Souveränität mit Preisaufschlag


Unternehmen stehen vor einem fundamentalen Dilemma. Einerseits müssen sie sich neuen digitalen Technologien öffnen – insbesondere der rasant fortschreitenden künstlichen Intelligenz mit generativen KI-Modellen und Large Language Models. Andererseits erfordert die Nutzung dieser Innovationen häufig die Speicherung und Verarbeitung von Daten auf Public-Cloud-Infrastrukturen – meist bei US-amerikanischen Anbietern wie AWS, Microsoft Azure oder Google. Die Hyperscaler haben diesen Bedarf früh erkannt und bieten die Möglichkeit, die Datenspeicherung und -verarbeitung in ihren Infrastrukturen auf physisch und logisch getrennte Cloud-Regionen zu begrenzen, die vollständig innerhalb der EU betrieben werden. Doch wie reagieren die Anbieter von Business-Applikationen?
SAP investiert bis 2025 rund 20 Milliarden Euro in souveräne Cloud-Lösungen – primär für europäische Kunden. Das Unternehmen bietet drei Varianten: die SAP Cloud Infrastructure als IaaS-Plattform auf Open-Source-Basis in eigenen Rechenzentren, SAP Sovereign Cloud On-Site für den SAP-Stack im eigenen oder gehosteten Rechenzentrum sowie die Delos Cloud speziell für den öffentlichen Sektor. Letztere basiert auf MS Azure Stack und wird vollständig in Deutschland mit deutschen Partnern wie Arvato Systems betrieben.
Der Start der Delos Cloud hat sich immer wieder verzögert; aktuell wurden erste Pilotprojekte mit der Bundesagentur für Arbeit gestartet. Für Salesforce gelten als reiner SaaS-Anbieter andere Voraussetzungen. Das Unternehmen nutzt seit einigen Jahren neben den eigenen Datacentern auch die Dienste der Hyperscaler für den Betrieb seiner Applikationen und hat im Zuge dessen die Hyperforce-Plattform eingeführt, die Applikations- und Infrastrukturebene voneinander trennt – Voraussetzung für einen Softwarebetrieb, der unabhängig von der darunterliegenden Infrastruktur funktioniert.
Damit kann Salesforce für besonders sensitive Anforderungen hybride Architekturen bereitstellen. Zusätzlich bietet Salesforce Government-Cloud-Optionen für die USA, Deutschland und die EU sowie Salesforce Shield für Audit-Logs, Verschlüsselung und Sicherheitsrichtlinien. Schaut man auf Microsoft und Oracle zeigt sich in beiden Fällen ein vergleichbares Muster. Beide Konzerne treiben den Umbau ihres Geschäftsmodells in Richtung Cloud-Hyperscaler voran. Oracle investiert zum Beispiel mehr als 20 Milliarden Dollar pro Jahr allein in den Ausbau der Cloud-Infrastruktur, die vor allem Kapazitäten für das Training von KI-Modellen bereitstellen soll.
Die ERP-, CRM-, Analytics- und HCM-Lösungen von Oracle und Microsoft spielen in der langfristigen Ausrichtung der Konzernstrategie eine untergeordnete Rolle, bleiben aber wichtige Komponenten im Lösungsportfolio – etwa um Zugang auf Entscheider-Ebene in der B2B-Welt zu wahren. Souveränität haben beide Konzerne daher ebenfalls im Angebot, und in beiden Fällen wird das Thema – vereinfacht gesagt – über die Möglichkeit gelöst, Cloud-Regionen für das Hosting von Unternehmensdaten zu definieren.
Fazit: Souveränität hat ihren Preis
Die wenigen Beispiele zeigen, dass die Anbieter von SaaS-Lösungen mit vergleichbaren Ansätzen auf die steigenden Souveränitätsanforderungen reagieren – nämlich auf Infrastrukturebene unter Nutzung der Mechanismen, die die Hyperscaler bereithalten. Damit wäre der Teil der Souveränitätsanforderungen erfüllt, der die technische Seite der Datenverarbeitung betrifft. Vollständige Souveränität hat jedoch sehr viel mehr Facetten. So ist beispielsweise fraglich, ob sich echte Souveränität mit Closed Source überhaupt erreichen lässt – oder ob dafür nicht quelloffene Software eine Grundvoraussetzung wäre. In jedem Fall haben sämtliche Souveränitätslösungen ihren Preis. Im Falle der oben genannten Delos Cloud sind das etwa 15 Prozent Aufschlag gegenüber einer Microsoft-Azure-Cloud-Umgebung. Es darf bezweifelt werden, dass viele Unternehmen bereit sind, diesen oder einen ähnlich hohen Aufschlag zu zahlen – insbesondere dann, wenn sich die geopolitische Lage irgendwann wieder entspannen sollte.
Weiter zum Partnereintrag:





