Duale SAP-Rise-Lizenz
Die Illustration von Robert Platzgummer mit Ex-SAP-Chef Léo Apotheker an der Supermarktkasse ist weit über zehn Jahre alt – und noch immer oder schon wieder aktuell. Es ist erschreckend, wie wenig SAP aus der eigenen Geschichte lernt und wie die SAP-Bestandskunden noch immer ausgenommen werden.
Neben vielen anderen Stolpersteinen und Untiefen besteht ein sogenannter Rise-Vertrag aus mindestens zwei Teilen: dem Conversion-Teil, also dem Umzug in die Cloud, und der Cloud-Subskription, also dem Mietvertrag für die Cloud. Diese Erkenntnis ist nicht unbedeutend, denn dadurch muss der SAP-Bestandskunde mindestens zwei SAP-Rechnungen begleichen, siehe Illustration auf dieser Seite.
Der DSAG-Jahreskongress 2024 hat gezeigt, dass sich einige SAP-Bestandskunden für Rise entscheiden werden, und dieser Schritt muss nicht falsch sein: Das Rise-Change-Management ist jedoch nicht trivial und auch von der bereitgestellten SAP-Mannschaft abhängig. Der Ausbildungsgrad und der S/4-Wissensstand sind nicht bei allen SAP-Mitarbeitern gleich. Wer als SAP-Bestandskunde Pech hat, bekommt ein wenig erfahrenes Rise-Team von SAP zugeordnet. Mit einem unerfahrenen SAP-Team kann dann der Rise-Weg auch in einer Sackgasse enden. Laut Rise-Vertrag ist aber der Anwender dennoch zur Zahlung der Cloud-Subskription verpflichtet – auch bei einem Projektstopp.
An der SAP-Kasse muss der Anwender zweimal zahlen: Conversion und Subskription. Der Umstand ist mit einer Urlaubsreise vergleichbar, für die Flug- und Hotelkosten zu zahlen sind. Fällt der Flug aus, bekommen die Urlauber eine Entschädigung. Das gebuchte Hotel muss dennoch voll gezahlt werden, auch wenn die Zimmer leer bleiben.
Bei SAP ist es ähnlich: Kommt es zu einem Abbruch des Rise-Projekts, so verzichtet möglicherweise SAP auf Teile der Conversion-Kosten – aber niemals auf die Cloud-Subskription! Der SAP-Bestandskunde steht dann mit den Trümmern seines ERPs zwischen Erde und Himmel: Zurück ins On-prem-Land geht nicht mehr, weil mit dem Rise-Vertrag auch die Lizenz gewandelt und abgegeben wurde. Nach vorne in die Cloud geht auch nicht, weil die Rise-Conversion keinen erfolgreichen Abschluss fand.
Warum SAP mit Rise zweimal kassieren muss und es nicht einen All-inclusive-Rise-Vertrag gibt, bleibt ein Geheimnis von SAP. Das Risiko, nie in der Cloud anzukommen, vorweg an der SAP-Supermarktkasse jedoch schon zweimal bezahlt zu haben, bleibt vorerst bestehen. Das Modell der dualen SAP-Rise-Lizenz ist damit zum Nachteil der cloudaffinen Bestandskunden und ein Beibehalten eines schon sehr alten Geschäftsgebarens.
Ex-SAP-Chef Léo Apotheker hat sich schon 2009 von der doppelten Buchhaltung inspirieren lassen und daraus abgeleitet die doppelte Lizenzgebühr für NetWeaver-Funktionen und andere SAP-Angebote. Christian Klein hat als SAP-CEO diese Tradition mit Rise wieder aufgenommen – was für den SAP-Aktienkurs nicht die schlechteste Entscheidung war.