch jene, die beispielsweise auf die Oracle Exadata Database Machine für die SAP-Infrastruktur vertrauen. Oder jene, die angehalten sind, einen turnusmäßigen Hardware Refresh für ihre noch länger anvisierte SAP-Klassik-Nutzung durchzuführen.
Ebenso möglich in Verbindung mit der Oracle Cloud: der Betrieb von sogenannten Hybrid-Ansätzen. Dadurch, dass Oracle der führende Datenbank-Anbieter bei SAP-Bestandskunden war und ist, lassen sich damit einige SAP-Instanzen oder -Module, oder Test/Dev versus Produktion, sowohl weiter im eigenen Rechenzentrum (on-prem) als auch in der Oracle Cloud Infrastructure betreiben.
Cloud harmoniert mit on-prem
Wichtig für SAP-Kunden ist die Tatsache, dass faktisch kein Unterschied zwischen Cloud und on-prem existiert. Vorteil dadurch: Applikation, Datenbank, Betrieb, Fachwissen oder bisherige Erfahrungen – alles kann weiter genutzt werden wie bisher. Außerdem können Oracle Engineered Systems, wie auch zum Beispiel Exadata – und damit die bekannten und oft genutzten Oracle-Features RAC (Real Application Clusters) und ASM (Automatic Storage Management) –, hochverfügbar und sicher sowohl on-prem als auch in der Cloud verwendet werden. Außerdem sind Anbindungen an andere Cloud-Plattformen möglich und somit die Realisierung einer Multi-Cloud-Strategie.