Träumen Quantencomputer von elektronischen Schafen?
Bevor sich das E-3 Magazin in die kurze, aber verdiente Sommerpause verabschiedet, ein Blick nach vorn und zurück zugleich. Mark Twain wird das Zitat „Prognosen sind äußerst schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ zugeschrieben.
Das sollten wir berücksichtigen, wenn wir uns zunächst einige Zitate anschauen, die – nicht immer zu Recht – einigen Vordenkern der IT zugeschrieben werden. Sie kennen sie von Vorträgen, Zitate wie: „Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt“ von Thomas Watson, ehemaliger CEO von IBM, 1943. Oder: „640 kB sollten genug für jedermann sein“ von Bill Gates 1981.
Beiden Aussagen gemein ist, dass sie nur die jeweils aktuelle Situation betrachtet haben und nicht die Disruption, die aus der neuen Technologie entstehen kann. Mit dem Quantencomputer befinden wir uns vielleicht wieder am Anfang einer solchen Disruption. Vor Jahrzehnten lernten die staunenden Schüler Bytes und Bits kennen und binär zu rechnen.
Zukünftige Generationen werden verstehen, was Quantenbits (Qubits) sind und wie sie eingesetzt werden. Kurz: Bits können mit „0“ und „1“ genau einen dieser beiden Zustände einnehmen – nicht zur gleichen Zeit. Qubits dagegen – Sie ahnen es schon – können unendlich viele Zustände annehmen. Diese können durch Messung nicht immer sicher bestimmt werden, sodass heute oft die Anzahl der Ergebnisse bei beliebig vielen Messungen das häufigste Ergebnis als Lösung ermittelt.
Um ein Ergebnis zu stabilisieren, sind darüber hinaus heute noch konstante Umweltvariablen wie niedrigste Temperaturen und das Vermeiden jeglicher Schwingung nötig. Ein bisschen näher kommen Sie Quantencomputing auch, wenn Sie sich auf das Gedankenexperiment von Schrödingers Katze einlassen.
Doch zurück zu den Einsatzmöglichkeiten. Ich erinnere mich an die Zeit, als die SAP-Gründer noch im Vorstand waren und Hasso Plattner dem staunenden Publikum gerne erklärte, dass SAP oft Lösungen entwickelte, die zu dem Zeitpunkt aufgrund fehlender leistungsfähiger Hardware noch nicht einsetzbar waren.
Es fügte sich dann immer, dass die HW-Hersteller pünktlich zum Releasestart mit passender Hardware aufwarten konnten. Mich faszinierten vor allem seine Ausführungen gegenüber uns Hardware-Herstellern zum Grid-Computing. Das existierte zu der Zeit noch nicht, kam zeitnah mit Rack-basierten Systemen auf den Markt, zusammen mit Betriebssystemen, die Multiprozessoren unterstützten, wie Wolfpack für Windows-NT–basierte Systeme.
Und nun Quantencomputer. Die klassischen heutigen Einsatzzwecke von reinen ERP-Lösungen sind gut abgedeckt. Wo sich Unternehmen heute aber noch schwertun, sind Aufgaben mit hoher Komplexität.
Dazu zählen Optimierungsaufgaben in der Logistik und der gesamten Supply Chain, um die optimale Lagerhaltung, Lagerpositionierung, Risikominimierung, optimale Strecke unter Berücksichtigung vieler Variablen und vieles mehr zu berechnen. Energetische Optimierungen in Büros und Fabriken oder komplexe Simulationen jeglicher Art, auch in Bereichen wie Marketing, sind ebenfalls noch nicht greifbar.
Auch IT-nähere Themen wie Kryptografie als verschlüsselte Kommunikation oder Datenhaltung sind zu betrachten. Und so können wir Herrn C. Duell, Chef des amerikanischen Patentamts, nicht zustimmen, der 1899 prognostizierte: „Todo lo que se puede inventar ya se ha inventado.“
Ich halte es für wichtig, dass wir uns alle mit den kommenden Möglichkeiten der Quantencomputer beschäftigen, denn neben den behebbaren technischen Herausforderungen würden wir sonst an der eigenen Ignoranz, nämlich fehlendem Wissen, fehlenden Visionen und nicht vorhandenen Fachleuten, scheitern.
Dann hätte er 120 Jahre später noch recht behalten, als 1901 der große Autopionier Gottlieb Daimler meinte: „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“